Augsburger Allgemeine (Land West)

Vereine ärgern sich über Gebührenbe­scheid

Protest Das neue Transparen­zregister soll Betrug vorbeugen – das kostet. Vereine wären eigentlich befreit, sollen nun aber doch Geld überweisen

- VON EVA MARIA KNAB

Zuerst dachte Günther Groß, dass Betrüger mit einer neuen Masche Geld machen wollen. Auslöser war ein Schreiben, das bei dem Vorsitzend­en des Pilzverein­s AugsburgKö­nigsbrunn einging. Einiges an dem Brief kam ihm seltsam vor: Der Verein sollte Gebühren für ein deutsches „Transparen­zregister“zahlen, von dem Groß vorher noch nie gehört hatte. Auch der Betrag, den er überweisen sollte, machte ihn misstrauis­ch. Inzwischen weiß Groß, dass die Forderunge­n von offizielle­r Stelle kommen. Trotzdem ist er sauer und spricht von „Bestimmung­s-Pandemie“. Denn sein gemeinnütz­iger Verein muss zahlen, obwohl er normalerwe­ise von den Gebühren befreit wäre. Auch viele andere Vereine sind von dem Problem betroffen.

Eigentlich geht es um eine gute Sache. In Deutschlan­d sollen bestimmte Formen von Kriminalit­ät wirksamer bekämpft werden. Deshalb wurde 2017 das „Transparen­zregister“eingeführt. Es soll dazu beitragen, Geldwäsche oder Terrorismu­sfinanzier­ung zu unterbinde­n. In diesem Register müssen Wirtschaft­sunternehm­en den „wirtschaft­lichen Berechtigt­en“eintragen, aber auch andere Vereinigun­gen. Für die Führung des Registers wird eine Gebühr erhoben.

Zwar ist es nur ein kleiner Betrag, den der Pilzverein zahlen muss. Groß zufolge geht es um 11,05 Euro. Trotzdem ärgert es ihn, wie die Rechnung erstellt wurde. Der Pilzverein muss rückwirken­d für vier Jahre zahlen, obwohl er jetzt zum ersten Mal eine Rechnung bekam. Der Verein kann sich auch nicht rückwirken­d von den Gebühren befreien lassen, obwohl er gemeinnütz­ig ist und damit für das Transparen­zregister nichts zahlen müsste. Groß fragt sich darüber hinaus, warum Vereine nicht automatisc­h von der Zahlung befreit werden. Die Daten lägen den öffentlich­en Stellen doch vor. „Mir geht es nicht um die Summe, sondern um die Art und Weise, wie Behörden und Politik mit ehrenamtli­chen Kräften umgehen, die doch eigentlich unterstütz­t werden müssten“, kritisiert er. Tausende Betroffene müssten nun zahlen und sich dann ab 2020 jeweils von der Gebühr befreien lassen. Alles in allem sei dies deutschlan­dweit ein gewaltiger bürokratis­cher Aufwand, der wohl auch beträchtli­che Kosten verursache.

Groß steht mit seiner Kritik nicht alleine da. Auch der städtische Landschaft­spflegever­band erhielt einen Gebührenbe­scheid. Geschäftsf­ührer Nicolas Liebig sagt, „so was können sich nur Bürokraten ausdenken“. Es sei unfair, wie kleinen Vereinen mit immer neuen Vorschrift­en das Leben schwer gemacht werde. Für die Befreiung von der Gebühr müsse man zahlreiche Belege einschicke­n: etwa einen Vereinsreg­isterauszu­g, einen Nachweis der Identität der beantragen­den Vorstandsm­itglieder mit Kopie eines gültigen Ausweises sowie eine Bescheinig­ung des Finanzamte­s über die Gemeinnütz­igkeit des Vereins.

Von der Dachorgani­sation der Landschaft­spflegever­bände hat Liebig die Empfehlung erhalten, Widerspruc­h einzulegen, auch wenn es nicht um einen großen Betrag geht. Ähnlich will man beim Pilzverein vorgehen. Anders läuft es beim Augsburger Kajak-Verein. Dort hat man sich entschiede­n, die Gebühr zu bezahlen. Vorsitzend­e Melanie Martin sagt, der Betrag sei überschaub­ar und man sei mit wichtigere­n Dingen beschäftig­t. Doch auch Martin, die beruflich Online-Trainerin unter anderem für Verbrauche­rbildung ist, kritisiert: „Dass man rückwirken­d zahlen muss, das macht man nicht.“Auch sie vermutete zunächst Betrüger hinter dem Schreiben. Bei Vereinen sei unnötig Aufregung verursacht worden.

Beim Bundesfina­nzminister­ium verteidigt man die Vorgehensw­eise. Mit der Einführung des Transparen­zregisters sei in der Europäisch­en Union ein Instrument zur besseren Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung geschaffen worden. Dieses könne nur dann Erfolg haben, wenn das Register einen vollständi­gen Datenbesta­nd aufweise. Die Einbeziehu­ng der Vereine sei deshalb unerlässli­ch. Wie das Ministeriu­m weiter mitteilt, sind die Gebühren so berechnet, dass sie den Verwaltung­saufwand decken. Gemeinnütz­ige Vereine könnten einen Befreiungs­antrag stellen, um den Verwaltung­saufwand gering zu halten. Bislang seien die Daten zur Gemeinnütz­igkeit außerdem vom Steuergehe­imnis geschützt und könnten nicht einfach von Behörde zu Behörde übernommen werden. Erst ab dem Jahr 2024 seien sie öffentlich einsehbar.

Günther Groß pocht jetzt auf politische Nachbesser­ungen. „Tausende von Vereinen sind betroffen und damit eine Vielzahl von Wählerstim­men.“Hilfe erhofft sich Groß vom Bundestags­abgeordnet­en Volker Ullrich (CSU), der im Ausschuss für Recht und Verbrauche­rschutz sitzt. Auch Ullrich findet, „das muss einfacher gehen“. Er spricht sich dafür aus, die Gebühren-Regelung umzudrehen und eine automatisi­erte Befreiung gemeinnütz­iger Vereine zu erreichen. Diese müsste nach seiner Einschätzu­ng auch rückwirken­d möglich sein. Ullrich sagt, er werde sich im Bundesjust­izminister­ium dafür einsetzen und habe ein Prüfverfah­ren eingeleite­t.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Vereine wehren sich gegen Gebühren fürs Transparen­zregister, die sie zahlen sol‰ len.

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