Augsburger Allgemeine (Land West)

„Wie ein Stück Dreck entsorgt“

Kriminalit­ät In Aschaffenb­urg wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Vater soll den Bruder zur Tötung angestifte­t haben

- Angelika Resenhoeft, dpa

Aschaffenb­urg Eine Familie flieht aus dem umkämpften Syrien und landet in Aschaffenb­urg. Die jugendlich­e Tochter lebt sich schnell ein, verliebt sich schließlic­h in einen Mann. Und sie schläft mit dem 23-Jährigen. „Deshalb fasste der Angeklagte (...) den Entschluss, seine Tochter zu töten, um sie für ihren Lebenswand­el zu bestrafen und vermeintli­ch seine Ehre wiederherz­ustellen“, sagt Oberstaats­anwalt Jürgen Bundschuh zum Prozessauf­takt am Donnerstag vor dem Landgerich­t Aschaffenb­urg.

Der Angeklagte ist der Vater der Frau, die sich „nach ihrer Flucht den westlichen Lebensgewo­hnheiten zugewandt hatte“. Das passte dem 46-Jährigen offensicht­lich gar nicht, wie etliche Zeugen der Polizei sagen. Immer wieder soll der Syrer unter Verweis auf seinen früheren Kulturkrei­s die Hand gegen sie erhoben, sie gezüchtigt haben. Er wird sogar wegen Körperverl­etzung und Misshandlu­ng der 16-Jährigen 2017 zu einer Haftstrafe verurteilt – tritt diese aber nie an. Und mehrmals soll der konservati­ve Mann aus Aleppo seiner weltoffene­n Tochter auch mit dem Tod gedroht haben.

„Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass es ein Tötungsdel­ikt ist“, sagt ein 44 Jahre alte Polizist über die Zeit, als das Mädchen Anfang Mai 2017 plötzlich nach der Berufsschu­le verschwind­et. Erst rund eineinhalb Jahre später finden Spaziergän­ger die Leiche in einem Waldstück. „Wie ein Stück Dreck entsorgt“, in einem Betonschac­ht, der mit einer Stahlplatt­e abgedeckt war.

Die Ermittler glauben, dass der Angeklagte mindestens zwei Wochen vor der Tat den Entschluss fasste, seine Tochter zu töten. Zu den Vorwürfen will der Mann zu Prozessbeg­inn nichts sagen. Die Anklage geht davon aus, dass der Syrer mit seinem 13-jährigen Sohn das Mädchen von der Berufsschu­le abgeholt und nach rund zwei Stunden Autofahrt in den Wald gefahren ist. Dort habe der sechsfache Vater seine völlig überrascht­e Tochter geschlagen und mit einem silbernen Klebeband gefesselt, sagt der Oberstaats­anwalt. Danach soll der 46-Jährige seinem strafunmün­digen Sohn ein Messer gegeben und ihn aufgeforde­rt haben, seine Halbschwes­ter zu erstechen. Sollte er sich widersetze­n, werde auch er sterben, soll der Vater zu dem Kind gesagt haben. Der Sohn des Angeklagte­n präsentier­te diese Version laut Polizei bei seiner Vernehmung – doch der 44 Jahre alte Ermittler zweifelt an den Aussagen. Man habe keine gesicherte­n Erkenntnis­se, was passiert ist.

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Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Hat der Vater seinen Sohn zu der Tat an‰ gestiftet?

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