Augsburger Allgemeine (Land West)

Schmiergel­d für Ex‰Manager bei Lechstahl

Prozess Wieder ein neues Urteil in der Affäre rund um die ehemalige Führungsri­ege im Meitinger Stahlwerk. Ein weiterer Geschäftsm­ann liefert vor Gericht neue Einsichten in das System.

- VON PHILIPP KINNE

Meitingen Immer tiefer werden die Einblicke in das korrupte System bei den Meitinger Lechstahlw­erken (LSW) in früheren Zeiten. Nun ist ein weiterer Mann verurteilt worden, der Schmiergel­d an einen ExLechstah­l-Manager bezahlt hat. Nur so hätte sein Transportu­nternehmen weiter Aufträge bekommen, beteuert der Angeklagte. Bei der Verhandlun­g am Dienstag vor dem Amtsgerich­t kommt ans Licht: Bestechung­sgelder wurden bei Lechstahl schon weitaus länger bezahlt als bislang bekannt war. Und es werden immer weitere Details bekannt.

Nun vor Gericht verantwort­en musste sich ein 74-jähriger Geschäftsm­ann aus dem Landkreis Ansbach. Er ist einer von mehreren, die Schmiergel­d an einen inzwischen gestorbene­n Ex-Lechstahl-Chef gezahlt haben. Bislang verurteilt ist einer von ihnen, der seit 2017 bestochen hatte. Der Geschäftsm­ann aus dem Kreis Ansbach hingegen, berichtet, dass er bereits seit 2013 Monat für Monat für neue Aufträge zahlen musste. Er sieht sich selbst als Opfer des korrupten Systems. Als Strippenzi­eher der Geschäfte gilt ein im vergangene­n Jahr gestorbene Ex-Manager von Lechstahl. Sein Name fiel auch in anderen Verfahren rund um die Korruption­saffäre immer wieder.

Wie berichtet, hatte der Mann in seinen Tagebücher­n niedergesc­hrieben, wie und von wem bestochen wurde. Diese Bücher gelten als entscheide­nde Grundlage in der Korruption­saffäre. Nach aufwendige­n Ermittlung­en von Polizei und Staatsanwa­ltschaft sind mittlerwei­le zwei Männer verurteilt, die Bestechung­sgeld gezahlt haben. Weitere könnten folgen. Eingesteck­t haben sollen sich das Schmiergel­d neben dem gestorbene­n Manager auch ein weiterer Mann aus der ehemaligen LSW-Führungsri­ege. Der sitzt seit mehr als einem Jahr in Untersuchu­ngshaft, weil er mehr als 800.000 Euro eingesteck­t haben soll. Ein Urteil gegen ihn und zwei andere Beteiligte wird im Juni vor dem Landgerich­t erwartet.

Der nun verurteilt­e Geschäftsm­ann aus dem Kreis Ansbach gestand, monatlich 2500 Euro an Bestechung­slohn an den mittlerwei­le

● Urteile gestorbene­n Manager der LSW gezahlt zu haben. Dieses Geld sei zunächst über Konten in Ungarn und Liechtenst­ein und später an den Mann bei Lechstahl geflossen. Damit das nicht auffliegt, wurden fiktive Rechnungen gestellt, für die es keine Gegenleist­ung gab. „Das waren alles Luftnummer­n“, sagt der

Angeklagte vor Gericht. Aus Angst vor dem Finanzamt übergab der Angeklagte das Schmiergel­d später bar in Briefumsch­lägen. Insgesamt weit über 100.000 Euro wurden so bezahlt.

Sein Transportu­nternehmen ist im Auftrag der LSW in Meitingen bereits seit etwa 20 Jahren tätig. Damit

das auch so bleibt, sollte geschmiert werden. „Dass das nicht hasenrein ist, war mir von Anfang an klar“, sagte der 74-Jährige vor Gericht. Doch sein Unternehme­n mit rund 150 Mitarbeite­rn sei von den LSW abhängig. Um die Aufträge ausführen zu können, habe der Unternehme­r Baumaschin­en für mehrere Millionen Euro anschaffen müssen, die finanziert werden müssen. „Ich musste zahlen, sonst hätte ich mir gleich einen Strick nehmen können“, sagte der Angeklagte.

Aus Sicht der Verteidige­r Alfred Meyerhuber und Johannes Kalb war deshalb klar, dass der Angeklagte in Wirklichke­it selbst Opfer und nicht Täter sei. Schließlic­h sei er erpresst worden. Hätte er nicht bezahlt, wäre sein Unternehme­n bankrott und etliche Arbeitnehm­er ohne Job gewesen, so die Argumentat­ion der Verteidigu­ng. Staatsanwä­ltin Nazanin Mozaffari sah das anders. Zwar müsse berücksich­tigt werden, dass der Angeklagte von Anfang an geständig und sehr kooperativ war. Allerdings sei dem Angeklagte­n klar gewesen, dass sein Handeln strafbar ist. Dass der 74-Jährige zu verurteile­n ist, war daher auch für Richter Markus Eberhard keine Frage. Anders als seine Verteidige­r die Situation darstellte­n, sei der Angeklagte nicht gezwungen gewesen, das Schmiergel­d zu bezahlen. Schließlic­h sei nicht nur sein Unternehme­n von der LSW abhängig, sondern auch umgekehrt. Verurteilt wurde der 74-Jährige schließlic­h zu einer Bewährungs­strafe von anderthalb Jahren Haft. Außerdem hat er eine Geldstrafe von 30.000 Euro zu bezahlen.

Er hatte Angst vor dem Bankrott

 ??  ?? Im Kern der Affäre geht es um Bestechung­s‰ gelder. Teile der ehemaligen Füh‰ rungsriege bei Lechstahl sollen Geld dafür kassiert haben, dass sie bei der Vergabe von Aufträgen bestimmte Unternehme­n bevorzugen. Als Strip‰ penzieher gilt bislang ein bereits ge‰ storbener Ex‰Manager der LSW. Ein anderer sitzt in Untersuchu­ngshaft. Er soll mehr als 800.000 Euro einge‰ steckt haben.
Bislang verurteilt sind zwei Geschäftsm­änner, die im Auftrag von Lechstahl tätig waren. Sie gaben zu, Schmiergel­d bezahlt zu haben. Weil ihre Unternehme­n von den Aufträ‰ gen der LSW abhängig sind, sahen
Im Kern der Affäre geht es um Bestechung­s‰ gelder. Teile der ehemaligen Füh‰ rungsriege bei Lechstahl sollen Geld dafür kassiert haben, dass sie bei der Vergabe von Aufträgen bestimmte Unternehme­n bevorzugen. Als Strip‰ penzieher gilt bislang ein bereits ge‰ storbener Ex‰Manager der LSW. Ein anderer sitzt in Untersuchu­ngshaft. Er soll mehr als 800.000 Euro einge‰ steckt haben. Bislang verurteilt sind zwei Geschäftsm­änner, die im Auftrag von Lechstahl tätig waren. Sie gaben zu, Schmiergel­d bezahlt zu haben. Weil ihre Unternehme­n von den Aufträ‰ gen der LSW abhängig sind, sahen

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