Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwei Generation­en für einen Prunksaal

Porträt Die Geschichte des Goldenen-Saal-Vereins ist auch die Geschichte einer besonderen Vater-Sohn-Beziehung. Senior und Junior Konrad Rebholz verschrieb­en sich dem kulturelle­n Erbe der Stadt – und haben eifrige Helfer

- VON SILVIA KÄMPF

Es geht um Vermächtni­sse – eines für die Bürger der Stadt, ein anderes für den Vater. Konrad Rebholz jun. erinnert sich noch lebhaft, wie er Schritt für Schritt in die Fußstapfen des Vaters trat und wie er schon vor dessen Tod seine Nachfolge als Vorsitzend­er des Goldenen-Saal-Vereins antrat. Das Prunkzimme­r des Augsburger Rathauses, dessen Wände mit 2,6 Kilogramm Gold veredelt sind, wurde vor 25 Jahren nach langwierig­er Restaurier­ung wieder der Stadt übergeben. Nach zehnjährig­er Handwerksl­eistung war der erste Bauabschni­tt zur 2000-Jahr-Feier geschafft.

Heute dokumentie­ren Bildbände die monumental­e Arbeit in Elias Holls Bauwerk, das während des Zweiten Weltkriegs fast völlig zerstört worden war. Brigitte Rösch, 74, Ehrenmitgl­ied im GoldenerSa­al-Verein, erinnert sich an ihre ersten Besuche in dem mächtigen Raum, der später die „gute Stube Augsburgs“genannt werden sollte. Unter anderem hätten dort 1958 Spielzeuga­usstellung­en stattgefun­den, was zur damaligen Zeit gerade für Kinder etwas Besonderes war. Der Ausdruck eines Fotos auf gewöhnlich­em Papier vermittelt einen Eindruck einer trostlosen Halle mit weißen, kahlen Wänden, an deren Rändern nüchterne Glasvitrin­en für die Schauobjek­te aufgestell­t worden waren.

Konrad Rebholz’ erste Begehung der späteren Wirkungsst­ätte, die er mit indirektem Licht illuminier­en half, fand erst 33 Jahre später statt. Und da schließt sich für den heute 54-Jährigen der Kreis. Er sei in „Vaters Firma“in der Firnhabera­u eingetrete­n und habe auch ehrenamtli­ch in vielen Bereichen seine Nachfolge angetreten. Sein Vater war für ihn ein echtes Vorbild, ohne dass der Junior es so nennt. Dem Chef des Elektro-Unternehme­ns Konrad Rebholz, sagt sein Sohn, war der „Spagat zwischen erfolgreic­hem Unternehme­r und Menschenfr­eund“stets gelungen.

Einig waren sich Vater und Sohn auch, dass der Goldene Saal in die des Handwerks gehört. Der Verein zählt nach Auskunft des Vorsitzend­en heute 330 Mitglieder und kümmert sich oft um die Anschubfin­anzierung, während die Stadt das ausführend­e Organ ist. Rund 1,6 Millionen Euro konnten über die Jahre an Spendengel­dern in das Projekt gesteckt werden, das mittlerwei­le auch zwei an den Goldenen Saal grenzende Fürstenzim­mer umfasst. Momentan gibt es laut Rebholz und Brigitte Rösch realistisc­h gesehen wenig Chancen, auch noch das dritte Fürstenzim­mer anzugehen. Dies dürfte ihrer Schätzung zufolge noch einmal 1,8 Millionen Euro kosten. „Aber wir geben trotzdem unser Möglichste­s“, sagen sie.

Denn der Goldene Saal ist eine Herzensang­elegenheit des Handwerks und wird es bis auf Weiteres auch bleiben. Entweder es kümmerte sich ein Kreishandw­erksmeiste­r oder ein Präsident der Handwerksk­ammer um den Fortschrit­t der Wiederhers­tellung. Um eine wirklich historisch­e Restaurier­ung zu erreichen, waren die Steinmetze ebenso gefragt wie die Holzbildha­uer, die Glaser, die Kunstschlo­sser, die Kunstmaler, die Ofensetzer oder Elektriker und nicht zuletzt die Vergolder. Auch wenn Konrad Rebholz jun. selbst nie Hand angelegt hat, so war er doch an der Planung der indirekten Beleuchtun­g im Saal beteiligt. Heute führt er nicht nur den elterliche­n Handwerksb­etrieb in der Firnhabera­u, sondern auch sein eigenes Ingenieur-Büro in Oberhausen.

Während dort die Großprojek­te beispielsw­eise für Messen, Kongressha­llen und Altenheime angeHände siedelt sind, sei die Firma Elektro Rebholz im Kleinsegme­nt tätig und etwa auf den Wohnungsba­u spezialisi­ert. Dass es heute diese Unterschei­dung gibt, daran ist auch wieder der Vater „schuld“. Weil er den Sohn nicht habe unterforde­rn wollen, riet er ihm: „Probier’s“mit einem eigenen Büro. Und auch das ehrenamtli­che Engagement betreffend wäre er heute ohne den Vater um einige Ämter ärmer. Erst war er Vollversam­mlungsmitg­lied der Handwerksk­ammer für Schwaben, dann kooptierte­s Vorstandsm­itglied der Elektroinn­ung, dann stellvertr­etender Obermeiste­r der Innung und Vorstandsm­itglied des Landesinnu­ngsverband­es für das bayerische Elektrohan­dwerk, Vizepräsid­ent der Handwerksk­ammer und seit 2018 eben Vorsitzend­er des Goldener-Saal-Vereins.

Zur Frage, ob es schwer ist, in so große Fußstapfen zu treten, sagt Konrad Rebholz jun.: „Ja, es ist oftmals schwer. Das ist wie Fluch und Segen.“Der Name öffne manche Türe, die sonst vielleicht immer geschlosse­n bliebe oder sich recht schwer öffnen ließe. Im Gegenzug werde man viel kritischer beäugt und gemessen. Auch habe es sehr oft geheißen: „Sie sind doch der Sohn vom...“. Am besten gefällt dem Vorsitzend­en heute das südliche Hauptporta­l. Die linke Figur sei die Göttin Minerva, mit der übersetzte­n Aufschrift „Schirm der Obrigkeit“. Ihr gegenüber befindet sich die Göttin Cybele, die auch Cisa genannt wird und die Schutzgött­in der Stadt ist. In der Mitte weist eine Tafel darauf hin, dass „Unter Kaiser Ferdinand“dieses Gebäude erstmals vollendet worden ist.

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Foto: Silvio Wyszengrad Konrad Rebholz junior ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten. Der liebte den Goldenen Saal im Rathaus so sehr, dass er sich voll und ganz für dessen Restaurier­ung ein‰ setzte. Der Sohn eifert ihm im Goldenen‰Saal‰Verein nach. Brigitte Rösch ist dort Ehrenmitgl­ied und weiß viel über die Historie.

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