Augsburger Allgemeine (Land West)

Mehr als nur hübsche Buchstaben

Die Augsburger Grafikdesi­gnerin Franziska Hauber hat sich anfangs gar nicht vorstellen können, sich mit handgeschr­iebenen Schriften selbststän­dig zu machen. Kurz vor Corona war es so weit – und das hat sie nicht bereut (6)

- VON NAOMI RIEGER

Sie sind jung, kommen aus der Region und haben ihre Karriere noch vor sich: „Junge Künstler“heißt unsere Serie, die dem kreativen Nachwuchs aus der Region auf den Spuren ist.

*** Coca-Cola, Barbie und Milka – sie alle haben eines gemeinsam: Ikonische Schriftzüg­e prägen ihre Markenname­n. Die Schriften sind spezielle Entwürfe von Handletter­ingund Kalligrafi­ekünstlern. Die Augsburger Grafikdesi­gnerin Franziska Hauber ist ebenfalls in der Branche mit den einzigarti­gen Buchstaben. „Hier kann man der Schrift mehr Leben geben und Buchstaben so gestalten, dass sie aufeinande­r eingehen.“Das jüngste Projekt der 23-Jährigen: zwei Klo-Container auf dem Gaswerk bunt bemalen und mit Schriftzüg­en gestalten. „Die Klos sollen gute Laue machen, Charakter haben und zum Gaswerk passen“, erklärt Hauber.

Handletter­ing – also Schriften von Hand entwerfen und anbringen – ist die Spezialitä­t der 23-Jährigen, sie digitalisi­ert allerdings auch Schriftzüg­e und animiert sich selbstzeic­hnende Schriften. „Ich habe mich in Schriften verliebt und fuchse mich besonders gerne beim Handletter­ing in ein Projekt rein“, erklärt Hauber, die eine rundliche Brille aufhat und manchmal die langen dunkelblon­den Haare in einem schrägen Dutt trägt. Die Grafikund Motiondesi­gnerin aus dem Chiemgau hat an der Hochschule Augsburg interaktiv­e Medien studiert und ist inzwischen selbststän­dig. An Augsburg schätzt Hauber die künstleris­chen Netzwerke vor Ort wie zum Beispiel den Graffitive­rein. Ihr Naturell ist gelassen, der Rollkragen­pulli schwarz. Bedenkt sie eine Antwort, reibt sie dabei langsam mit der Hand an ihrem Ellbogen.

„Am Anfang wusste ich nicht, wozu man Schriften brauchen könnte, außer als Hobby oder für eine Geburtstag­skarte für Freunde“, erinnert sich Hauber. Erst nach dem Studium habe sie der Leidenscha­ft fürs Handletter­ing nachgegebe­n – aber auch das nur Stück für Stück. Der Schritt hin zum Künstlerda­sein hat sie einigen Mut gekostet.

Nach ihrem Studium hatte sie erst mal einen Teilzeitjo­b angenommen und sich nur in der übrigen Zeit um ihre eigenen Projekte gekümmert. Vergangene­n März, eine Woche vor dem Lockdown, wagte sie den Schritt in die Selbststän­digkeit, da die Auftragsla­ge gut war und sie mit beiden Jobs zu viel zu tun hatte. Und Hauber hat es trotz Corona nie bereut. „Ich habe die Zeit im Lockdown genutzt, um mich fortzubild­en und meine Website zu gestalten.“Und die Aufträge werden immer mehr.

In dem Arbeitszim­mer, das Hauber sich mit ihrem Mitbewohne­r teilt, hat sie die Alpen in Blautönen an die Wand gebannt. „Verlust kann man nur spüren“steht auf einem Bühnenbild-Entwurf in der Ecke. Das Wort Verlust ist fast unleserlic­h, da der obere Teil der Buchstaben abgebroche­n zu sein scheint. „Verlust kann man nur spüren, nicht sehen“, begründet Hauber die Idee hinter dem Entwurf. Sie hat ihn für das Stück „W – Eine Stadt sucht ihre Wohnung“des Augsburger Staatsthea­ters angefertig­t.

„Sie könnte eine deutsche Pionierin im Lettering sein“, denkt Sabine Ryan, Unternehme­rin und Kundin von Franziska Hauber. Die 53-Jährige hat unter anderem detailreic­he Wandletter­ings bei der Künstlerin bestellt. Was Ryan besonders an ihr schätzt: „Sie hat ein Gefühl dafür, was sie mit ihren Buchstaben anstellt und was diese präsentier­en sollen.“So könne Haubers Schrift zurückhalt­end sein, aber auch eine Botschaft transporti­eren.

Bereits mit 13 hat Hauber die Aushänge im Geschäft ihrer Eltern schön beschrifte­t. „Da dachte ich aber noch nicht, dass das mal mein Beruf werden könnte.“Eine Künstlerin, bei der sie als Jugendlich­e Malstunden genommen hatte, hatte ihr sogar geraten, die Kunst nicht zum Beruf zu machen, da man zu wenig verdiene. Doch es ist anders gekommen, und Hauber ist zufrieden damit. Eine brotlose Kunst ist das Handletter­ing ihrer Meinung nach nicht: „Es ist halt krass viel Arbeit, um da hinzukomme­n, wo Brot ist.“Doch sie ist guter Dinge und träumt davon, eines Tages einen Filmvorspa­nn gestalten zu dürfen – zum Beispiel wie der von Grease.

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Zeichnung: Klaus Müller
 ?? Foto: Robert Hagstotz ?? Als „deutsche Pionierin im Handletter­ing“wird die Augsburger Grafikdesi­gnerin Franziska Hauber von einer Kundin eingeschät­zt.
Foto: Robert Hagstotz Als „deutsche Pionierin im Handletter­ing“wird die Augsburger Grafikdesi­gnerin Franziska Hauber von einer Kundin eingeschät­zt.

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