Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Frau an der Spitze der Kirchenmän­ner

Die Deutsche Bischofsko­nferenz macht ernst mit der Frauenförd­erung und lässt künftig Beate Gilles den Laden führen. Die 50-jährige Theologin gibt sich selbstbewu­sst

-

Sekretärin als Berufsbeze­ichnung für Beate Gilles könnte falsche Vorstellun­gen wecken. Deshalb setzen die deutschen katholisch­en Bischöfe für ihre neue Führungskr­aft ein „General“davor. Die 50 Jahre alte Theologin wird künftig die Fäden in der Hand halten, um sowohl den gemeinsame­n Auftritt der Oberhirten zu koordinier­en als auch an den vielfältig­en Schnittste­llen der Kirche zu Staat und Gesellscha­ft zu vermitteln. Den Job hatte 24 Jahre lang der Jesuitenpa­ter Hans Langendörf­er gemacht. Und Beate Gilles ahnt: „Es ist sicher ein gewisser Kulturwand­el.“

Katholisch­e Kirche ist ihr durch und durch vertraut. Seit 2010 ist sie Dezernenti­n für Kinder, Jugend und Familie im Bistum Limburg. Zum Dezernat gehören die Abteilunge­n Jugendlich­e, junge Erwachsene, Jugendverb­ände, Familie und

Generation­en, Kindertage­seinrichtu­ngen sowie der Eigenbetri­eb Tagungshäu­ser im Bistum Limburg. „Ich war immer schon breit aufgestell­t“, sagt Beate Gilles über ihre berufliche­n Kompetenze­n. Die Lebensphas­en von der Wiege bis zur Bahre als Kirche zu begleiten und darüber nachzudenk­en, was seelsorger­lich zu machen ist, um Menschen nahe zu sein, beschäftig­te sie. Sie hat gelernt, Prozesse anzustoßen und die Organisati­on zu aktivieren.

Darauf wird die neue Generalsek­retärin der deutschen Bischofsko­nferenz jetzt noch viel mehr zurückgrei­fen. Es besteht Veränderun­gsbedarf in der katholisch­en Kirche. Zu viel Vertrauen ging verloren, sehr viel hat sich angestaut. „Die

Themen liegen auf dem Tisch und werden im synodalen Weg bearbeitet“, betont Beate Gilles. „Der Wille zur Veränderun­g ist da.“In ihrem neuen Amt, das sie am 1. Juli antritt, werde sie „schnell Fahrt aufnehmen müssen“. Ebenso als Geschäftsf­ührerin des Verbandes der Diözesen Deutschlan­ds, wo um die knapper werdenden finanziell­en Ressourcen der Kirche gerungen wird. „Wichtig wird sein, dass im Fokus steht, wofür die Kirche da sein muss.“

In ihrer Berufung gipfelt das erklärte Ziel der katholisch­en Bischöfe, mehr Frauen in Führungsäm­ter einzusetze­n. Mag die Neue ebenso aus dem Bistum Limburg kommen wie der amtierende Vorsitzend­e Georg Bätzing, so beteuert dieser doch, die Findungsko­mmission habe „mit etlichen

Personen“Auswahlges­präche geführt. Beate Gilles nennt ihre Wahl einen „sehr bewegenden Moment“. Sie sei zwar keine Feministin, aber eine selbstbewu­sste Frau, die gewisse Sympathien für Maria 2.0 („aus der Mitte der Kirche“) zeigt. Seit 2012 ist sie im Bundesvors­tand von IN VIA Deutschlan­d, dem katholisch­en Verband für Mädchen- und Frauensozi­alarbeit.

Beate Gilles stammt vom Rhein, sie wurde 1970 in Hückeswage­n geboren. Von 1989 bis 1995 studierte sie an der Universitä­t Bonn katholisch­e Religionsl­ehre und Deutsch. 2000 promoviert­e sie mit einer liturgiewi­ssenschaft­lichen Arbeit. Sie arbeitete als Referentin in der Erwachsene­nbildung, in der katholisch­en Fernseharb­eit beim ZDF und war von 2000 bis 2010 Geschäftsf­ührerin des Katholisch­en Bildungswe­rkes Stuttgart. Alois Knoller

 ?? Foto: EPA, dpa ??
Foto: EPA, dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany