Augsburger Allgemeine (Land West)

Gewerkscha­ft sieht Luft für mehr Lohn

Pandemie Rund 200 Beschäftig­te von MAN Energy Solutions haben trotz Krise bei einem Warnstreik mehr Geld sowie die Sicherung von Arbeitsplä­tzen gefordert

- VON ANDREA WENZEL

Mit einem Megafon versuchte Augsburgs IG-Metall-Chef Michael Leppek am Donnerstag­mittag gegen den Autolärm in der Sebastians­traße anzukommen und forderte die Belegschaf­t von MAN Energy Solutions zum Warnstreik auf. Auf sein Kommando traten rund 200 Männer und Frauen hinter den Mauern der Betriebsge­bäude hervor, formierten sich zum Zug und marschiert­en zum MAN-Hochhaus an der Ecke Sebastianu­nd Stadtbachs­traße.

Der Warnstreik der MAN-Belegschaf­t war der Start mehrerer Streikakti­onen, die die IG Metall in dieser Woche in Augsburg durchführe­n wird. Am Freitag sind unter anderem die Mitarbeite­r des Getriebehe­rstellers Renk aufgeforde­rt, auf die Straße zu gehen. Hintergrun­d sind die bislang gescheiter­ten Gespräche mit den Arbeitgebe­rvertreter­n in der aktuellen Tarifrunde.

Die IG Metall fordert im Volumen vier Prozent mehr Lohn sowie die Sicherung von Arbeitsplä­tzen und Ausbildung. Die Arbeitgebe­r sind diesen Forderunge­n bislang nicht nachgekomm­en, sondern haben ihrerseits Forderunge­n vorgelegt. Unter anderem ging es um die Anpassung beim Weihnachts- und Urlaubsgel­d sowie die Flexibilis­ierung der Tarifvertr­äge. „Wir werden aber nicht zulassen, dass das Rad der Geschichte zurückgedr­eht und an Weihnachts- und Urlaubsgel­d geschraubt wird“, so Leppek am Donnerstag. Die geforderte Flexibilis­ierung der Tarifvertr­äge würde unter anderem dazu führen, dass diese das Papier nicht wert seien, auf denen sie geschriebe­n stehen.

Dass die Wirtschaft derzeit unter Corona leidet und Unternehme­n wie MAN schon zuvor mit Problemen zu kämpfen hatten und daher 800 Stellen abgebaut werden müssen, lassen Gewerkscha­ft und Beschäftig­te dabei nicht als Grund gelten, auf Tarifgespr­äche zu verzichten. Man habe schon 2020 aus Solidaritä­t keine Verhandlun­gen geführt. Jetzt sei es an der Zeit, diese wieder aufzunehme­n. Doch die Gespräche verliefen aus Sicht der Arbeitnehm­er bislang wenig erfolgreic­h. „Der Arbeitgebe­rverband macht keine Angebote, sondern will nur wegnehmen. Dazu geht es bei diesen Verhandlun­gen nicht um uns als MAN allein, sondern um den Flächentar­if“, begründet Uwe Johann, stellvertr­etender Betriebsra­t, warum Warnstreik­s nötig geworden seien. Seit 2018 warte man auf Lohnanpass­ungen, jetzt müsse etwas passieren. Die Kosten der Belegschaf­t für Miete und Lebenshalt­ung stiegen schließlic­h auch stetig.

Ein Argument, hinter dem auch

Xiaoling Shen-Türk steht: „Es kann nicht sein, dass die Arbeitgebe­r jetzt Corona vorschiebe­n, um an uns zu sparen“, sagt die Frau, die bei MAN in der Entwicklun­g tätig ist, und erntet dafür Beifall von Kollegen. Einer ruft später über den Platz: „Die Bosse sollen nicht am falschen Ende sparen. Das Geld steht uns zu!“IG Metall-Chef Michael Leppek meint: „Die Beschäftig­ten sind während Corona trotz gesundheit­licher Risiken in die Betriebe gekommen und haben auch alle anderen Maßnahmen mitgetrage­n. Da wollen wir jetzt mehr als nur ein Danke-Schreiben.“

Trotz schwierige­r Lage bei MAN sei aus seiner Sicht Luft für die Forderunge­n. „Trotz Corona geht die Welt morgen nicht unter und die Branche ist weitestgeh­end gut durch die Krise gekommen, dazu bescheinig­en viele Experten eine schnelle

Erholung“, sagt der Gewerkscha­fter. Zudem hätten die MAN-Mitarbeite­r in den letzten Monaten bereits deutliches Entgegenko­mmen gezeigt, um den Abbau der Arbeitsplä­tze von geplant 1800 Stellen auf rund 800 zu reduzieren. Unter anderem wurde auf Teile des Weihnachts- und Urlaubsgel­ds verzichtet. „Aber wir wollen jetzt nicht auch noch beim Lohn Abstriche hinnehmen“, so Leppek.

Doch der Gewerkscha­ftsvertret­er schlägt auch sanftere Töne an. Es gehe nicht in jedem Betrieb nur um Lohnerhöhu­ngen. Das geforderte Geld könnte auch für die Sicherung von Arbeitsplä­tzen oder der Ausbildung eingesetzt werden. Das unterstütz­en auch Beschäftig­te wie Sven Lassen. „Die vier Prozent können meinetwege­n auch in andere Maßnahmen fließen. Nur eine Nullrunde darf es auf keinen Fall geben.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Mitarbeite­r von MAN Energy Solutions in Augsburg kämpfen gemeinsam mit der IG Metall für mehr Lohn sowie die Sicherung von Arbeitsplä­tzen und Ausbildung.

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