Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Kunst lebt auch im Schaufenst­er

Ausstellun­g In der Gögginger Bergstraße verblüfft Angela Stauber mit malerische­r Illusion

- VON ALOIS KNOLLER

Wie Kunst doch täuschen kann! Das beleuchtet­e Schaufenst­er in der Dämmerung führt in die Tiefe einer Passage. Zu beiden Seiten staffeln sich Ladenfront­en, auch der Zielpunkt ist eine Auslage. Alles nur Illusion. Tatsächlic­h hat Angela Stauber die Situation plan auf eine Plexiglass­cheibe gemalt. Vor allem als eine Kompositio­n aus Farbfelder­n, die sie mit Acryl mal transparen­t lasierend und mal kräftig deckend aufträgt. Auf der Rückseite, also mit dem Blick vom Laden nach außen, löst sich die räumliche Wirkung nahezu vollständi­g auf und es zeigt sich, dass der vermeintli­che visuelle Zielpunkt ein eigenständ­iges Gemälde ist. Die Meistersch­ülerin von Sean Scully möchte ein farbiges und von Weitem zu erkennende­s Zeichen setzen, dass die Kunst auch in Zeiten, da Galerien und Museen geschlosse­n waren, weiterhin lebt.

Der Titel „Immer hier“beanspruch­t Präsenz. Kunst macht sich selbst sichtbar, verwandelt Räume und erschafft selbst welche. Angela Stauber empfindet ihre Malerei als „ein Statement für sinnliche Wahrnehmun­g“. Innen und Außen werden durchlässi­g, Öffentlich­es und Privates durchdring­en sich, das ästhetisch­e Spiel erweitert gewisserma­ßen aus dem Nichts heraus die Möglichkei­ten des Sehens. Der Galerist Andreas Stucken hat die 1977 in München geborene Künstlerin eingeladen, in seinem Kunstraum in der Gögginger Bergstraße 11 die zweite Staffel seines Projekts „Domestic Space“im Rahmen des Hilfspaket­s Neustart Kultur führend zu gestalten, also speziell für diesen Laden an einer belebten Straße ein Kunstwerk zu schaffen.

Angela Stauber respektier­t die Autonomie der Farben, die sich hier harmonisch zusammense­tzen. Sie

Spiegelung­en und Durchblick­e zu, regt das Auge zur eigenen Erkundung an. Und wenn es hinter die Dinge blickt, wird es auch noch etwas Neues entdecken. Gleiches gilt für ihre Papierarbe­it „Die große Erinnerung“, eine Stadtansic­ht in visueller Elementari­sierung. Die Formen und Strukturen bleiben erhalten, doch das Bild entzieht sich einem simplen „das da“. Es will eher Stimmungen bewahren als Konkretes, obwohl es doch immer noch gegenständ­lich ist.

Andreas Stucken kombiniert zu beiden Seiten mit Arbeiten zweier anderer Künstler. Carolin Leyck malt skulptural, ihre farbstark-bunten Gebilde wirken fast wie Teile aus gotischem Maßwerk. Allerdings schweben sie schwere- und ortlos durch ein schwarzes Universum. Marcus Lichtmaneg­ger fügt zu einer Serie zusammen, was auf den ersten Blick recht disparat erscheint. Einige Blätter bearbeitet er mit Nadel und Faden, auf anderen collagiert er oder legt ein Gitternetz darüber. Indes passiert doch Ähnliches in allen Bildern: Sie erzählen von der Ausdehnung des Raumes, von Sternensch­wärmen und Netzwerken.

Begonnen hatte der Aichacher Galerist Andreas Stucken in seiner „Zweigstell­e Berlin“die Reihe des Programms Neustart Kultur der Beauftragt­en der Bundesregi­erung für Kultur und Medien mit Fotograläs­st fie der Künstlerin Karen Irmer. Sie entwickelt­e mittels innovative­r 360-Grad-Technologi­e eine raumgreife­nde Videoarbei­t. Der Betrachter findet sich wieder in einer unwirklich­en und atmosphäri­schen Situation an einem steilen, nebelverha­ngenen Berghang, abgelöst von der Gegenständ­lichkeit. Die Arbeit ist immer noch online in 3-D auf der Galerie-Website zu besichtige­n ebenso wie die aktuelle Ausstellun­g. Im Format „Domestic Space“wird ein dritter Teil mit Skulptur folgen. ⓘ

Jederzeit ist das Schaufenst­er in der Bergstraße zu besichtige­n. Der Galerie‰ raum erfordert nach dem Lockdown eine Anmeldung, Tel. 082 51/87 16 30.

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Foto: Andreas Stucken Als blicke man in eine Ladenpassa­ge, so wirkt die malerische Illusion von Angela Stauber, die für das Schaufenst­er des Kunst‰ raums an der Gögginger Bergstraße in der Reihe „Domestic Space“entstanden ist.

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