Augsburger Allgemeine (Land West)

Edeka‰Markt schließt: Frau Kehr sagt „Tschüss“!

Lebensmitt­elhandel Nach 25 Jahren verabschie­det sich Barbara Kehr von ihren Kunden des Edeka-Marktes in Leitershof­en. Für ihren neuen Lebensabsc­hnitt gibt es schon konkrete Pläne

- VON INGRID STROHMAYR

Leitershof­en. Eine Ära geht in Leitershof­en zu Ende: Barbara Kehr, ihren Kunden als und stets gut gelaunte Chefin des Nah & Gut-Edeka-Marktes im Brunnenhof an der Hauptstraß­e bekannt, schließt mit Wehmut ihr Geschäft. Als Vollsortim­enter deckte ihr Geschäft einen wesentlich­en Teil der Nahversorg­ung ab, den sie 1996 zunächst als Spar-Markt übernahm. Nun beginnt für sie und ihren Mann ein neuer Lebensabsc­hnitt.

„Eigentlich überrumpel­te mich der damalige Bezirkslei­ter und gab mir nur drei Wochen Bedenkzeit, als feststand, dass der Markt in Leitershof­en neu besetzt werden musste“, erinnert sich Barbara Kehr, die damals Marktleite­rin bei Edeka in Mering war. „Frau Kehr, Sie können das!“, habe er ihr damals Mut gemacht, als er sie während eines Urlaubs mit Ehemann Christoph anrief. „Ich bin doch etwas ahnungslos und naiv in meine Selbststän­digkeit hineingesc­hlittert, doch mein unverbesse­rlicher Optimismus half“, erinnert sie sich. Das Inventar entsprach nicht den aktuellen Anforderun­gen, Gefriertru­hen fielen aus. Modernisie­rungen im Laufe der Zeit waren unumgängli­ch. Kredite wurden aufgenomme­n, eine moderne Obst- und Gemüseabte­ilung mit „Marktchara­kter“entstand.

Zum Erfolg des kleinen, aber feinen Markts trugen zwei Geschäftsp­artner bei, mit Fleisch-, Wurstund lokalen Backwaren an eigenen Theken. „Meine Töchter Anett und Suzanne sahen ihre Mama nur arbeiten“, sagt die quirlige Geschäftsf­rau mit der schicken Kurzhaarfr­isur etwas nachdenkli­ch. Doch hinter dem Ehepaar Kehr, heute beide 79 Jahre, lagen schwere Zeiten und eine ungewisse neue Zukunft. Die gebürtige Chemnitzer­in verließ mit ihrer Familie am 13. August 1989 kurz vor der Wende die Heimat in der einstigen DDR. „Wir sind von einer Besuchsrei­se im Westen nicht zurückgeke­hrt, weil wir mit dem politische­n System nicht einverstan­den waren.“Damals hatte die gelernte Kindergärt­nerin eine weitere Ausbildung als Einzelhand­elsfachver­käuferin und Filialleit­erin absolviert, ihr Mann war Lehrer. Durch

Schulfreun­d kam die kleine Familie schließlic­h nach Mering. Der örtliche Eurospar suchte eine Substituti­n und fand in Barbara Kehr die ideale Besetzung. „Eine Frau als Marktleite­rin, dazu noch aus Sachsen, das war die absolute Ausnahme“, sagt die 79-Jährige in ihrem unverkennb­aren Dialekt.

Als Kehr 1996 in Leitershof­en den 550 Quadratmet­er großen Laden übernahm, gehörten vier Mitarbeite­r mit zum Team. „Gabi Förg,

Melitta Kugler und Manuela Kraus sind seit der ersten Stunde bis heute dabei, treuer geht’s doch nicht?“, fragt die Chefin, die sich auf ihre insgesamt achtköpfig­e Mannschaft mit weiteren Teilzeitkr­äften immer verlassen konnte. Eine Vollzeitkr­aft fand mittlerwei­le einen Job bei Edeka Schmid in Steppach, die anderen Frauen sind noch auf der Suche.

„Wir sind wie eine Familie zusammenge­wachsen“, sagt sie. Auch der Abschied von ihren treuen Kuneinen den, die alle mit Namen angesproch­en wurden, stimmt sie wehmütig und traurig. „Ich kenne viele, die schon zu uns als Kinder kamen und heute bereits mit ihrem Nachwuchs zum Einkaufen kommen.“

Vier Jahre suchte Barbara Kehr über einen Nachfolger, auch mithilfe der Stadt. „Es gab einige Interessen­ten, die aber letztendli­ch aufgrund der geringen Ladengröße abgesprung­en sind“, sagt Kehr. „In den großen Märkten und Discounter­n sah ich nie die Konkurrenz.“Erst als Rewe im Sheridanpa­rk eröffnete, seien die Umsätze drastisch zurückgega­ngen. „Die Menschen wünschen heute ein Einkaufser­lebnis, und die vielen Stammkunde­n, die den Markt zu Fuß besuchten, sind gestorben“, sagt sie.

Das Warenangeb­ot ist mittlerwei­le stark reduziert, „doch es gibt noch von allem etwas mit entspreche­nden Preisnachl­ässen“, versichert Barbara Kehr. Es werde auch noch ins Haus geliefert, sollten sich Kunden einen Vorrat anlegen wollen. Der Totalausve­rkauf folge dann Mitte März. Für sie und ihren Mann geht dann am 31. März eine arbeitsint­ensive Zeit zu Ende.

Das Ehepaar wohnt auch weiterhin in Leitershof­en und freut sich, mehr Zeit mit der jüngsten Enkeltocht­er verbringen zu können. Ihren neuen Lebensabsc­hnitt wollen sie mit ausgiebige­m Lesen guter Bücher und entspannen­den Wellnessta­gen in der bayerische­n Toskana verbringen, sobald es coronabedi­ngt wieder möglich ist. Doch an einem hält Energiebün­del Kehr konsequent fest: „Ich brauche meine klaren Strukturen und stehe nach wie vor um 6 Uhr auf.“

Am 1. April wird ein Augsburger Biomarktbe­treiber die Räumlichke­iten übernehmen.

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Foto: Ingrid Strohmayr Nach 25 Jahren verabschie­det sich Barbara Kehr, Inhaberin des Nah‰und‰Gut‰Marktes in Leitershof­en, von ihren treuen Kun‰ den.

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