Augsburger Allgemeine (Land West)
Ärzte wollen Klarheit, „um nicht im Chaos zu versinken“
Ein Untermeitinger Hausarzt schreibt einen offenen Brief an den bayerischen Gesundheitsminister
Untermeitingen Bei vielen Hausärzten stehen die Telefone nicht mehr still: Patienten wollen wissen, wann sie zur Corona-Impfung kommen können. Anfang April sollen die niedergelassenen Ärzte flächendeckend mit Covid-19-Impfungen beginnen. Doch die haben noch ein Problem damit.
Ihnen fehlen bislang Vorgaben und Informationen rund um die Impfung. Entsprechend unkonkret bleibt die Auskunft, die die Mediziner derzeit an Patienten geben können. Das bemängelt Dr. Tobias Mollemeyer aus Untermeitingen in einem offenen Brief.
Er hat an den neuen bayerischen
Gesundheitsminister Klaus Holetschek, die Kassenärztliche Vereinigung und den Bayerischen Hausärzteverband geschrieben und schildert die Situation: Die Ärzte bekommen derzeit den Unmut vieler Patienten zu spüren. Der könnte wachsen, wenn die Hausärzte nicht schnell ins Boot geholt werden. Konkret heißt das: Dr. Mollemeyer und seine Kollegen wünschen zeitnah mehr Klarheit, um nicht „im Chaos zu versinken“.
Die Mediziner wollen wissen, wie viele Impfstoffe den einzelnen Praxen zugeteilt werden. Wichtig ist für sie auch die Information, ob sie die Hälfte der Impfungen für die Zweitimpfung zurückhalten sollen oder die gleiche Menge für die Zweitimpfung zugesichert bekommen. Auch die Dokumentation ist unklar. „Soll über die Kassen oder den Staat abgerechnet werden?“, fragt Mollemeyer.
Eine weitere organisatorische Frage beschäftigt die Hausärzte: Was ist eigentlich, wenn Patienten aus einem anderen Landkreis kommen? Die Großpraxis in Untermeitingen versorgt nicht nur Patienten aus dem Landkreis Augsburg, sondern auch aus dem oberbayerischen Landkreis Landsberg, der Stadt
Augsburg sowie dem Landkreis Unterallgäu. „Müssen wir landkreisfremde eigene Patienten wegschicken?“, fragt der Arzt. Mollemeyer wünscht sich außerdem eine klare Aussage zur Priorisierung. Sie müsse glasklar festgelegt sein, „da wir ansonsten statt zu impfen in stundenlange Diskussionen verwickelt werden“. Er rechnet damit, dass die Untermeitinger Großpraxis in der Woche 1000 Menschen impfen kann. Online soll es für die Praxis einen Terminkalender geben. Ältere Patienten, die weniger internetaffin sind, sollen über die freie Sprechstunde geimpft werden.
In der Untermeitinger Praxis wird gerade der Wartezimmerbereich um weitere 50 Quadratmeter erweitert – nicht zuletzt auch, um den zu erwartenden „Impfansturm“mit der notwendigen Verweilzeit von mindestens 15 Minuten nach dem Piks zu organisieren. Losgehen könne es erst, wenn die grundsätzlichen Fragen geklärt sind. Mollemeyer: „Sollte es keine klaren Antworten geben, werden Anfang April relativ sicher etwa 500 Patienten vor der Tür stehen und eine Impfung verlangen. Allein dies wird zu Corona-Zeiten möglicherweise zu einem Anstieg der Inzidenz führen.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und seine Fachkollegen aus den Ländern hatten sich am Mittwoch darauf verständigt, dass auch Hausärzte so schnell wie möglich impfen sollen.