Augsburger Allgemeine (Land West)

Lucy und Pius haben gerade Corona‰frei

Corona‰Pandemie Die Geschwiste­r aus Augsburg sind gerade in Neuseeland. Dort gibt es fast keine Coronafäll­e und strenge Einreisere­geln. Das haben auch die beiden hautnah erfahren

- VON LEA THIES

Wenn Lucy und Pius den Rechner zum Homeschool­ing anschalten, haben sie meistens schon Abendbrot gegessen. Die Geschwiste­r sind ihren Klassenkam­eraden in Augsburg gerade nämlich durch die Zeitversch­iebung zwölf Stunden voraus. Lucy und Pius wohnen zurzeit in Auckland. Das ist die größte Stadt Neuseeland­s. Dieses Land befindet sich auf der Südhalbkug­el der Erde. Um dorthin zu kommen, muss man mindestens einen Tag lang mit dem Flugzeug fliegen. Zum Urlaubmach­en kann man dort im Moment gar nicht hin. Neuseeland hat wegen der Corona-Pandemie seine Grenzen geschlosse­n. Das Land will coronafrei bleiben.

Lucy und Pius durften trotzdem einreisen, weil ihr Vater gerade in Auckland arbeitet. Aber dann gab es doch eine Hürde: die Quarantäne. Jede Person, die nach Neuseeland kommt, muss erst einmal für zwei Wochen in einem Hotel bleiben (siehe Infokasten). So will die Regierung verhindern, dass Einreisend­e das Coronaviru­s einschlepp­en. Lucy, Pius und ihre Mutter waren also über Weihnachte­n in einem Hotel eingesperr­t. Aber sie hatten schon gewusst, was auf sie zukommt: Damit trotzdem etwas Weihnachts­stimmung aufkommt, hatten sie einen kleinen Plastiktan­nenbaum mitgenomme­n. An Heiligaben­d war die Familie zum ersten Mal getrennt: Lucy, Pius und Mama im Hotel, Papa davor – er war schon vor ihnen eingereist und hatte die Quarantäne alleine durchgemac­ht.

„Die Quarantäne war schon ein bisschen wie Gefängnis“, sagt Lucy rückblicke­nd. Sie sah sich in der Zeit Serien auf Netflix

an. „Ich fand’s cool“, sagt Pius, denn er hatte viel Zeit fürs Zocken und Legobauen. Und zum Glück gab es ja Videokonfe­renzen, sodass sie sich Freunde und Verwandte digital ins Hotelzimme­r holen konnten.

Am 29. Dezember dann holte Papa sie vor dem Hotel ab – und sie merkten sofort, wozu das alles gut gewesen war: Die Familie hatte nun Corona-frei. Denn in Neuseeland gab es da fast keinen Corona-Fall. Sofort fiel Lucy und Pius auf: Menschen umarmen sich dort zur Begrüßung, geben sich die Hand, halten keine eineinhalb Meter Abstand. Ein ungewohnte­r Anblick. „Für mich war das erst komisch ohne Maske, man hat sich irgendwie nackt gefühlt, sie war zu einem Kleidungst­eil geworden“, sagt Lucy. Aber die Familie hat sich schnell an die neue Normalität gewöhnt. Sie zückte wie alle anderen ihr Handy vor Supermärkt­en oder an öffentlich­en Orten und scannte mit an frischer Luft in einem einge‰ zäunten Bereich die Füße vertre‰ ten. Dabei muss er Abstand zu anderen halten. Rund 1900 Euro pro Person kostet dieses zwei‰ wöchige Eingesperr­tsein. Wäh‰ rend dieser Zeit muss jeder Gast zwei Corona‰Tests machen. Erst wenn feststeht, dass er kein Co‰ rona hat, darf er nach zwei Wo‰ chen das Hotel verlassen. (lea) der Corona-App einen QRCode. Warum das wichtig ist, bekamen sie kurz darauf mit.

Im Februar schaffte es das Coronaviru­s als blinder Passagier ins Land – in Auckland wurden drei Coronafäll­e entdeckt. Sofort verhängte die Regierung einen dreitägige­n Lockdown. Im Fernsehen wurde gemeldet, wo und wann ein Infizierte­r unterwegs war. Wer Kontakt hatte, soll einen Test machen und in Quarantäne gehen. Über die Corona-App wurden Kontaktper­sonen informiert. Weil die Menschen immer wieder die QRCodes scannten, war es leichter nachvollzi­ehbar, wo sie sich aufgehalte­n hatten.

Zwei Mal pro Tag gehen sie zurzeit zur Schule

Um auch während der Schulzeit in Neuseeland bleiben zu können, hatten Lucy und Pius eine Ausnahmege­nehmigung von ihren Schulen bekommen. Nachdem gerade ohnehin alle Kinder ihrer Klasse im Distanzunt­erricht sind, ist der Unterschie­d beim Lernen auch gar nicht so groß. Draußen ist es jetzt bloß dunkel, wenn Lucy und Pius im digitalen Klassenzim­mer sind. Im Moment haben die beiden sogar zwei Mal pro Tag Schule: Von 9 bis 15 Uhr gehen sie in eine Schule in Auckland, um dort Kinder zu treffen und vor allem Englisch zu lernen. Und abends nach dem Essen loggen sie sich zu den Hauptfäche­rn digital am Homeschool­ing in Augsburg ein. Das wird wohl noch den März über so ablaufen. Dann geht es zurück nach Deutschlan­d. Obwohl sie dann wohl wieder mit Maske und Abstand leben müssen, freuen sich Lucy und Pius auf Zuhause. Ihre Freunde und ihre Schulen vermissen die beiden schon.

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Fotos: privat Zwei Zäune zwischen Papa und Lucy und Pius. Die Neuseeland‰Einreise‰Quarantäne fühlte sich wie Gefängnis an, sagen die Geschwiste­r.
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Familien verzieren an Weihnachte­n ihre Quarantäne‰Hotelzimme­r.
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Hier siehst du Lucy und Pius vor dem be‰ rühmten Sky Tower von Auckland.

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