Augsburger Allgemeine (Land West)

So lebt es sich mit Hühnern als Haustieren

Hobby Familie Fischer hält das Geflügel im Garten. Ihr junger Jagdhund musste erst lernen, die Mitbewohne­rinnen zu akzeptiere­n. Im Stadtgebie­t gibt es mehr als 200 Hühnerhalt­er. Was die Menschen daran schätzen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Haustiere sind in Familien ein beliebtes Thema. Als bei den Fischers in Göggingen Tochter Franziska mit vier Jahren ihr erstes Tier haben wollte, schlug Papa Stefan Fischer eine auf den ersten Blick ungewöhnli­che Lösung vor: einen Stall voller Hühner. Zehn Jahre später haben die Fischers immer noch Hühner in ihrem Garten, zu denen sich mittlerwei­le Bienen und ein Jagdhund gesellt haben. Mit ihren gefiederte­n Gartengeno­ssen ist die Familie aus Göggingen in Augsburg längst nicht alleine.

Im Stadtgebie­t besitzen derzeit etwa mehr als 200 Tierhalter rund 1000 Geflügelti­ere, heißt es aus dem Umweltrefe­rat. Neben Hühnern sind das auch Truthühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse. Hobbyhaltu­ngen mit bis zu zehn Hühnern sind beim Veterinära­mt 128 gemeldet, dazu kommen 43 Betriebe mit bis zu 50 Hühnern sowie zwei Betriebe mit rund 100 Hühnern, sagt Referent Reiner Erben. Derzeit hat das Veterinära­mt ein besonderes Auge gerade auf die Hobbyhaltu­ngen, weil die Geflügelpe­st auf dem Vormarsch ist, vor der auch kleine Haltungen nicht sicher sind.

Die fünf Weimaraner Zwerghühne­r der Fischers müssen deshalb gerade Tag und Nacht im Stall verbringen, um die ansteckend­e Krankheit nicht einzuschle­ppen. „Denen geht es nicht anders als uns“, sagt Hebamme Martina Fischer mit Blick auf die Corona-Beschränku­ngen. Auch den Hühnern scheint der Hausarrest nicht so gut zu bekommen – sie haben angefangen, sich gegenseiti­g die Federn auszurupfe­n.

Doch normalerwe­ise scheint es den Haustieren im großen Garten der Fischers prächtig zu gehen. „Die Hühner kriegen nur bestes Biofutter und Reste wie Salatblätt­er“, erklärt Martina Fischer. Dafür revanchier­en sie sich mit leckeren Eiern – jeden Tag legen sie drei Stück, womit der Eierbedarf der Familie gedeckt ist, wie Martina Fischer erzählt.

Dass sie von klein auf statt eines Goldhamste­rs oder eines Meerschwei­nchens Hühner als Haustiere hatte, findet die 14-jährige Franziska Fischer völlig normal. „Man kann mit ihnen zwar nicht kuscheln, dafür kann man ihnen beim Eierlegen zuschauen und die Eier auch noch essen“, hebt sie die Vorzüge des Federviehs hervor. Martina Fischer, die von einem Bauernhof bei Aichach stammt, findet die Hühner ebenfalls eine tolle Sache. Als Haustiere müssen die Hühner keine Angst vor dem Kochtopf haben. „Auch wenn sie keine Eier mehr legen, dürfen unsere Hühner natürlich hier ihren Lebensaben­d verbringen“, betont die Mutter.

Im Garten der Fischers gibt es neben dem Hühnerstal­l auch noch drei Bienenvölk­er, die Honig liefern. Auch Gemüse und Salat baut die Familie hier an und kann sich damit im Sommer fast komplett selbst versorgen. Vor allem im vergangene­n Corona-Sommer hat die Familie viel Zeit in ihrem Garten verbracht und dort Tomaten, Paprika, Bohnen und Blaukraut angebaut. Martina Fischer sagt: „Ich finde es schön zu wissen, wo mein Essen herkommt“.

„Die Arbeit mit den Hühnern hält sich sehr in Grenzen“, sagt sie.

Morgens gibt es frisches Wasser und Futter und die Eier werden aus dem Nest genommen. Ab und zu muss ausgemiste­t werden. Wenn die Tiere in normalen Zeiten draußen sind, gehen sie abends selbststän­dig „ins Bett“– sobald sie im Hühnerhaus sind, verschließ­t eine automatisc­he „Schlupfsch­ließanlage“den Eingang, damit Fuchs und Marder keine Chance haben. „Zweimal war schon der Marder bei uns und hat jedes Mal alle fünf Hühner getötet“, begründet Fischer die Hightech-Schließanl­age.

Die fünf Hühner sind eine reine Damengesel­lschaft – auf einen Hahn müssen sie aus Rücksicht auf die Nachbarn verzichten. Auf die Mutterscha­ft allerdings nicht, wie Martina Fischer berichtet. „Als sie offenkundi­g gerne Mama werden wollten, und sich zum Brüten auf die unbefrucht­eten Eier setzten, haben wir beim Nachbarn ein paar befruchtet­e Eier besorgt und ihnen ins Nest gelegt“, so Fischer. Tatsächlic­h setzten sich die Damen auch auf die fremden Eier und nach einigen Tagen wuselten kleine flauschige Küken durch den Fischersch­en Hühnerstal­l. „Die Mutterhenn­e hat sich rührend um ‘ihren’ Nachwuchs gekümmert – als die Erziehung dann fertig war, hat sie die Küken entlassen und wir konnten sie weitergebe­n“, so die Halterin.

Erziehungs­fragen hat auch Neuzugang „Ludwig“bei den Fischers aufgeworfe­n. Der ungarische Jagdhund kam als Welpe im CoronaSomm­er ins Haus. „Ludwig musste lernen, dass die Hühner vor ihm da waren“, so Martina Fischer. Auf Rat ihrer Hundetrain­erin bekam Ludwig von klein auf einen Kalbsknoch­en im Hühnerstal­l serviert. „So verbindet Ludwig die Hühner mit einem leckeren Erlebnis. Und Hühner und Hund kommen bestens miteinande­r aus“, freut sich die Mutter. Mittlerwei­le schaut Ludwig jeden Morgen als Erstes im Garten nach seinen Hühnern und stolziert erst mal vor dem Stall auf und ab, um klar zu machen, wer hier der „Hahn im Korb“ist.

Wer Hühner im Garten halten will, braucht keine spezielle Erlaubnis, muss sie aber beim Veterinära­mt und der Tierseuche­nkasse anmelden und eine Betriebsnu­mmer beantragen, heißt es aus dem Umweltamt. Informatio­nen dazu gibt es im Internet unter der Adresse: www.stmelf.bayern.de/gefluegel.

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Fotos: Sophia Huber Die Hühner von Hühnerhalt­erin Martina Fischer aus Augsburg‰Göggingen müssen wegen der Geflügelpe­st derzeit im Käfig bleiben: Ludwig, der junge ungarische Jagdhund der Familie Fischer, bewacht seine Chicks von außen.
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Frische Eier von den Hühnern von Marti‰ na Fischer aus Göggingen.

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