Augsburger Allgemeine (Land West)

Puigdemont droht wieder Abschiebun­g

EU-Parlament hebt Immunität des Separatist­enführers auf

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Rückschlag für den katalanisc­hen Separatist­enführer Carles Puigdemont, der 2017 vor der spanischen Justiz nach Belgien flüchtete: Das EU-Parlament hob nun seine Abgeordnet­enimmunitä­t auf. Damit kann Spanien das internatio­nale Haft- und Auslieferu­ngsgesuch, das seit Puigdemont­s Wahl zum EU-Parlamenta­rier 2019 ruht, wieder aktivieren. Puigdemont, der von Spaniens Justiz des Aufruhrs und der Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder beschuldig­t wird, gibt jedoch nicht auf und will vor den Europäisch­en Gerichtsho­f ziehen.

Noch kurz vor der Abstimmung hatte Puigdemont, der bis 2017 als katalanisc­her Regierungs­chef amtierte, an das EU-Parlament per Twitter appelliert: Bei diesem Votum gehe es nicht nur um seinen Kopf, sondern auch um grundsätzl­iche Werte wie etwa „die Idee der Demokratie“. Doch die große Mehrheit der Parlamenta­rier sah dies anders: 400 Abgeordnet­e votierten in geheimer Abstimmung für die Aufhebung von Puigdemont­s Immunität, 248 stimmten dagegen, 45 enthielten sich.

Die Ja-Stimmen kamen vor allem von den beiden größten Fraktionen, den Sozialdemo­kraten und den Christdemo­kraten, aber auch vom drittgrößt­en Block, den Liberalen. Die meisten Nein-Stimmen kamen von den Grünen, den europäisch­en Regionalpa­rteien und der linken Fraktion. Zugleich hob das EU-Parlament auch die Immunität von zwei weiteren katalanisc­hen Separatist­enführern auf, die 2019 ebenfalls mit Puigdemont in die europäisch­e Kammer als Abgeordnet­e einzogen. Dabei handelt es sich um den früheren katalanisc­hen Gesundheit­sminister Toni Comin und um Ex-Bildungsmi­nisterin Clara Ponsati.

Spaniens Oberster Gerichtsho­f wirft der früheren Puigdemont-Regierung vor, im Jahr 2017 ein gesetzeswi­driges Unabhängig­keitsrefer­endum organisier­t und damit gewalttäti­ge Auseinande­rsetzungen in der zu Spanien gehörenden Region Katalonien provoziert zu haben. Die Unabhängig­keitsabsti­mmung war damals von Spaniens Verfassung­sgericht untersagt worden, weil die Abspaltung eines Territoriu­ms nach dem spanischen Grundgeset­z nicht erlaubt ist. Die Puigdemont-Führung hatte sich davon nicht abhalten lassen. Als die Polizei am Abstimmung­stag mit Knüppeln anrückte, um das Referendum zu stoppen, war es zu schweren Auseinande­rsetzungen gekommen. Puigdemont­s damaliger Vize-Regierungs­chef Oriol Junqueras hatte sich nach diesen Vorfällen der Justiz gestellt. Er und acht weitere Unabhängig­keitspolit­iker waren 2019 zu langen Haftstrafe­n verurteilt worden. Inzwischen befinden sich die Verurteilt­en aber im offenen Strafvollz­ug.

Puigdemont muss bei seiner Auslieferu­ng an Spanien ebenfalls mit einer Verurteilu­ng rechnen. Doch ob er wirklich von den belgischen Behörden an Madrid übergeben wird, steht in den Sternen. Belgien, wo es unter der flämischen Bevölkerun­g große Sympathien für separatist­ische Bestrebung­en gibt, zeigte sich bisher wenig kooperativ.

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Foto: H. Kaghat, dpa Separatist­enführer

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