Augsburger Allgemeine (Land West)
Was schürt den Judenhass?
Ein Friedensgespräch über Antisemitismus
Auch wenn in Deutschland die Religion nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, ist der religiös begründete Antijudaismus keineswegs verschwunden. Dabei steht Antisemitismus als Sammelbegriff für eine Weltanschauung, die in der Existenz der Juden und Jüdinnen die Ursache aller Probleme sieht – auch der ökonomischen und politischen. Mit Ursachen, Wirkungen und aktuellen Strategien zur Prävention von Antisemitismus beschäftigt sich das nächste Augsburger Friedensgespräch am Mittwoch, 24. März, um 19 Uhr im digitalen Format. Infos unter friedensstadt-augsburg.de.
Das Podium ist sehr prominent besetzt. Es sprechen die ehemalige Landesbischöfin Margot Käßmann, der Vorsitzende des Zentralrat der Juden in Deutschland, Josef Schuster, der Rabbiner und Augsburger Ehrenbürger Henry G. Brandt sowie der deutsch-israelische Psychologe und Autor Ahmad Mansour. Moderieren wird Shahrzad Eden Osterer vom Bayerischen Rundfunk.
Auf welchen Motiven basiert seit der frühen Kirche die Verachtung des Judentums in der christlichen Theologie? Welche religiösen Inhalte speisen den Antisemitismus im Islam? Das Augsburger Friedensgespräch will den Fragen nachgehen und erörtern, welchen Beitrag Christen und Muslime gegen Judenhass, Antijudaismus und Antisemitismus heute leisten können.
Rabbiner Henry Brandt spricht von einem „rätselhaften Phänomen, das sich weder einer Logik noch anderen gesellschaftlichen Wissenschaften eröffnet“. Antisemitismus habe sich über Jahrhunderte in vielen Mutationen erhalten. Ihn auszumerzen helfen weder Gesetz noch Gewalt, sanfter Sirenengesang noch dicke Folien der Forschung. Josef Schuster fordert: „Es gilt, diesen Judenhass zu thematisieren und ihm zu begegnen. Religionsgemeinschaften können einen wichtigen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben unserer Gesellschaft leisten.“
Margot Käßmann ist sich als Christin der historischen Verantwortung ihrer Glaubensgemeinschaft für Antijudaismus und Antisemitismus sehr bewusst. „Aber ich bin zutiefst überzeugt, dass der jüdisch-christliche Dialog ein Miteinander auf Augenhöhe, gegenseitigen Respekt, Interesse an der unterschiedlichen Sicht auf die Quellen unserer Religionen mit sich bringt.“
Ahmad Mansour verlangt: „Auch über muslimischen Antisemitismus muss deutlich gesprochen werden, ohne sich in Relativierungen, Verharmlosungen und Tabuisierungen zu verlieren. Denn auch diese Art von Antisemitismus kostet hier in Europa Menschenleben.“