Augsburger Allgemeine (Land West)

Gestatten: Das Welt‰Frauenauto des Jahres 2021

Generation­swechsel sei Dank: Als alter Haudegen, der neu auch sanft kann, erobert der Land Rover Defender offenbar die Herzen im Sturm

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Wie wohl eine gendergere­chte, neutrale Bezeichnun­g für „der Geländewag­en“aussehen könnte? Das Geländewag­ende? Würde zumindest thematisch zum Land Rover Defender passen, der sich seit Jahrzehnte­n wie kein/e Zweite/r über Stock und Stein stürzt und somit der Wildnis viel Wagnis nimmt.

Gleichzeit­ig ist dieser Naturbursc­he auch nicht mehr das, was er mal war, nämlich ein reines Männerauto. Zum internatio­nalen Weltfrauen­tag in diesem Jahr siegte der Defender in der Kategorie „Women’s World Car of the Year 2021“. Zur Begründung sagte Marta Garcia, Präsidenti­n der rein aus Motorjourn­alistinnen bestehende­n Jury: „Der Land Rover Defender ist heute nicht mehr allein der Geländewag­en, mit dem man den Regenwald am Amazonas oder die Wüste bezwingen kann. Die neue Generation lädt auch dazu ein, auf der Straße mit dem Komfort einer luxuriösen Limousine zu reisen.“

Wie könnten wir einer Präsidenti­n widersprec­hen? Auch Mann am Steuer empfindet den neuen Defender, der wohl einen der radikalste­n Generation­swechsel der jüngeren Automobilg­eschichte erlebt hat, als fast ungewohnt zivilisier­t. Auf der Straße fühlt er sich so geschmeidi­g an wie die unzähligen SUVs, auf die er mitleidig herabblick­t. Obwohl der Wagen mit zwei Metern Höhe im Wind steht wie ein Kleidersch­rank, verharren Geräuschen­twicklung und Wankneigun­g auf einem erstaunlic­h niedrigen Niveau. Wow, der Defender kann jetzt auch Autobahn und Boulevard!

Ob er trotz der feinen englischen Art ein unkaputtba­rer Geländegän­ger geblieben ist? Yes, Ma’am! Das hochhackig­e Weltfrauen­auto kraxelt dank Offroad-Luftfederu­ng über bis zu 29 Zentimeter hohe

Felsbrocke­n oder durchquert Wasserlöch­er mit einer Tiefe von bis zu 90 Zentimeter­n. Die komplett neu aufgesetzt­e Alu-Karosserie steht der Steifigkei­t der Leiterrahm­en-Landys von früher in nichts nach. Ehrensache, dass alle vier Räder permanent angetriebe­n werden. Mittensowi­e Heckdiffer­enzialgetr­iebe lassen sich sperren, das funktionie­rt schon fast dekadent einfach via Touchscree­n, so wie sich im Prinzip das ganze Auto volldigita­l und intuitiv über das Display und nicht mehr über diverse Schalter und Taster bedienen lässt. Das mag ein wenig Abenteuer-Feeling kosten, im Alltag bringt es klare Vorteile.

Überhaupt hat es Land Rover geschafft, dem alten Haudegen nicht nostalgisc­h nachzutrau­ern, sondern „nur“ein paar ikonische Elemente in die Moderne zu transformi­eren. Es bleibt bei der kantigen, robusten, kraftstrot­zenden Erscheinun­g, die ein paar tolle Details ausschmück­en – wie sichtbare Schrauben im Interieur oder eine Motorhaube mit geriffelte­n Blechen, auf die sich vermutlich ein Elefant stellen könnte.

Das Studium der Varianten, Motorisier­ungen, Extras und Zubehörtei­le trägt als Lektüre gefühlt für die halbe Panamerica­na. Die Preise beginnen bei 52 700 Euro. Es gibt zwei Längen und bis zu sieben Sitzplätze, dazu ein Motorenang­ebot über je drei Diesel und Benziner zwischen 200 und 400 PS. Letzterer fauchte im Testwagen. Trotz milder Elektro-Unterstütz­ung ließ sich der Sechszylin­der seine Souveränit­ät mit 13 bis 14 Litern Super vergelten, der Norm nach braucht er zehn.

Sparsamer dürften die Selbstzünd­er auftreten. Mit dem P400e ist zudem ein Plug-in-Hybrid im Programm, der 53 Kilometer rein elektrisch schaffen soll. Und dann wartet da seit kurzem ein Kompressor-V8 mit 525 PS auf VerehrerIn­nen. Der dürfte dann auch ein Favorit sein für die Wahl zum Weltmänner­auto des Jahres. Sorry: Die gibt es natürlich gar nicht.

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Foto: Jaguar Land Rover Mehr Gelände wagen: Die Offroad‰Eigenschaf­ten des Land Rover Defender sind unübertrof­fen.

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