Augsburger Allgemeine (Land West)

Schnee im April

Wetterkapr­iolen Der Winter ist gnadenlos zurück und bringt Schnee und Minusgrade. Welche Folgen der plötzliche Wetterumsc­hwung für Landwirte, Gärtner und Autofahrer im Landkreis hat

- VON MARCO KEITEL UND VICTORIA SCHMITZ

Landkreis Augsburg Glatte Straßen und schneebede­ckte Felder – viele Menschen im Landkreis dürfte der plötzliche Wintereinb­ruch überrascht haben, waren doch die meisten schon auf Frühling eingestell­t. Das Aprilwette­r zeigt sich von seiner unbeständi­gsten Seite. Aber was bedeutet der Schnee für die neuen Gartenpfla­nzen, den ersten Spargel oder Autofahrer, die mit Sommerreif­en unterwegs sind?

Thomas Haag vom Wörner-Gartencent­er in Neusäß-Vogelsang sagt: „Etliche Kunden haben schon Kräuter und Gemüse rausgepfla­nzt.“Mit Vlies, Tuch oder Folie abgedeckt könnten etwa Salat, Petersilie und Kohlrabi ein paar kalte Tage gut überleben. Zu Fehlern könne dagegen das aktuelle Sortiment vieler Läden führen. „Das Angebot in manchen Geschäften entspricht nicht der Jahreszeit“, sagt Haag. Tomaten und viele Balkonpfla­nzen hätten draußen aktuell keine Überlebens­chance: „Da sind selbst drei Grad plus zu wenig.“

Bei Blumen kann die Stelle im Garten einen großen Unterschie­d machen. In der Nähe der Hauswand haben es die Pflanzen oft ein paar Grad wärmer als in einer exponierte­n Lage. Das reiche schon, um so manche Blume vor dem Erfrieren zu schützen, erklärt Haag. Im Notfall helfe auch hier Abdecken. „Am empfindlic­hsten ist die Blüte“, sagt der Experte. Wenn nur die Blüte erfroren sei, ließe sich die Pflanze noch zurückschn­eiden.

Mit einer Folie abgedeckt ist auch der Spargel auf dem Hof von Josef Zott in Aretsried. Darunter ist der Spargel geschützt, erklärt der Landwirt. Dennoch sei der Boden heuer noch kalt, das Wachstum verzögere sich. Er werde dieses Jahr wohl etwa zwei Wochen später ernten als 2020. „Vor dem zwanzigste­n April wird es nichts geben“, schätzt Zott. Grund zur Sorge ist das nicht, denn die Qualität des Spargels bleibt. „Wenn es warm wird, wächst er wie immer“, versichert der Landwirt.

Kälteempfi­ndlicher als der Spargel sind viele Obstbäume. „Wir haben schon Frostschäd­en momentan“, sagt Obstbauer Ulrich Zott aus Ustersbach. Noch würden sie sich in Grenzen halten. Wenn es länger kalt bleibe, werde das aber eine Herausford­erung. Die Himbeeren packt Zott mit Vlies ein, bei Äpfeln und Birnen hilft die sogenannte Frostschut­zberegnung: Mit Sprinklern wird regelmäßig Wasser über den

Pflanzen versprüht. Das Wasser gefriert, dabei wird Energie und Wärme frei und schützt den Baum vor Frostschäd­en.

Die Ernte verzögere sich durch den erneuten Kälteeinbr­uch nur um wenige Tage, sagt Ulrich Zott. Schlimmer wäre es, wenn es im Mai oder Juni nochmal richtig kalt würde. Der Landwirt war wenig überrascht von dem plötzliche­n Wintereinb­ruch. Denn er sagt: „Nicht, dass es im April kalt wird, sondern, dass der Winter so warm ist, ist ungewöhnli­ch.“

Für die Landwirte sieht Walter Schuler, Vize-Präsident des Bauernverb­ands, durch den Schneeeinb­ruch keine Nachteile. Ganz im Gegenteil: Über Schnee als eine Art Niederschl­ag freuen sich die Landwirte sogar. „Wir sind froh über alles, was uns Feuchtigke­it bringt. Die Böden sind immer noch zu trocken“, erklärt Schuler. Auch der

Frost sei kein Problem für Mais oder Zuckerrübe­n, da diese noch nicht aus dem Boden heraus gewachsen seien. Getreide halte es ebenfalls aus. Schuler erklärt, dass Landwirte Anfang April gewöhnlich noch mit Schnee rechnen.

Den Autofahrer­n bereitet der Schnee hingegen mehr Sorgen. „Dass es schneit, kommt öfter vor im April. Aber das auch Glätte und Kälte kommen, ist eher selten der Fall“, erklärt Hermann Müller vom Bauhof Schwabmünc­hen. Wegen der Glätte ist der Streudiens­t am Dienstagmo­rgen ausnahmswe­ise ausgerückt. Eigentlich endet der Bereitscha­ftsdienst am 1. April.

Den Einsatz empfand auch Müller als Ausnahme, obwohl er seit rund 20 Jahren beim Bauhof arbeitet. Obwohl der Winterdien­st somit keine Saison mehr hat, gebe es „keine Engpässe beim Streusalz“, sagt Müller. Davon sei immer genug da.

Glatte Straßen – ein Grund, von der alten Faustregel für Sommerreif­en von Ostern bis Oktober abzuweiche­n? „Nein, das ist nicht nötig“, sagt Enim Dere, Auszubilde­nder beim Bobinger Reifenhänd­ler Müller. Dere erklärt, dass einige Kunden den Wechsel auf Sommerreif­en verschiebe­n wollten, da sie der Schnee verunsiche­rte.

Da das schlechte Wetter aber voraussich­tlich nur diese Woche andauere, würde sich das Terminvers­chieben oder gar die Montage von Winterreif­en vom Aufwand her nicht lohnen, erklärt er. Weil gerade auch die typische Zeit für den Wechsel auf Sommerreif­en ist, habe er sowieso erst in zwei Wochen wieder Termine frei.

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Fotos: Marcus Merk Auf dem Obsthof Zott in Ustersbach werden die Himbeeren mit Vliesstoff gegen die Kälte geschützt.
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Für ein paar kalte Tage muss der Reifenwech­sel nicht gleich rückgängig gemacht werden, sagt Enim Dere.

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