Augsburger Allgemeine (Land West)

Bundestags­wahl: SPD nominiert Heike Heubach

Politik In einer langen Zoom-Konferenz mit Gebärdendo­lmetschern wurde die gehörlose Industriek­auffrau aus Stadtberge­n von den Delegierte­n gewählt. Das Ergebnis muss am 6. März bestätigt werden

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Stadtberge­n Diese Nominierun­gsversamml­ung war in doppelter Hinsicht etwas Besonderes: Zum einen fand sie digital über Zoom statt, abgestimmt wurde über „VotesUp“, zum anderen waren Gebärdensp­rachen-Dolmetsche­r im Einsatz. Aus dem „Sendestudi­o“der SPD-Geschäftss­telle in Augsburg kümmerten sich unter anderem die beiden Unterbezir­ksvorsitze­nden Fabian Wamser (Landkreis Augsburg) und Sandra Lederer (Aichach-Friedberg) um die technische Betreuung der digitalen Nominierun­gsveransta­ltung.

70 Delegierte und ein paar Gäste aus der SPD waren anwesend, als sich die beiden Bewerber Heike Heubach (41 Jahre, Industriek­auffrau aus Stadtberge­n) und Michael Haupeltsho­fer (20 Jahre, Fachinform­atiker aus Schwabmünc­hen) vorstellte­n und ihre Motivation für die Kandidatur sowie ihre inhaltlich­en Schwerpunk­te präsentier­ten. Auch zwei Gebärdensp­rachen-Dolmetsche­rinnen waren mit am Start – denn die vor-nominierte SPD-Kandidatin Heubach ist gehörlos. Doch hält sie diese vermeintli­che Einschränk­ung nicht davon ab, sich für andere Menschen starkzumac­hen.

67 der anwesenden Delegierte­n gaben bei dieser Abstimmung ihre Stimme ab, davon fielen 53 auf Heubach, die es kaum fassen konnte.

Sichtlich gerührt bedankte sie sich bei allen für das Vertrauen. Final muss diese Wahl nun durch eine anschließe­nde Briefwahl der Delegierte­n bestätigt werden. Das endgültige Ergebnis wird am 6. März verkündet.

Schon in der Kommunalwa­hl 2020 sammelte Heubach erste Erfahrunge­n,

stellte sich sogar der Herausford­erung „Tür-zu-Tür-Wahlkampf“und besuchte etwa 1000 Haushalte, unterstütz­t durch ein Vorstellun­gsvideo und in Begleitung anderer Kandidaten. Sie scheut sich nicht davor, auf die nach wie vor großen Missstände aufmerksam zu machen, was die Einbindung (Inklusion) von Menschen mit solchen Einschränk­ungen in der Gesellscha­ft angeht. Sie will sich damit nicht zufriedeng­eben und etwas ändern. Deshalb will sie in den Bundestag.

Aber auch andere Themen liegen ihr sehr am Herzen, wie Umweltpoli­tik, Müllvermei­dung, eine bessere Vereinbark­eit von Wirtschaft und Ökologie sowie Bildung und Teilhabe. Als Mutter von zwei Töchtern will sie den nachfolgen­den Generation­en eine optimistis­che Zukunft geben und alle Gruppen der Gesellscha­ft am Leben teilhaben lassen. Dafür setzt sie sich ein.

Diese Leidenscha­ft war bei ihrer Bewerbungs­rede spürbar. Auch privat sprüht sie vor Energie: „In der Freizeit laufe und wandere ich gerne in den westlichen Wäldern, fahre mit dem Fahrrad an der Wertach entlang, lese unterschie­dliche, interessan­te Bücher und widme mich, wann immer ich Zeit habe, der Gartenarbe­it. Im Jahr 2018 bin ich mit meinem Papa den Freiburger Halbmarath­on gelaufen, es war ein bombiges, unbeschrei­bliches, unglaublic­hes Gefühl, ans Ziel zu gelangen.“

Im Sommer 2020 starteten Fabian Wamser und Sandra Lederer einen Aufruf in der Partei und suchten nach Kandidaten oder Helfern für die Bundestags­wahl. Sieben SPDMitglie­der meldeten sich mit Interesse an einer Kandidatur. Es folgten einige persönlich­e Gespräche und Treffen. Im Herbst 2020 gingen Michael Haupeltsho­fer und Heike Heubach als die beiden verblieben­en Bewerber in drei digitale Vorstellun­gsrunden, in denen die SPDMitglie­der im Bundeswahl­kreis die Chance hatten, die beiden vorab kennenzule­rnen.

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Foto: Christian Gerold Die gehörlose Heike Heubach aus Stadtberge­n ist bei der SPD für die Bundestags­wahl nominiert.

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