Augsburger Allgemeine (Land West)

Was ist denn an Frankfurt so abschrecke­nd?

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Von Frankfurt aus ist der Reisewilli­ge schnell überall. Ob Würzburg oder Kuala Lumpur, das Frankfurte­r Drehkreuz weist Wege in sämtliche Richtungen auf. Gelebtes urbi et orbi. Ein Problem der hessischen Metropole scheint allerdings zu sein, dass kaum einer kommt, um zu bleiben. Frankfurt ist eine Durchgangs­station. Für Reisende, Banker auf dem Weg zu Reichtum, Fußballfun­ktionäre.

Um die Stadt ist es schlimm bestellt. Mainhattan war einmal. Mittlerwei­le: groß geratene Provinz. Der Wunsch von Eintrachts Sportvorst­and Fredi Bobic ist auch für Außenstehe­nde nachvollzi­ehbar. Ihn zieht es in eine Metropole mit einem aufstreben­den Verein, den er mit viel Geld nach seinem Gusto formen kann. Was er nun bei der Berliner Hertha will, ist allerdings schleierha­ft. Wo doch in Berlin das Böse immer und überall ist und der lokale Fußballklu­b keine Ausnahme zu machen scheint.

Frankfurts Sportdirek­tor Bruno Hübner hat den Verein in den vergangene­n zehn Jahren von der Zweitklass­igkeit bis an die Schwelle zur Champions League begleitet, dem 60-Jährigen ist die Drehkreuz-Mentalität am wenigsten zuzuschrei­ben. Er hat nun schlicht genug von der Hektik des Geschäfts und zieht sich zurück.

Anders als Adi Hütter. Der verlässt die Frankfurte­r auf dem vorläufige­n Höhepunkt. In der kommenden Saison wird sich das Team in der Königsklas­se möglicherw­eise mit Real Madrid oder Manchester City messen. Hütter wechselt nach Gladbach. Eine Stadt, deren Fußballer Fohlen genannt werden, eines der berühmtest­en Kinder kam aber als „Terrier“zur Bekannthei­t. Nächstes Jahr spielt die Borussia in der Europa League. Vielleicht auch nur in der neu geschaffen­en Conference League. Malta statt Madrid.

Es ist unerklärli­ch, weshalb in Frankfurt just zu dem Zeitpunkt die Führungsma­nnschaft wegbricht, in dem der Verein Millionen Euro für die Zukunft einsammeln kann. Stattdesse­n mag Bobic zu einem Verein, der sich als Big City Club sieht – und kurz vor dem Sturz in die zweite Liga steht. Hütter zieht die Gladbacher Perspektiv­e Reisen durch die Kathedrale­n des europäisch­en Fußballs vor. Um Frankfurt ist es wirklich schlimm bestellt.

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Foto: dpa Frankfurt, oder auch: zu groß gewordene Provinz.
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