Augsburger Allgemeine (Land West)
Olga Grjasnowa zum Leben in vielen Sprachen
Es ist ein Phänomen mit vielen Facetten: Mehrsprachigkeit. Bei einigen Menschen gilt sie als schick und elitär, bei anderen wiederum als Bildungsferne. Olga Grjasnowa, geboren in Aserbaidschan, aufgewachsen in Deutschland und Star-Autorin der hiesigen postmigrantischen Literatur, widmet sich dem scheinheiligen Umgang mit Mehrsprachigkeit in der deutschen Gesellschaft. Sie schreibt: „Mehrsprachigkeit ist weder ein Privileg noch ein Problem.“Anstatt diese gerade bei Kindern zu fördern, werde sie oft als Risiko für den Bildungserfolg und die frühkindliche Erziehung stigmatisiert. Dabei sei Einsprachigkeit, das Aufwachsen mit nur einer Sprache, bei 7000 Sprachen und 195 Staaten eine Seltenheit – die sich jedoch bei einer mächtigen Minderheit befinde.
Grjasnowa spricht viel aus eigener Erfahrung und beschreibt in lebhaften Anekdoten, wie sie zwischen ihren Sprachen wechselt: Englisch mit ihrem Mann, Russisch mit ihren Kindern und Deutsch als Sprache ihrer Texte. Jede habe ihre Eigenheiten, Vorteile, Nachteile. Die 36-Jährige beleuchtet die Schönheit von Wortspielen, das eigentümliche Konzept der Muttersprache und den Mangel an Möglichkeiten multilingualer Bildung. Sie schreibt: „Bildung ist keine Ware, auch wenn sich mit ihr ein Vermögen umsetzen lässt.“In „Die Macht der Mehrsprachigkeit“zeichnet Grjasnowa ein faszinierendes Bild der Sprachenwelt und findet klare Worte für ihre noch ungenutzten Möglichkeiten. Anna Katharina Schmid