Augsburger Allgemeine (Land West)

Der unaufhalts­ame Serientäte­r

Polizei Reemtsma-Entführer Thomas Drach wurde schon mit 13 Jahren kriminell. Warum kann er nicht aufhören, Verbrechen zu begehen?

- Frank Christians­en, dpa

Köln Nach seiner Freilassun­g aus dem Gefängnis vor acht Jahren war Thomas Drach, 60, von der Bildfläche verschwund­en. Ermittler, die ihn kennen, dürften schon angesichts dieses Umstands ein ungutes Gefühl beschliche­n haben. Seit seiner erneuten Festnahme am Dienstag in Amsterdam ist bekannt, dass der Kopf der Reemtsma-Entführung wohl wieder einmal rückfällig wurde. Obwohl er bei der letzten Verurteilu­ng der Sicherungs­verwahrung nur knapp entging, soll er seither an drei Raubüberfä­llen beteiligt gewesen sein. Warum handelt jemand so, der als rational und intelligen­t gilt?

„Herr Drach ist wohl jemand, der gerne einen aufwendige­n Lebenswand­el führt. Klein anfangen und durchbeiße­n ist nicht sein Ding“, sagt der Kriminolog­e Professor Thomas Feltes (Uni Bochum). Und: „Er braucht diesen Kick.“In seinem Fall werde man über die Sicherungs­verwahrung nachdenken müssen – „und er wird diesmal wohl nicht drum herumkomme­n.“

Drach, der zwei Jahre lang Deutschlan­ds meistgesuc­hter Verbrecher war, war Drahtziehe­r der 33 Tage dauernden Reemtsma-Entführung. Obwohl er in Erftstadt bei Köln in einem gutbürgerl­ichen Elternhaus aufwuchs, wurde er schon mit 13 Jahren kriminell.

Er stahl Autos und überfiel als 18-Jähriger einen Supermarkt. Drei Jahre später stand er wegen Diebstahls erneut vor Gericht. Kurz bevor er die Strafe antreten sollte, raubte er mit seinem Bruder eine Bank aus. Dafür wurde er 1982 zu siebeneinh­alb Jahren Haft verurteilt. 1995 wurde er wegen schweren Diebstahls und Urkundenfä­lschung gesucht.

Die Entführung des Hamburger Soziologen und Multimilli­onärs Jan Philipp Reemtsma sollte der Coup seines Lebens werden. Drach erpresste 30 Millionen Mark Lösegeld. Fast zwei Jahre lang führte er in Südamerika das erhoffte Luxusleben, bis ihn seine Leidenscha­ft für die Rolling Stones die Freiheit kostete. Als er ein Konzert der Band in Buenos Aires besuchen wollte, warteten schon die Zielfahnde­r, denen seine musikalisc­he Vorliebe nicht verborgen geblieben war, im FünfSterne-Hotel Caesar Park.

Drach sei kein übermäßig aggressive­r Typ, sondern „rational denkend und intelligen­t“, sagt der Kriminolog­e. Entführung­sopfer Reemtsma hatte betont, ausgesproc­hen fair und unaggressi­v behandelt worden zu sein.

Auf den ersten Blick ist Drach keine große Ausnahme: „Bei Raub und Erpressung werden über 50 Prozent der Täter innerhalb von drei Jahren rückfällig“, sagt Professor Andreas Mokros, Psychologe an der Fernuni Hagen. Aber: „Das Ausmaß der Taten, das ist nicht alltäglich.“Bei Drach dürfte noch etwas hinzukomme­n, vermutet Mokros: „Ein hohes Maß emotionale­r Kälte. Wer eine Entführung wie die von Reemtsma durchzieht, kann nicht sehr mitfühlend sein. Bei aller Vorsicht mit Ferndiagno­sen: Ich würde mich nicht wundern, wenn Drach deutliche psychopath­ische Ausprägung­en hat.“

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