Augsburger Allgemeine (Land West)
Studenten unterstützen Grundschüler mit Lernlücken
Bildung In der Grundschule vor dem Roten Tor ist ein neues Kooperationsprojekt angelaufen. Wie das funktioniert
Die Pandemie hat Lernlücken bei vielen Schülern hinterlassen. Ein neues Kooperationsprojekt zwischen der Grundschule vor dem Roten Tor und der Augsburger Hochschule soll sie schließen. Es werden vor allem Kinder unterstützt, die lange in Quarantäne waren. Nicht nur für sie soll sich das Projekt lohnen.
Seit Mitte März helfen zehn Studenten aus unterschiedlichen Fakultäten Kindern der Grundschule vor dem Roten Tor. Die Studenten sind einer Klasse fest zugeteilt. Sie betreuen gemeinsam mit der Lehrkraft ein Kind oder eine Kleingruppe. Professor und Mitinitiator des Projekts, Michael Krupp, erklärt, warum sich die Hochschule engagiert: „Defizite aus frühen Phasen des Bildungsweges sind später sehr schwer nachzuholen. Daher ist es uns ein großes Anliegen, Grundschulkinder zu unterstützen, damit sie weiterhin gute Startbedingungen haben.“
Laut Schulleiterin Daniela Flaschke geht es vor allem um Kinder mit besonderen individuellen Lernbedarfen. „Gerade Kinder, die lange Zeit in Quarantäne waren, brauchen ganz dringend Unterstützung.“Dies betreffe nicht nur Kinder aus der Gemeinschaftseinrichtung für Geflüchtete, die im Schulsprengel liegt. Flaschke sagt, „wir hatten auch einen Fall einer Familie, die war wochenlang in Quarantäne, weil sich einer nach dem anderen angesteckt hat“. Wenn einzelne Kinder so mehrere Wochen fehlen, der Lehrer aber gleichzeitig den Rest der Klasse vor Ort unterrichten muss, sei es natürlich umso schwieriger, sagt die Rektorin. Auch Kinder, deren Eltern schlecht Deutsch sprechen, würden durch das Projekt gefördert.
Deshalb seien die vier bis sechs Stunden Förderung pro Woche „eine tolle Sache“, findet Flaschke.
Bisher fanden diese in den Räumen der Grundschule statt, wobei es einen „Corona-Rahmenhygieneplan“gebe, so die Schulleiterin. „Wir müssen abwarten, ob wir es nach den Ferien weiterhin dürfen.“Zur Not könne man aber auch digital weitermachen.
Bei ihren studentischen Helfern spürt Flaschke eine große Begeisterung für das Projekt. So wie bei Kathleen Iserhienrhien, die an der Hochschule das Fach Interaktive Medien studiert. „Ich fand die Kooperationsidee toll, ich bin ja selber Leichtathletiktrainerin und kann gerade keine Kinder trainieren“, sagt die Studentin. Das Projekt habe sie überzeugt, weil es tatsächlich etwas bewirke. Iserhienrhien betreut eine Erstklässlerin. Sie hilft ihr überall dort, wo es Nachholbedarf gibt. „Ich mache mit ihr Hausaufgaben und lese ihr natürlich auch vor.“Bisher hat der Studentin das Projekt viel Freude bereitet, wie sie sagt, auch weil sie schon Fortschritte erkennen kann. „Meine Schülerin kann jetzt schon Buchstaben besser erkennen und das Rechnen klappt auch schneller“, sagt die 23-Jährige.
Von der Kooperation profitieren aber nicht nur die Schüler. Neben dem Erwerb von sozialen Kompetenzen wird die Tätigkeit von Iserhienrhien und ihren neun Mitstreitern auch durch eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft finanziell vergütet. Für Iserhienrhien eine Win-win-Situation. Schließlich hatte sich auch bei ihr die NebenjobSuche durch Corona erschwert. „Ich kann einerseits ein bisschen rauskommen und aktiv mit den Kindern was machen und mir andererseits auch etwas dazuverdienen“, sagt die Studentin.
Die Kooperation mit der Grundschule gehört zu einem Projekt mit dem Titel „HSA_transfer“, das von der Bund-Länder-Initiative gefördert wird. Laut Jessica Hövelborn von der Augsburger Hochschule stehe dabei der Austausch mit der Gesellschaft im Mittelpunkt. In diesem Kontext und im Zuge der Diskussionen um ein milliardenschweres Förderprogramm für Schüler sagt Hövelborn: „Wenn unser Projekt erfolgreich ist, können wir uns durchaus vorstellen, es als Blaupause zu teilen.“