Augsburger Allgemeine (Land West)
Steuerkanzlei wird beim Impfen vorgezogen
Während in Augsburg Lehrer und Kita-Mitarbeiter auf ihre Spritze warten, hat die Stadt einige Anwälte und deren Mitarbeiter geimpft. Die Verwaltung nennt ihre Gründe
Als am Dienstag mehrere Einsatzfahrzeuge der Stadt mit mobilen Impfteams vor einer Anwalts- und Steuerberatungskanzlei in der Innenstadt vorfuhren, rief das bei Passanten Verwunderung hervor. Wurde da außerhalb der Priorisierung geimpft? Nachdem längst noch nicht alle berechtigten Augsburger an der Reihe waren und beispielsweise Lehrer und Kita-Mitarbeiter immer noch auf ihre Impfung warten, rufen Impfaktionen außerhalb der Reihe sofort Reaktionen bei der Bevölkerung hervor.
Von der Stadt Augsburg heißt es, alle Personen würden im Rahmen der Vorgaben der Impfverordnung des Bundes geimpft. Das sei auch in diesem Fall geschehen, wobei es sich im konkreten Fall um „Schutzimpfungen mit erhöhter Priorität“gehandelt habe. Tatsächlich wurden Personen, die in der Justiz und Rechtspflege arbeiten, vom Bundesgesundheitsministerium auf der Prioritätenliste nach oben gestuft und stehen nun mit zum Beispiel den über 60-Jährigen oder Polizisten und Feuerwehrleuten in der Stufe „erhöhte Priorität“. Zum derzeitigen Zeitpunkt kann die Stadt nach eigener Aussage aber noch keine Angabe über die Zahl der geimpften Personen und deren Priorisierung machen.
Aus dem Impfzentrum heißt es, Anfang der Woche sei eine Anwaltskanzlei von einem mobilen Team geimpft worden. Die Kanzlei sei auf Nachfrage vom Gesundheitsamt ausgewählt worden, nachdem sich zu wenig bettlägerige Personen gemeldet und die Impfteams deshalb noch Kapazitäten frei hatten.
Um die Impfungen weiter voranzutreiben, habe man in Absprache mit dem Gesundheitsamt daraufhin unter anderem auch Mitarbeiter des Ordnungsamtes mobil geimpft. Die Anwaltskanzlei sei als systemrelevant auf die Liste gekommen, weil sie bei der rechtlichen Bearbeitung von Corona-Fällen gerade riskante Klientenkontakte habe. Bei der
sei alles mit rechten Dingen zugegangen – alle Mitarbeiter hätten eidesstattliche Versicherungen abgegeben, dass sie für die Kanzlei arbeiten.
Die Impfaktion für Bettlägerige sei mittlerweile gut angelaufen, so die Informationen aus dem Impfzentrum. Nach einer Postkartenaktion und Informationen über die Presse habe man mittlerweile genügend Impfwillige erreicht, sodass die Teams für die kommende Woche ausgelastet seien, so der Zentrumsleiter.
Bei der fraglichen Kanzlei bestätigt man die Impfaktion durch das mobile Team. „Unsere Betriebsärztin hatte sich beim Gesundheitsamt gemeldet, weil sie das Team entsprechend der Priorisierung impfen und sich dazu mit dem Gesundheitsamt abstimmen wollte“, sagt eine Gesellschafterin. Man habe eine Bescheinigung des Gesundheitsministeriums, die Anwälte und Steuerberater als systemrelevant einstuft. Die Kanzlei sei unter anderem mit den Förderanträgen für CoronaÜberbrückungshilfen befasst und habe deshalb viele Kundenkontakte. „Wir wollten uns nicht vordrängeln, sondern nur fragen, wann wir mit einer Impfung rechnen können“, so die Gesellschafterin.
Nachdem man zunächst nichts vom Gesundheitsamt gehört habe, kam am Montag ein Anruf, dass am Dienstag das mobile Impfteam in die Kanzleiräume kommen könnte. „Wir haben dann in aller Eile organisiert, dass alle interessierten MitImpfung arbeiter zu dem Termin kommen“, heißt es. Insgesamt wurden 48 Mitarbeiter immunisiert.
Vielen Bürgern stößt auf, dass eine geplante gemeinsame Impfaktion für Lehrer und Kita-Personal von der Stadt in letzter Minute abgesagt wurde. Stattdessen sollen sich die Pädagogen jetzt regulär über das bayerische Impfportal anmelden. Wie das Umweltreferat mitteilt, sind alle Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher aufgerufen, sich über BayImco in das Impfregister einzutragen. „600 in BayImco registrierte Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher mit Wohnort in Augsburg wurden für eine Impfung eingeladen“, heißt es von der Stadt.
Hintergrund für die Absage ist wohl ein Problem mit dem Wohnort der Impfwilligen. Die Stadt Augsburg darf rechtlich nur Einwohner der Stadt impfen. Bisher hatte man im Impfzentrum bei Gruppenimpfungen pragmatisch einzelne Bewohner der Landkreise mit geimpft. Diese Praxis sei von der Stadt mit Verweis auf die Rechtslage unterbunden worden, hört man im Impfzentrum.
Dadurch würden Gruppentermine faktisch unmöglich, sobald ein Mitarbeiter aus dem Umland und nicht aus der Stadt kommt. Die Stadt sagt auf Anfrage: „Bürgerinnen und Bürger, die nicht in Augsburg wohnen, aber hier etwa an Schulen unterrichten, können nicht über das Impfzentrum der Stadt geimpft werden – eine Vorgabe der Bayerischen Staatsregierung.“