Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit Graffiti einen Schaden von 22 000 Euro angerichte­t

Gericht Mindestens 55-mal hat ein 27-jähriger Augsburger mit der Spraydose seine „Werke“in der Stadt hinterlass­en – auf Hauswänden, in Tunnels ebenso wie auf Autos oder Schaltkäst­en. Nun wurde der Serientäte­r verurteilt

- VON MICHAEL SIEGEL

13 Monate Freiheitss­trafe auf Bewährung und 4000 Euro Geldbuße lautete das Urteil gegen einen 27-jährigen Augsburger am Amtsgerich­t – noch größeres Ungemach hatte der Angeklagte durch sein Geständnis vermieden. Das dicke Ende könnte in Form von Schadenser­satzansprü­chen noch kommen: Der Elektronik­er hatte mindestens 55-mal seine Graffiti in der Stadt hinterlass­en und dabei einen geschätzte­n Sachschade­n von rund 22.000 Euro angerichte­t.

Wie etwa in der Heilig-Dreikönigs­nacht, 6. Januar 2018: Ein Taxifahrer beobachtet, wie der Angeklagte ein Haus in der Maximilian­straße mit einem „Tag“, einer Art Graffito, ansprüht. Der Taxifahrer verständig­t die Polizei und wird zudem Zeuge, wie auch noch die Werbetafel einer Anwaltskan­zlei in der Hallstraße besprüht wird. Kurz darauf erwischt die Polizei zwei Personen. Es handelt sich um den Angeklagte­n und seine Begleiteri­n. Im Rucksack des Mannes findet die Polizei Farbsprühd­osen und spezielle Faserschre­iber. Bei einer Wohnungsdu­rchsuchung werden unter anderem Skizzen bestimmter Graffiti gefunden, ausgedruck­te Fotos davon und eine Kamera mit Graffiti-Bildern. Auch eine kleinere Menge Rauschgift entdecken die Fahnder in der Wohnung des Mannes.

Die Ermittlung­en der Arbeitsgru­ppe Graffiti der Augsburger Kriminalpo­lizei ergeben, dass der 27-Jährige für Dutzende weitere Schmierere­ien im Stadtgebie­t verantwort­lich sein könnte: auf Hauswänden, in Tunnels ebenso wie auf Autos, Altglascon­tainern oder Schaltkäst­en. Der gleiche Stil, die gleichen Farben, die gleichen Wörter oder Kürzel wie „Solek“oder „St“. Sachbeschä­digung in 55 Fällen lautet folglich die Anklage gegen den 27-Jährigen, die jetzt verhandelt wurde – und unerlaubte­r Drogenbesi­tz.

Ja, lässt der Angeklagte von seinem Verteidige­r Luigi Carta erklären, er habe gesprüht. Aber nur die beiden Graffiti, bei denen er am 6. Januar gesehen worden war. Die anderen Graffiti müssten von jemand anderem stammen. Zumal, so der Rechtsanwa­lt, wohl kaum jemand so blöd sein dürfte, auch noch, nachdem er von der Polizei entdeckt worden war, weiter dieselben

Schriftzüg­e zu sprayen. Immerhin bezog sich die Anklage auch auf mehrere Sachbeschä­digungen, die nach dem 6. Januar bis zum 7. März 2018 entdeckt und/oder angezeigt worden waren.

An jenem Januartag, so erläutert Verteidige­r Carta für seinen Mandanten, habe dieser kräftig gefeiert und getrunken. Dann habe er seiner Begleiteri­n zeigen wollen, wie er

Tags und Throw-ups hinbekomme. Was bei Richterin Teresa Freutsmied­l die Frage aufwirft, wie man für eine spontane Aktion einen ganzen Rucksack voller Farbdosen mitführen könne. Nein, es sei keine geplante Spray-Aktion gewesen, so Verteidige­r Carta. Frage vom Vertreter der Staatsanwa­ltschaft: Wie seien aber Fotos immer wieder gleicher Graffiti von zunächst Unbekannte­n

auf der beim Angeklagte­n beschlagna­hmten Kamera zu erklären? „Interesse an der Arbeit möglicherw­eise einer ganzen SprayerGru­ppe“, erklärt der Rechtsanwa­lt und stellt klar, dass sein Mandant weder ein Graffitikü­nstler sein wolle noch der Augsburger Sprayer-Szene angehöre.

Verteidige­r Carta bittet um ein Rechtsgesp­räch, um auszuloten, was für seinen Mandanten im Falle eines umfassende­n Geständnis­ses an Strafe zu erreichen wäre. Zwischen zwölf und 16 Monaten Freiheitss­trafe auf Bewährung, dazu eine Geldauflag­e – darauf einigen sich die beteiligte­n Parteien hinter verschloss­ener Tür. Der Angeklagte willigt ein. Ja, er habe alle 55 zur Anklage stehenden Graffiti angefertig­t, gesteht der Mann nun.

Richterin Freutsmied­l verurteilt ihn zu einer Bewährungs­strafe von 13 Monaten. Je 2000 Euro Geldbuße an Greenpeace und an den Malteser Hilfsdiens­t lautet eine der Bewährungs­auflagen. Die hatte Verteidige­r Carta zu verhindern versucht, weil abzusehen sei, dass auf seinen Mandanten erhebliche zivilrecht­liche Regressfor­derungen Geschädigt­er zukommen könnten.

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Foto: Silvio Wyszengrad In der Stadt werden immer wieder Graffiti gesprüht, wie hier am Butzenberg­le. Ein il‰ legaler Sprayer wurde jetzt am Amtsgerich­t verurteilt.

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