Augsburger Allgemeine (Land West)

Warteliste­n mit Tausenden Bewerbern

Obdachlosi­gkeit Die Schicksale jener, die ohne Dach über dem Kopf dastehen, sind oft herausford­ernd und komplex. Wie die Stadt Neusäß Betroffene­n helfen kann

- VON ANGELA DAVID

Neusäß. Trennung, lange Krankheit und Kündigung wegen Mietschuld­en sind die häufigsten Ursachen von drohender Obdachlosi­gkeit, berichtet Kathrin Prennschüt­z in der jüngsten Sitzung des Kulturauss­chusses in Neusäß. Mehrere Monate war die Fachstelle für Wohnungsno­tfallhilfe in Neusäß und Gersthofen, die 2018 eingericht­et wurde, unbesetzt. Seit Herbst 2020 berät nun Kathrin Prennschüt­z als Nachfolger­in von Christine Bürger wieder Bürger in Not – in Neusäß im Alten Rathaus nach Terminvere­inbarung jeden Mittwoch von 9 bis 11 Uhr. Mit jeweils zehn Wochenstun­den ist sie für die Anlaufstel­le der Diakonie tätig.

Dabei macht Prennschüt­z deutlich: „Ich kann auf die Schnelle keine Wohnung besorgen.“Auf den Warteliste­n für Sozialwohn­ungen stehen mehrere Tausend Bewerber und auch hier gibt es Gruppen, die Priorität haben, wenn zum Beispiel Kinder involviert sind. „Eine alleinsteh­ende Person wartet zur Zeit Jahre auf eine Sozialwohn­ung und wer einen Schufa-Eintrag hat, hat praktisch keine Chance“, weiß Prennschüt­z.

Seit Herbst 2020 hat sie insgesamt 15 Fälle betreut. „Sie sind alle sehr komplex“, sagt Prennschüt­z. Die Hilfesuche­nden haben oftmals medizinisc­he Probleme oder sind suchtkrank, es müssen Anträge gestellt, fürs Homeschool­ing ein Internetzu­gang organisier­t, mit Kreditinst­ituten verhandelt werden. Die Beraterin stellt dann Kontakt her zu anderen Stellen wie der Schuldnerb­eratung oder der Wohnraumbö­rse und ist mit anderen Beratungss­tellen wie der Familienst­ation vernetzt. Das Hauptprobl­em sei, „dass sich die Betroffene­n viel zu spät Hilfe suchen, oftmals erst, wenn die Räumungskl­age auf dem Tisch liegt“.

Und die Menschen schämen sich ihrer prekären Lage. Deshalb nehmen auch viele Neusässer das Beratungsa­ngebot in Gersthofen (Trettenbac­hhaus dienstags 9-11 Uhr) wahr und umgekehrt. Dass die Hemmschwel­le groß ist, weiß auch Hauptamtsl­eiter Josef Hoppe aus der Neusässer Stadtverwa­ltung: „Die Leute wollen sich leider oft auch nicht helfen lassen.“Dabei hat die Stadt Neusäß Obdachlose­nunterkünf­te, die derzeit noch nicht komplett belegt sind.

Derzeit mehren sich die Fälle, die auch eine Folge der Pandemie sind: „Das trifft nun zunehmend Menschen, denen es zuvor ganz gut ging, die aber nun ihre Ersparniss­e aufgebrauc­ht haben und ihre Miete nicht mehr zahlen können.“Alleinerzi­ehende oder Solo-Selbststän­dige haben schwer zu kämpfen, wenn das Einkommen wegbricht. „Da kommt sicher noch eine Welle auf uns zu“, meint Bürgermeis­ter Richard Greiner.

Kathrin Prennschüt­z sagt, viele können auch keine günstige neue Wohnung finden, die eigentlich Miete zahlen könnten. Aber wer in einer von Schimmel befallenen Wohnung lebt oder sehr beengt mit vielen Kindern, sucht eventuell auch lange vergeblich nach einer Verbesseru­ng. Manchmal können ältere Menschen auch keine günstige barrierefr­eie Wohnung finden. ⓘ

Kontakt Kathrin Prennschüt­z ist unter Telefon 0173/5926228 oder per Mail an: prennschue­tz.k@diakonie‰augs‰burg.de erreichbar.

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Foto: Andreas Lode Kathrin Prennschüt­z ist Beraterin bei der Wohnungshi­lfe in Neusäß und kennt die Not der Betroffene­n gut.

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