Augsburger Allgemeine (Land West)
Büroimmobilien sind trotz Corona gefragt
Stadtentwicklung In Augsburg entstehen einige hochmoderne Gebäude. Entgegen erster Skepsis sind sie sehr beliebt. Das Beispiel eines Unternehmens zeigt warum. Auch Faktoren wie ein hoher Freizeitwert der Stadt spielen eine Rolle
Christian Cramer ist Chef von Systemhaus Cramer in Hamm und möchte demnächst einen Standort in Augsburg eröffnen. Die Stadt hat sich gegen 25 andere Standorte durchgesetzt, die das Unternehmen für sein Vorhaben geprüft hat. Unter anderem, weil man hier Potenzial für das eigene Geschäftsmodell sehe, die positive Entwicklung der Stadt überzeugt habe und man glaubt, hier die passenden Fachkräfte zu finden.
Wie viele Mitarbeiter das Systemhaus Cramer bald beschäftigen wird, ist dabei noch offen. Um die 20 bis 30 werden als erste Losgröße genannt. Für sie braucht der Firmenchef dann auch ein passendes Büro. Klassische Mietobjekte seien für ein Unternehmen im Aufbau aber schwierig sagt der Firmenchef. „Wenn ich noch nicht genau weiß, wie viele Mitarbeiter ich einmal haben will und wie schnell sich das Unternehmen konkret entwickeln wird, brauche ich eine Fläche, die ich flexibel nutzen und gegebenenfalls schnell an die Mitarbeiterzahl anpassen kann.“
Dazu seien für ihn eine gute Erreichbarkeit, die Nähe zu Grün für die Mittagspause und kurze Mietlaufzeiten wichtige Faktoren. Weil es sich beim Systemhaus Cramer um ein Unternehmen aus der IT-Branche handelt, sei auch ein guter Internetanschluss unverzichtbar. Der Mietpreis spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle. „Wir sind in unserer Branche zum Glück in der Lage, dass wir hier nicht auf jeden Euro achten müssen“, gibt er offen zu.
Ein konkretes Objekt hat Cramer in Augsburg zwar noch nicht im Blick, doch das Beispiel des Systemhauses zeigt, dass moderne und vor allem flexible Büroflächen immer häufiger gefragt sind – auch in Zeiten, in denen sich das Homeoffice als Alternative zum starren Büro-Arbeitsplatz etabliert hat, und vor allem weil das Thema Work-Life-Balance an Bedeutung gewinnt.
Dass immer mehr Unternehmen Wert auf die Ausstattung einer Büroimmobilie legen, um bei hochqualifizierten Mitarbeitern zu punkten und diese zu binden, ergab jüngst auch eine Analyse der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH zusammen mit fünf Augsburger Bauträgern, Projektentwicklern sowie der bulwiengesa AG. Die Stadt hat für diese Entwicklung bereits die richtigen Angebote, sagen die Branchenkenner. Das würden aktuelle Neubauprojekte, wie der Toni Park an der Rumplerstraße, Weitblick 1.7 auf dem Areal des Innovationsparks oder der Sheridan-Tower in Pfersee zeigen, wo hohe Gebäudestandards gelten, aber auch Bürokonzepte der Zukunft umgesetzt werden. Weitere Büroimmobilien dieser Art sind in Planung oder Bau, wie der „Innovationsbogen“auf dem Gelände des Innovationsparks, den die Walter Beteiligungen und Immobilien AG realisieren wird oder der Sheridan Campus in Pfersee (Eco Office GmbH & Co. KG).
Dabei gab es lange kritische Stimmen, ob Augsburg der richtige Standort für Gewerbeimmobilien dieses Niveaus sei. „Lange dachte man, für solche Immobilien würde man in Augsburger keine Firmen als Mieter finden. Jetzt haben wir den
Spieß aber umgedreht und mal geschaut, was passiert, wenn die Immobilien einfach vorhanden sind“, sagt Stephan Deurer, Geschäftsführer der ECO Office GmbH & Co. KG. Das Ergebnis: Dieses Angebot generiert Nachfrage, vor allem auch von Unternehmen und Investoren außerhalb der Region. „Viele dieser Objekte sind bereits vor Fertigstellung so gut wie voll vermietet“, merkte Andreas Lesser, geschäftsführender Gesellschafter der Toni Immobilien Dr. Krafft KG unlängst bei einem Marktgespräch an.
Dabei profitierten die Anbieter der Flächen von weiteren positiven Entwicklungen in der Stadt, so die Experten. Zu diesen Faktoren zählt die Regio Augsburg Wirtschaft GmbH unter anderem einen hohen Freizeitwert, niedrigere Lebenshaltungskosten und Mieten wie beispielsweise in München sowie die steigende Zahl der Ansiedlung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Zukunftsbranchen. Auch die Digitalisierung und das Thema Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf leisteten ihren Beitrag: Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Büroflächen in Augsburg an, um das Pendeln nach München zu vermeiden.
Über einen Mix an Faktoren, der auch bestehende und weniger moderne Gewerbeimmobilien attraktiv halte und manche ihrer Besitzer zu Modernisierungsmaßnahmen animiere, freuen sich die Branchenvertreter und Makler. Augsburg sei für alle Bedarfe gut aufgestellt und könnte in vielen Segmenten auch kurzfristig Flächen zur Verfügung stellen. Die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien sei demnach während der Corona-Krise zwar kurzzeitig etwas zögerlich, jedoch unverändert hoch, so ihr Fazit. Augsburg sei eine der wenigen Städte, die auch im Pandemiejahr 2020 Leerstand im Büroflächenmarkt reduzieren und so der nach wie vor steigenden Zahl an Büroarbeitsplätzen Rechnung tragen konnte.