Augsburger Allgemeine (Land West)
Schmiergeld für ExManager bei Lechstahl
Prozess Wieder ein neues Urteil in der Affäre rund um die ehemalige Führungsriege im Meitinger Stahlwerk. Ein weiterer Geschäftsmann liefert vor Gericht neue Einsichten in das System.
Meitingen Immer tiefer werden die Einblicke in das korrupte System bei den Meitinger Lechstahlwerken (LSW) in früheren Zeiten. Nun ist ein weiterer Mann verurteilt worden, der Schmiergeld an einen ExLechstahl-Manager bezahlt hat. Nur so hätte sein Transportunternehmen weiter Aufträge bekommen, beteuert der Angeklagte. Bei der Verhandlung am Dienstag vor dem Amtsgericht kommt ans Licht: Bestechungsgelder wurden bei Lechstahl schon weitaus länger bezahlt als bislang bekannt war. Und es werden immer weitere Details bekannt.
Nun vor Gericht verantworten musste sich ein 74-jähriger Geschäftsmann aus dem Landkreis Ansbach. Er ist einer von mehreren, die Schmiergeld an einen inzwischen gestorbenen Ex-Lechstahl-Chef gezahlt haben. Bislang verurteilt ist einer von ihnen, der seit 2017 bestochen hatte. Der Geschäftsmann aus dem Kreis Ansbach hingegen, berichtet, dass er bereits seit 2013 Monat für Monat für neue Aufträge zahlen musste. Er sieht sich selbst als Opfer des korrupten Systems. Als Strippenzieher der Geschäfte gilt ein im vergangenen Jahr gestorbene Ex-Manager von Lechstahl. Sein Name fiel auch in anderen Verfahren rund um die Korruptionsaffäre immer wieder.
Wie berichtet, hatte der Mann in seinen Tagebüchern niedergeschrieben, wie und von wem bestochen wurde. Diese Bücher gelten als entscheidende Grundlage in der Korruptionsaffäre. Nach aufwendigen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft sind mittlerweile zwei Männer verurteilt, die Bestechungsgeld gezahlt haben. Weitere könnten folgen. Eingesteckt haben sollen sich das Schmiergeld neben dem gestorbenen Manager auch ein weiterer Mann aus der ehemaligen LSW-Führungsriege. Der sitzt seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft, weil er mehr als 800.000 Euro eingesteckt haben soll. Ein Urteil gegen ihn und zwei andere Beteiligte wird im Juni vor dem Landgericht erwartet.
Der nun verurteilte Geschäftsmann aus dem Kreis Ansbach gestand, monatlich 2500 Euro an Bestechungslohn an den mittlerweile
● Urteile gestorbenen Manager der LSW gezahlt zu haben. Dieses Geld sei zunächst über Konten in Ungarn und Liechtenstein und später an den Mann bei Lechstahl geflossen. Damit das nicht auffliegt, wurden fiktive Rechnungen gestellt, für die es keine Gegenleistung gab. „Das waren alles Luftnummern“, sagt der
Angeklagte vor Gericht. Aus Angst vor dem Finanzamt übergab der Angeklagte das Schmiergeld später bar in Briefumschlägen. Insgesamt weit über 100.000 Euro wurden so bezahlt.
Sein Transportunternehmen ist im Auftrag der LSW in Meitingen bereits seit etwa 20 Jahren tätig. Damit
das auch so bleibt, sollte geschmiert werden. „Dass das nicht hasenrein ist, war mir von Anfang an klar“, sagte der 74-Jährige vor Gericht. Doch sein Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitern sei von den LSW abhängig. Um die Aufträge ausführen zu können, habe der Unternehmer Baumaschinen für mehrere Millionen Euro anschaffen müssen, die finanziert werden müssen. „Ich musste zahlen, sonst hätte ich mir gleich einen Strick nehmen können“, sagte der Angeklagte.
Aus Sicht der Verteidiger Alfred Meyerhuber und Johannes Kalb war deshalb klar, dass der Angeklagte in Wirklichkeit selbst Opfer und nicht Täter sei. Schließlich sei er erpresst worden. Hätte er nicht bezahlt, wäre sein Unternehmen bankrott und etliche Arbeitnehmer ohne Job gewesen, so die Argumentation der Verteidigung. Staatsanwältin Nazanin Mozaffari sah das anders. Zwar müsse berücksichtigt werden, dass der Angeklagte von Anfang an geständig und sehr kooperativ war. Allerdings sei dem Angeklagten klar gewesen, dass sein Handeln strafbar ist. Dass der 74-Jährige zu verurteilen ist, war daher auch für Richter Markus Eberhard keine Frage. Anders als seine Verteidiger die Situation darstellten, sei der Angeklagte nicht gezwungen gewesen, das Schmiergeld zu bezahlen. Schließlich sei nicht nur sein Unternehmen von der LSW abhängig, sondern auch umgekehrt. Verurteilt wurde der 74-Jährige schließlich zu einer Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren Haft. Außerdem hat er eine Geldstrafe von 30.000 Euro zu bezahlen.
Er hatte Angst vor dem Bankrott