Augsburger Allgemeine (Land West)
Blanke Nerven im KanzlerCountdown
Union Eigentlich wollten Armin Laschet und Markus Söder die K-Frage ohne viel Geräusch untereinander ausmachen. Doch mit dem Osterfest ist der Parteifriede endgültig dahin
Berlin Der FDP-Vorsitzende sprach aus, was viele in der Union dachten. Die Diskussion über die Kanzlerkandidatur bei CDU und CSU dürfe den Kampf gegen die Pandemie nicht beinträchtigen, reagierte Christian Lindner auf die Forderung des CDU-Vorsitzenden Armin Laschet, Deutschland einen zwei- bis dreiwöchigen „Brückenlockdown“zu verpassen. Lindner zog mit seinem Satz eine Schlussfolgerung, die nach den überraschenden Äußerungen des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten so auch in den Lagern von CDU und CSU gezogen wurde. Die Suche nach dem möglichen Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel soll möglichst unbeschwert vonstattengehen. Der Vorstoß des CDU-Chefs wurde da als unzulässiger und wenig durchdachter Versuch gewertet, im Rennen um die Kanzlerkandidatur Boden gutzumachen.
„Da wollte wohl einer auf den letzten Metern noch mal punkten“, fasste ein Mitglied der CSU-Landesgruppe in Berlin den allgemeinen Eindruck zusammen. Mit den letzten Metern ist die Zeitspanne bis
gemeint, also bis Mitte Mai. Bis dahin wollen Laschet und Söder entschieden haben, wer von beiden Spitzenkandidat für die Bundestagswahl wird. Zunächst schien es so, als ob Laschet einen, wenn auch nicht ganz glatten Start-ZielSieg hinlegen würde. Doch in den letzten Tagen gab es einiges, was Laschet beunruhigt und zu seinem Vorstoß bewogen haben dürfte.
Der CSU-Vorsitzende Söder hatte im Interview mit Bild am Sonntag überraschend Kanzlerin Merkel ins Spiel gebracht. Ohne ihre Unterstützung könne ein Unionskanzlerkandidat „kaum erfolgreich sein“, sagte er. Bei der großen Schwesterpartei löste das einige Überraschung aus. Bisher war ausgemacht, dass Merkels Popularität als Wahlkampfhilfe genutzt werden sollte. Ein direktes Mitspracherecht aber war nicht geplant. Laschet wird sich das auch kaum gefallen lassen können. Seine Autorität als Parteichef würde leiden.
Den CDU-Vorsitzenden wird außerdem getrieben haben, dass sich eine weitere gewichtige CSU-Stimme in der K-Frage zu Wort meldete: Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte ein Mitspracherecht der Unionsbundestagsfraktion. Wie sein Chef Söder äußerte sich auch Dobrindt bei der SpringerPresse. Man muss dahinter keine Absprache und keine Absicht vermuten, liegt aber nicht falsch, wenn man es tut.
Auch die eigene Partei folgt ihrem neuen Vorsitzenden nicht automatisch. Offenbar hatte es der nordrhein-westfälische Ministerpräsident versäumt, sich mit seinen Parteifreunden in anderen CDU-regierten Ländern abzustimmen. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans etwa sprach sich gegen Laschets Vorschlag aus, das BundLänder-Treffen vorzuverlegen. „Wir hatten bei unserem letzten Treffen mit der Bundeskanzlerin vereinbart, nach Ostern am 12. April wieder zusammenzukommen, um die Lage neu zu bewerten. Daran sollten wir auch festhalten und uns Zeit zur Vorbereitung nehmen“, sagte der CDU-Politiker.
Hans leistete sich gleich noch einen Seitenhieb auf seinen ParteiPfingsten chef. Wenn die Runde Beschlüsse fasse, müssten diese aber auch länger als 24 Stunden Bestand haben, meinte er. Hans hat gerade das „Saarland-Modell“gestartet, das grundsätzlich die Öffnung von Außengastronomie, Fitnessstudios und Kultureinrichtungen erlaubt. Laschets Vorstoß für einen „Brückenlockdown“ist das Gegenteil davon.
Andererseits gab es demonstrativen Rückenwind für Laschet. Mit Volker Bouffier und Thomas Strobl sprachen sich zwei CDU-Vorstandsmitglieder für ein vorgezogenes Bund-Länder-Treffen beziehungsweise für einen „Brückenlockdown“aus.
Der CDU-Vorsitzende selbst blieb standhaft. „Wir werden nach dem Kriterium entscheiden, wer die größten Aussichten hat, in ganz Deutschland die Wahl zu gewinnen“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Laschet kann sich gerade ein wenig darauf stützen, dass die Umfragewerte für die Union nicht noch tiefer sinken. Viel Zeit zum Durchatmen bleibt ihm indes nicht. Am Sonntag hält der Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Klausurtagung ab. Laschet wird als Gast erwartet. Söder auch.
Widerspruch aus den eigenen Reihen