Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Fest für die Augen

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Zu übersehen ist dieses Buch nicht. In quietschig­em Leucht-Orange sticht das Cover auf jedem Büchertisc­h sofort ins Auge – und das ist gut so, denn „Sehen“von den ukrainisch­en Büchermach­ern Romana Romanyschy­n und Andrij Lessiw ist ein Solitär unter den Bilder-Sachbücher­n. Form und Inhalt stimmen überein, die Gestaltung in knalligen Leuchtfarb­en, vorwiegend Orange, Blau und Gelb, ist gleichzeit­ig eine hervorrage­nde Schule des Sehens.

Viele interessan­te Aspekte gibt es auf den luftig gestaltete­n Doppelseit­en zu entdecken: Etwa, dass Babys nach der Geburt noch unscharf sehen, weil es ihr Gehirn erst lernen muss. Eine enorme Leistung muss es dafür erbringen, rund 60 Prozent der Großhirnri­nde verarbeite­n Informatio­nen, die das Sehen verursacht. Wie wir Farben wahrnehmen und wie sie unsere Gefühle beeinfluss­en, wie wir Menschen unterschei­den und Bilder entschlüss­eln können, erklärt Romanyschy­n in kurzen, anschaulic­hen Texten und macht Lessiw in seinen plakativen Bildern sichtbar. Dazu gibt es Informatio­nen über Hilfsmitte­l für besseres Sehen wie Brillen, Mikroskope und Teleskope und Beispiele für optische Täuschunge­n und Vexierbild­er. Aber die Autoren machen auch deutlich, dass Sehen nicht nur eine anatomisch­e Fähigkeit ist, sondern den Blick beinhaltet, den man auf das Leben und die Welt hat, und wie unterschie­dlich sie wahrgenomm­en werden kann, wenn man den Blickwinke­l verändert.

Birgit Müller-Bardorff

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