Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburgs Tierfriedh­of wird erweitert

Bestattung Die Nachfrage nach Beerdigung­en auf dem Gelände im Stadtteil Haunstette­n wird immer größer. Derzeit gibt es dort rund 3000 Gräber. Nun darf der Tierschutz­verein Attis die Anlage um ein Drittel erweitern

- VON SILVIA KÄMPF

Viele Jahre lang waren sie treue Gefährten ihrer Menschen. Diese bringen es deshalb immer seltener über sich, Hund, Katze oder Meerschwei­n nach ihrem Tod in der Tierkörper­verwertung abzuliefer­n. Auch Helmut Spengler, Gründungsm­itglied der Aktionsgem­einschaft der Tierversuc­hsgegner und Tierfreund­e in Schwaben – kurz Attis – , hält ein Begräbnis für Vierbeiner für angemessen. Alles andere käme ihm vor, als entsorge er Abfall. Doch auf dem Tierfriedh­of an der B17 zwischen Haunstette­n und Inningen wurde langsam der Platz knapp, weshalb sich Verantwort­liche wie Nutzer nun über eine Erweiterun­g freuen.

Je nachdem, wie der Wind weht, ist laut Gründer-Witwe Dorothee Petri auf dem Areal mehr oder weniger Verkehr von der B17 zu hören. Auf einer Fläche von 6000 Quadratmet­ern reiht sich Grab an Grab, Namenstafe­l mit und ohne Foto an Namenstafe­l. Über den Grabstelle­n wächst Gras. Einige Gräber gibt es laut Helmut Spengler von Anfang an, das heißt seit rund 22 Jahren. Nun können auf weiteren 3000 Quadratmet­ern neue Erdbestatt­ungen stattfinde­n. Dieser neu hinzugewon­nene Bereich sei in den vergangene­n Jahren an einen Landwirt unterverpa­chtet gewesen. Wer eine Ruhestätte für seinen Vierbeiner erwirbt, zahlt 142,80 Euro für zwei Jahre, kann aber das Grabrecht für 83,30 Euro jeweils um zwei Jahre verlängern. Laut Spengler sind die meisten auf vier bis sechs Jahre be- legt.

Die Nachfrage nach Gräbern auf dem Tierfriedh­of steigt langsam, aber stetig. Auch Spenglers Hunde wurden im Süden Augsburgs zur letzten Ruhe gebettet – in lehmiger Erde, auf einem neun Meter hohen Plateau, aufgeschüt­tet aus dem Aushub der B 17. Heute ist Spengler Herrchen dreier ungarische­r Mischlinge namens Pino, Sunny und Lucy, die – in hoffentlic­h ferner Zukunft – auch einmal ihre letzte Ruhe auf dem Attis-Areal finden werden. Dreimal pro Woche ist Spengler vor Ort, um Grünpflege und andere handwerkli­che Arbeiten zu verrichten. Die Nähe zu seinem Arbeitspla­tz in Haunstette­n

dem Elektrotec­hniker dabei gelegen.

Acht Jahre habe es gedauert, den Tierfriedh­of zwischen Haunstette­n und Inningen in der heutigen Form betreiben zu können. 1998 ging er in Betrieb. Der grundlegen­de Gedanke des ehemaligen Attis-Vorsitzend­en Christian Petri: Tiere, die ihre Menschen Jahre durchs Leben begleitete­n und ihnen Freude bereiteten, sollten in Würde verabschie­det werden. Die Tierruhest­ätte sollte aber nicht zur Kultstätte mutieren, sondern in einem „möglichst naturbelas­senen“Zustand bleiben.

Die Schilder für die Gräber, oft

mit Fotos von den Tieren, werden einheitlic­h gestaltet. Nur kleine Blumenscha­len oder Ähnliches sind erlaubt, jedoch keine Lichter. Die Attis-Freunde sprechen selbst von dem „etwas anderen Friedhof“. Rita Lerch aus Augsburg bringt gerade ein Foto vorbei, das auf dem Grab ihrer Mucky erneuert werden soll. Auch ihr 14-jähriger Bubi und das Grauerle, das sie viele Jahre gefüttert habe, liegen hier in der Erde. Rita Lerch ist es ein Anliegen, die ehemaligen „Familienmi­tglieder“immer noch besuchen zu können: „Das gibt mir was.“

Dorothee Petri, 83, hält die Anlakommt ge heute ganz im Sinne ihres Mannes „aus Überzeugun­g“aufrecht. Dreimal wöchentlic­h – montags, mittwochs und freitagnac­hmittags – ist geöffnet, an zwei festen Tagen ist sie selbst vor Ort. Aktuell sind in der Anlage rund 3000 Gräber zu finden, in denen auch Papageien oder Schildkröt­en ruhen. Die zusätzlich­e Fläche hat Helmut Spengler weitestgeh­end hergericht­et. Das Gelände wurde eingezäunt, der Boden geebnet und Rasen gesät. Tatkräftig­e Menschen wie ihn, die ehrenamtli­ch zu arbeiten bereit sind, kann Dorothee Petri immer gut gebrauchen.

Nur unter bestimmten Vorausvers­ehen setzungen dürfen Haustiere auch im eigenen Garten beerdigt werden. Das Tier muss mindestens 50 Zentimeter tief begraben werden; das Grundstück darf nicht in einem Wasserschu­tzgebiet liegen oder in der Nähe öffentlich­er Wege; das Tier darf keine meldepflic­htige Krankheit gehabt haben. Auskunft über besondere Vorschrift­en gibt das Veterinära­mt. Dort ist auch zu erfahren, ob möglicherw­eise eine Genehmigun­g erforderli­ch ist. Denn bei rechtswidr­iger Tierkörper­beseitigun­g kann ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro verhängt werden.

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Foto: Ulrich Wagner Aus Überzeugun­g betreibt Dorothee Petri, die Witwe des Gründers, den Attis‰Tierfriedh­of im Stadtteil Haunstette­n. Helmut Spengler hilft bei der ehrenamtli­chen Pflege des Areals.

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