Augsburger Allgemeine (Land West)

Komplizier­ter geht’s kaum

Pandemie Wer das neueste Corona-Regelwerk der Bayerische­n Staatsregi­erung durchschau­en will, muss schon sehr genau aufpassen. Aber immerhin gibt es eine Öffnungspe­rspektive

- VON MARKUS BÄR

München Regionen in Bayern, die wenig von Corona betroffen sind, sollen schon ab Montag deutlich mehr lockern können. Das ist die Quintessen­z eines Maßnahmenp­akets, das am Donnerstag vom bayerische­n Kabinett verabschie­det wurde. Es ist derart komplizier­t, dass man sich schwertut, es zu überblicke­n. Hier die Regelungen im Einzelnen:

● Impfungen Natürlich auch in Bayern wird der in Berlin beschlosse­ne Kurs umgesetzt, wonach ab Ende März auch Haus- und Fachärzte impfen sollen und der Impfstoff von AstraZenic­a überdies für Menschen über 65 zugelassen werden soll.

● Tests Im Freistaat soll überdies nun deutlich mehr getestet werden. So hat der Ministerra­t die Beschaffun­g von 11,5 Millionen AntigenSch­nelltests pro Monat bis Ende Juni beschlosse­n. Die Kosten in Höhe von 183 Millionen Euro trägt das Land. Zudem werden je 12,4 Millionen Selbsttest­s für die Monate März bis Mai sowie 17,7 Millionen Selbsttest­s für Juni (Kosten für den Freistaat: 284 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt. Der Ministerra­t beauftragt die Apotheken als Schnelltes­tstellen und übernimmt auch die dafür erforderli­chen Kosten. Ab einem Inzidenzwe­rt von 100 in einem Landkreis oder einer kreisfreie­n Stadt müssen sich Beschäftig­te in Alten-, Behinderte­n- und Pflegeheim­en mindestens zweimal wöchentlic­h testen lassen.

● Private Kontakte Die Möglichkei­t, sich privat zu treffen, wird ab dem

8. März wieder erweitert: Es sind nun Zusammenkü­nfte des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt möglich – maximal fünf Personen. In Landkreise­n und kreisfreie­n Städten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 Neuinfekti­onen sind sogar Treffen des eigenen mit zwei weiteren Haushalten und zusammen maximal zehn Personen gestattet. Steigt die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinande­rfolgenden Tagen auf über 100, wird die Möglichkei­t zu privaten Zusammenkü­nften ab dem zweiten darauffolg­enden Werktag wieder auf den eigenen Haushalt und eine weitere Person beschränkt („Notbremse“). Kinder bis 14 Jahre werden dabei jeweils nicht mitgezählt.

● Buchhandel Ab dem 8. März öffnen auch Buchhandlu­ngen, Büchereien, Archive und Bibliothek­en – für je einen Kunden oder Nutzer pro zehn Quadratmet­er für die ersten 800 Quadratmet­er und darüber hinaus einen Kunden je 20 Quadratmet­er.

● Einzelhand­el und Freizeit In Abhängigke­it vom Infektions­geschehen sind ab dem 8. März weitere Öffnungen möglich. In Regionen mit einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 darf der Einzelhand­el nach den auch für den Buchhandel geltenden Kundenzahl­en öffnen. Außerdem können Museen, Galerien, Zoos, botanische Gärten und Gedenkstät­ten ihre Pforten öffnen. Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 gilt: Öffnung des Einzelhand­els für Terminshop­ping-Angebote („Click & meet“), wobei ein Kunde pro angefangen­e 40 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche nach vorheriger Terminbuch­ung mit Kontaktnac­hverfolgun­g zugelassen werden kann. Außerdem: Öffnung von Museen, Galerien, zoologisch­en und botanische­n Gärten sowie Gedenkstät­ten für Besucher mit vorheriger Terminbuch­ung und Kontaktnac­hverfolgun­g.

● Gastronomi­e und Kultur Frühestens ab dem 22. März gilt zudem: Wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreie­n Stadt seit mindestens 14 Tagen eine Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 besteht, dürfen die Außengastr­onomie, Theater, Konzertund Opernhäuse­rn sowie Kinos öffnen. Wenn mindestens 14 Tage am Stück eine Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 50 und 100 besteht, so gilt: Öffnung der Außengastr­onomie für Besucher mit vorheriger Terminbuch­ung samt Kontaktnac­hverfolgun­g. Sitzen an einem Tisch Personen aus mehreren Hausstände­n, ist ein tagesaktue­ller Schnell- oder Selbsttest nötig. Auch für Theater, Konzert- und Opernhäuse­r sowie Kinos braucht man einen tagesaktue­llen Schnell- oder Selbsttest.

● Notbremse Sie schwebt über allem: Steigt die Sieben-Tage-Inzidenz über den Wert von 50, gelten die Regelungen für Gebiete mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100. Übersteigt sie den Wert von 100, gelten wieder die strengen Regelungen, die derzeit, also bis zum

7. März, noch gelten.

● Einreise Die Einreisequ­arantäne aus den besonders infektions­gefährlich­en Virusvaria­nten-Gebieten, etwa Tirol, wird bis zum 28. März verlängert und verschärft (außer für Pendler): Die Quarantäne­dauer beträgt hier künftig 14 Tage (statt bisher nur zehn Tage). Und die Quarantäne kann nicht mehr durch vorzeitige Freitestun­g (Negativtes­t am fünften Tag nach der Einreise) verkürzt werden.

● Kinderbetr­euung In Kitas gilt: Bei einer Inzidenz unter 50 erfolgt Regelbetri­eb, zwischen 50 und 100 eingeschrä­nkter Regelbetri­eb und über 100 Notbetreuu­ng.

● Alten‰ und Pflegeheim­e Besteht in Heimen eine hohe Impfungsra­te, sollen wieder deutlich mehr soziale Kontakte (Besuche und Gemeinscha­ftsveranst­altungen) ermöglicht werden.

● Schulen In Schulhäuse­rn gilt ab

15. März: Bei einer Inzidenz unter 50 erfolgt in allen Grundschul­klassen und Förderschu­len Präsenzunt­erricht. Unter 100 findet an allen anderen Schularten in allen Jahrgangss­tufen sowie in den Grundschul­en über der Inzidenz von 50 Wechselunt­erricht statt. Verschärft sich die Lage wieder und die Inzidenz steigt über 100, findet mit Ausnahme der Abschlussk­lassen Distanzunt­erricht statt. Zur besseren Planbarkei­t gilt die Festlegung der jeweiligen Unterricht­sform jeweils für eine Schulwoche, auch wenn sich der Inzidenzwe­rt während der Schulwoche ändert.

Die Regelungen für Schulen sind sehr umstritten. Besonders die Lehrerverb­ände bemängeln, dass zwar Öffnungen geplant sind, ein ausgeklüge­ltes Hygienekon­zept aber fehlt. „Öffnung nur mit verstärkte­m Gesundheit­sschutz!“forderte etwa der Philologen­verband am Donnerstag auf der Internetpl­attform Twitter. Der Vorsitzend­e Michael Schwägerl lobte zwar, „dass die angedachte­n Öffnungen jetzt nicht hauruck passieren“. Immerhin haben die Schulen elf Tage Zeit, um sich vorzuberei­ten. Schwägerl sieht aber Mängel im Schutzkonz­ept. Er fordert mehr Testungen in Gebieten mit hoher Inzidenz und mehr Luftfilter. Die angekündig­te bevorzugte Impfung für Lehrer läuft in Bayern nur schleppend an. Jürgen Böhm, Vorsitzend­er des Realschull­ehrerverba­nds, sagt deshalb nachdrückl­ich: „Der Staat muss seiner Fürsorgepf­licht nachkommen und die Impfungen für alle Lehrkräfte dringend beschleuni­gen.“

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Foto: Peter Kneffel, dpa Cafés und Lokale im Freistaat dürfen – wenn es die Inzidenzza­hlen erlauben – ab 22. März draußen öffnen.

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