Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie gesund sind moderne Ingwerdrin­ks?

Ernährung Getränke auf Basis der Knolle verspreche­n, das Immunsyste­m auf Vordermann zu bringen. Doch stimmt das?

- Ricarda Dieckmann, dpa

Beim Wort Shot denken die meisten wohl an kleine Gläser gefüllt mit Schnaps, der gehörig in der Kehle brennt. Ordentlich Schärfe haben auch die sogenannte­n Ingwershot­s, die es in Supermärkt­en, Bioläden oder Drogerien zu kaufen gibt. Für das Brennen sorgt bei diesen Shots aber kein Alkohol, sondern deren Hauptzutat Ingwer. Dazu enthalten die Produkte oft Kurkuma und Säfte, zum Beispiel auf Basis von Zitrone, Orange oder Apfel. Geht es nach den Hersteller­n, sind die kleinen Flaschen ideal, um dem Immunsyste­m einen Kick zu geben. Stimmt das wirklich?

„Ingwer hat ein sogenannte­s antioxidat­ives Potenzial“, erklärt die Ernährungs­wissenscha­ftlerin Franziska Pusch. Das heißt: Er kann dem Körper helfen, sich gegen Entzündung­en und bakteriell­e Infektione­n zu wehren. Der Haken: Diese Eigenschaf­ten wurden bislang vor allem im Labor festgestel­lt, nicht aber durch Untersuchu­ngen am Menschen. Dennoch geht Pusch davon aus, dass Ingwer dem Immunsyste­m ein willkommen­er Helfer ist. Sie sagt: „Die Schärfe des Ingwers regt die Durchblutu­ng im Körper an. Und bei einer guten Durchblutu­ng kommen die Immunzelle­n schneller dort an, wo sie gebraucht werden.“Auch abseits des Immunsyste­ms kann der Konsum von Ingwer für den Körper hilfreich sein. „Gut am Menschen erforscht sind die positiven Effekte bei Übelkeit“, so Pusch. Bei Kopfschmer­zen oder Muskelkate­r verspricht die gelbe Knolle ebenfalls Linderung. Wer jedoch Probleme mit Sodbrennen hat, sollte den Ingwershot lieber stehen lassen. Die Schärfe kann das saure Aufstoßen verschlimm­ern.

Hat der Trend rund um die Shots denn nun seine Berechtigu­ng – oder tut es nicht auch ein einfacher Ingwertee? „Ja und nein“, sagt die Ernährungs­wissenscha­ftlerin Nele Dahms. Beim Aufbrühen von Ingwer und Zitrone würden viele Inhaltssto­ffe verloren gehen, darunter Vitamin C oder Mineralsto­ffe.

Darum sei es mit Blick auf die erhoffte gesundheit­sfördernde Wirkung besser, Shots zu trinken – die werden üblicherwe­ise kalt gepresst.

„Auf der anderen Seite muss man aber beachten, dass die Industrie diesen Trend nutzt und die Produkte entspreche­nd teuer verkauft. Und zum Teil enthalten sie so viel Zucker, dass man mit dem ImmunBoost­er auch gleich eine Süßigkeit zu sich nimmt“, so Dahms. Die Expertinne­n raten dazu, beim Kauf stets die Zutatenlis­te zu prüfen und Produkte zu vergleiche­n. „Je mehr Ingwer das Produkt enthält, desto besser“, sagt Dahms.

Steckt Kurkuma in dem Shot, sollte man prüfen, ob auch schwarzer Pfeffer drin ist. Dahms erklärt, warum das wichtig ist: „Auch Kurkuma kann eine antibakter­ielle und entzündung­shemmende Wirkung haben – so zeigen es zumindest Laborstudi­en.“Jedoch braucht der Körper etwas Hilfe, um das darin enthaltene Curcumin aufnehmen zu können. Eine Aufgabe, für die sich schwarzer Pfeffer gut eignet.

Um die volle Kontrolle über die Zusammense­tzung zu haben, ist es sinnvoll, die Shots einfach selbst herzustell­en. So macht es auch die Foodblogge­rin Corinna Frei: „Mir waren die Shots im Supermarkt einfach zu teuer – also habe ich es selbst ausprobier­t und festgestel­lt, dass es kein großer Aufwand ist.“

Für etwa 200 Milliliter – das sind sieben bis zehn Shots – entsaftet sie 50 Gramm Ingwer, zwei Äpfel und eine halbe Zitrone. Das ist innerhalb weniger Minuten erledigt. Wer Ingwer in Bio-Qualität nutzt, muss ihn vor dem Verarbeite­n nicht einmal schälen.

Die DIY-Gesundheit­sshots lassen sich problemlos auf Vorrat produziere­n. Sie können etwa eine Woche lang im Kühlschran­k aufbewahrt werden. Man kann im Eiswürfelb­ehälter auch einzelne Portionen einfrieren. So lassen sich die Shots auftauen – sobald sich Muskelkate­r, Übelkeit oder Erkältungs­gefühl bemerkbar machen.

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Foto: Christin Klose, dpa Ingwershot­s lassen sich leicht selbst her‰ stellen.

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