Augsburger Allgemeine (Land West)
Hitlerbilder & Co.: Augsburger wird verurteilt
Justiz Ein 40-Jähriger verschickt in Whatsapp-Chats Nachrichten mit volksverhetzendem Inhalt. Nun wird er dafür bestraft
Ob man auf das Wort „Zigeunersauce“künftig verzichten soll, das war das Thema kürzlich in der WDRTalkshow „Die letzte Instanz“. Entertainer Thomas Gottschalk war dabei der Ansicht – wie die anderen Promis auch -, dass das nicht unbedingt nötig sei. In den sozialen Medien erhob sich daraufhin ein Shitstorm mit Rassismus-Vorwürfen gegen den Ex-Showmaster. Inzwischen hat sich Gottschalk vom Gesagten distanziert und versprochen, gewisse Worte nicht mehr zu verwenden. Vom teils unüberlegten Alltagsrassismus bis zur strafrechtlich relevanten Volksverhetzung ist der Schritt nicht allzu groß, wenn eine gewisse Hemmschwelle überwunden ist. Ein Prozess vor dem Augsburger Amtsgericht, bei dem auch der viel diskutierte Begriff „Zigeunerschnitzel“eine Rolle spielte, offenbarte, dass rassistisches Gedankengut immer noch verbreitet ist.
Vor Richterin Teresa Freutsmiedl saß ein 40-Jähriger auf der Anklagebank, dem Staatsanwalt Benjamin Rüdiger Volksverhetzung und „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“zur Last legte. Der Mann hatte diverse Bilder in geschlossenen WhatsappGruppen mit bis zu 38 Teilnehmern verschickt – vermeintlich humorvolle Darstellungen, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft tatsächlich aber die Verbrechen der Nazis, den Mord an Juden sowie Sinti und Roma, verharmlosen. So ist auf einer Fotomontage beispielsweise Adolf Hitler als Koch zu sehen, wie er am Herd steht. Unterzeile: „Kochen mit Adolf. Gas aufdrehen. Heute: Schnitzel vom Zigeuner (Wiener Art)“. Auch andere versandte Darstellungen ordnet die Staatsanwaltschaft als judenfeindlich und volksverhetzend ein.
Verteidiger Günter Gollmann ergriff für seinen Mandanten das Wort. Dieser habe sich beim Versenden
der Bilder „nichts dabei gedacht“. Und: „Er bedauert es“. Allerdings meinte der Anwalt, dass die Bilder in geschlossenen Chat-Gruppen
verschickt wurden und deshalb der Tatbestand der Weiterverbreitung nicht erfüllt sei. „Teils muss man lange hinschauen, um den Sinn zu begreifen“, meinte der Anwalt im Übrigen. Der Angeklagte selbst sagte später, bei den Teilnehmern der Chat-Gruppen handle es sich um ehemalige Arbeitskollegen und „alte Freunde“. „Im Nachhinein fand ich die Bilder nicht mehr lustig“, bekannte er dann. Auch wenn man sich nichts dabei denkt, so befand Staatsanwalt Benjamin Rüdiger, nehme man in Kauf, dass solche Bilder weiter verbreitet werden. „Das bewusste Augenverschließen ist ja das Problem.“
Die Polizei war durch Zufall auf die Bilder auf dem Handy des Angeklagten gestoßen. Das Mobiltelefon war sichergestellt worden, weil der 40-Jährige angeblich ein vertrauliches Gespräch aufgezeichnet hatte. Eine Frau hatte ihn wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“angezeigt. Nach einer Verfahrensabsprache
verurteilte Richterin Teresa Freutsmiedl den Angeklagten zu einer Geldstrafe in Höhe von 2100 Euro (70 Tagessätze zu je 30 Euro). Der lange Zeitraum, in dem der Angeklagte die Bilder verschickt habe, zeige, dass er zwischendurch „nichts gelernt“habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Den Vorwurf, sie sei auf dem rechten Auge blind, kann man der Justiz nicht machen. Die Staatsanwaltschaft verfolgt politische Straftaten, ob aus dem linken oder rechten Spektrum, durchaus rigoros. Meist sind es sogenannte Propagandadelikte wie das Zeigen des Hitlergrußes oder das Verwenden eines Hakenkreuzes. Häufig werden auch Fälle gemeldet, die in den sozialen Medien entdeckt werden. Nach Angaben von Matthias Nickolai, Pressesprecher der Augsburger Anklagebehörde, sind im Jahr 2020 von der Staatsanwaltschaft insgesamt 158 Straftaten aus dem rechten Spektrum verfolgt worden.