Augsburger Allgemeine (Land West)

Es sirrt und flirrt in Bildern von Markus Oehlen

Ausstellun­gen Galerie Noah zeigt den Münchner Professor mit Meistersch­ülern. Porzellan-Mosaikplas­tik ergänzt Lettl

- VON ALOIS KNOLLER

Galeria Noah Reizüberfl­utung – das ist die Klage der Gegenwart. Bilder und Zeichen prasseln aus allen Medien auf uns herein. Eines verdrängt und überlagert das andere, ein stimmiges Ganzes ist kaum noch zu erkennen. Der Münchner Akademiepr­ofessor Markus Oehlen macht es zum Prinzip seiner Malerei. Er packt alles Mögliche in seiner großformat­igen Bilder. Seine Technik gleicht dem Sampling in der Musik.

Schicht um Schicht geht er vom Informelle­n ins Formale, wie dicht skizzierte Erinnerung­en platziert er Figuren in eine surreal-fantastisc­he Welt. Es sirrt und flirrt wie in einem alten Röhrenfern­seher. Der Betrachter ist einige Zeit damit beschäftig­t, allein die vielen verschiede­nen Elemente zu erfassen und wird am Ende doch von der Gesamtästh­etik in ihrer gesättigte­n Wucht überwältig­t.

Die Galerie Noah im Glaspalast, die ihn zurzeit im Kreis seiner Meistersch­üler präsentier­t, bietet den nötigen Freiraum, um diese Kompositio­nen auch aus der nötigen Entfernung wahrzunehm­en. Markus Oehlen ist ein unermüdlic­her Bilderfind­er, rasant fließen ihm neue Ideen, Motive und Techniken aus dem Pinsel. Konstrukti­ve wie organische Formen gehen bei ihm eine Symbiose ein, er zieht den Blick in tiefe Räume, worin er sich dann in mehreren Zentren assoziativ verliert.

Seine Meistersch­üler akzentuier­en stärker. Andreas Lech bevorzugt die klare Struktur, schichtet horizontal­e Linien wie Lamellen, versieht sie jedoch mit gezielten Störungen, hier ein Fleck, dort ein Knopf, da eine Ableitung des Verlaufs fordern die Aufmerksam­keit. Das Duo Mehmet & Kazim zielt unbekümmer­t in grellen Pop. Rosa und Rot sind ihre Lieblingsf­arben für zuckrige Comicfigur­en. Indes arbeitet Justin Almquist sehr disziplini­ert mit dreidimens­ionaler Pappmache an reduzierte­n Chiffren wie die „Pancake-City“mit aufgeschic­hteten Türmen oder die ovale Luke in eine andere Wirklichke­it („Opioid“). Susi Müller ist ganz in Blau vertreten. Darin versammelt sie eine surreale Gesellscha­ft aus Kegelkamer­aden oder sie lässt einen Wasserwirb­el aufbrausen.

Galerie Noah, Glaspalast, geöffnet Di. bis Fr. 11–15 Uhr ( Sa./So. noch geschlosse­n); die Ausstellun­g ist verlän‰ gert bis 21. März; Anmeldung unter Tel. 0821/815 11 63 derzeit erforderli­ch.

Lettl‰Museum Im wiedereröf­fneten Lettl-Museum stellt Margit Grüner ihre Mosaikplas­tiken unter dem Titel „Le Donne“(Frauen) aus. Passend dazu präsentier­t Florian Lettl 14 Akte seines Vaters Wolfgang. Sein Leben lang hatte dieser sich mit dem Körper der Frau auseinande­rgesetzt und sie als geheimnisv­olles Wesen dargestell­t. Antike Göttinnen voll Tatkraft fließen ebenso in seine Bildmotive ein wie das Verführeri­sche der Eva oder der Ingrimm der Judith, die Holofernes enthauptet. Allerdings scheute sich Lettl, seinen Frauenakte­n Köpfe zu malen. Das würde zu sehr festlegen.

Eine thailändis­che Tempeltänz­erin könnte nicht prächtiger gekleidet sein: Goldbordür­en über ganze Kleid verteilt, dazu weinroter Brokat und dazwischen Schneeweiß. Edles Versace-Porzellan hat Margit Grüner zerdeppert, um die Skulptur zu schaffen. Seit zwanzig Jahren beschäftig­t sich die Künstlerin aus Scheyarn mit der Mosaikplas­tik und wendet dafür ihre eigene Technik an. Sie schichtet und modelliert mit mehr oder weniger großen Scherben, schafft glänzende Oberfläche­n und fasziniere­nde Konturen.

Weißes Gold hat man ihren Werkstoff genannt, aber auch viel

Kitsch daraus geformt. Grüner veredelt das Komische in Kombinatio­n mit dem Erhabenen. Immer sind es besondere Charaktere, die aus Teller und Tassen, Vasen und Schüsseln aufwachsen. Kokette Französinn­en ebenso wie wehrhafte Kämpferinn­en bevölkern das Museum, kommentier­en und kontrastie­ren Lettls surreale Gemälde mit Frauenakte­n von dominant bis entrückt. ⓘ

Lettl‰Museum, Zeuggasse, geöffnet Di. bis Do. 13–17 Uhr, Fr. bis So. 11– 17 Uhr, zu sehen bis 14. November. Der‰ zeit nur mit Voranmeldu­ng zu besuchen unter www.museum.lettl.de

 ?? Foto: Galerie Noah ?? Wie dicht skizzierte Erinnerung­en wirken die von Motiven überborden­den Gemälde von Markus Oehlen derzeit in der Galerie Noah.
Foto: Galerie Noah Wie dicht skizzierte Erinnerung­en wirken die von Motiven überborden­den Gemälde von Markus Oehlen derzeit in der Galerie Noah.
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Foto: F. Lettl Porzellan‰Mosaikplas­tik von Margit Grü‰ ner zeigt das Lettl‰Museum.
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Zuckrige, poppige Figuren wie „Hubba Bubba“malen Mehmet & Kazim.

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