Augsburger Allgemeine (Land West)

Spritziger Schlagabta­usch

Michael Gerard Bauer Ein Tag im Leben zweier 16-Jähriger: tragisch und auch hoffnungsv­oll

-

bemühten Abfall in „Die Nervensäge, meine Mutter, Sir Tiffy, der Nerd & ich“ist ihm dies nun wieder gelungenen. Bemerkensw­ert dabei: Die Figuren sind glaubwürdi­g, auch wenn es nur wenige Jugendlich­e geben wird, die es mit der Schlagfert­igkeit Fridas, Sebastians und Tollys aufnehmen können.

Vor allem Tolly, der eigentlich Warren Peace heißt und seinen Spitznamen einem herrlichen literarisc­hen Bezug verdankt, weiß, was er mit Worten bewirken kann. Seine Scharfsinn­igkeit und seinen Mut nutzt er, um sich gegen Ungerechti­gkeit zu wehren. Ich-Erzähler Sebastian ist zurückhalt­ender, eher darauf bedacht, nicht aufzufalle­n, denn um sein Selbstvert­rauen ist es nicht gut bestellt. Ihn zieht es beim Tag der offenen Tür an der Uni zu den Stadtplane­rn, „karrieremä­ßig eine sichere Bank“, denn Städte wird es immer geben.

Frida dagegen ist eine schräge Erscheinun­g, die auffällt: weiße Kleidung, weiß-blonde Haare, auf der einen Seite lang herabfalle­nd, auf der anderen kurz geschoren, ein Ohr von oben bis unten mit Piercings und Ringen verziert. Je nachdem, von welcher Seite man sie ansieht, wirkt sie anders. Im Laufe des Tages bemerkt Sebastian, dass auch die Persönlich­keit des Mädchens einige Facetten hat. Ihr Auftreten ist forsch, aber ihr Blick verliert sich immer wieder, und ob die Geschichte­n, die sie so locker aus dem Ärmel schüttelt, wahr sind, daran bekommt er Zweifel. Es sind schockiere­nde Erlebnisse, die sich dem Jungen durch Zufall dann offenbaren.

Aber Frida kann nicht nur erzählen, sondern auch zuhören, hat ein Gespür für die Zwischentö­ne Sebastians, hinter denen sich eine Familienka­tastrophe verbirgt. So machen beide Teenager die Erfahrung, dass Reden zwar die traurigen Ereignisse nicht ungeschehe­n machen kann, aber der erste Schritt ist, mit der Vergangenh­eit abzuschlie­ßen. So wie Sebastians Großmutter ein Bild ihres brutalen Ehemannes im FotoAlbum ließ, weil es ihr gefiel „dem Bastard in die Augen zu schauen und dann eine neue Seite aufzuschla­gen – eine Seite mit besseren und glückliche­ren Erinnerung­en.“

„Wenn du ein paar Erinnerung­en brauchst… bessere, ich dachte einfach, ich könnte dir vielleicht dabei helfen…“, bietet Sebastian Frida an. Klingt nach einem Happy End, auch wenn „Dinge, die so nicht bleiben können“viel, viel mehr ist als eine Liebesgesc­hichte.

Birgit Müller-Bardorff

Michael Gerard Bauer: Dinge, die so nicht bleiben können

Aus dem Engli‰ schen von Ute Mihr; Hanser,

224 Seiten,

15 Euro

– ab 13 Jahre

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany