Augsburger Allgemeine (Land West)

Einkauf mit Termin, Test und Hinderniss­en

Einzelhand­el Noch ist in Augsburg shoppen gehen mit Termin und Corona-Test erlaubt, weil die Inzidenz knapp unter der 200er-Marke liegt. Doch was heißt das für Kunden und Geschäfte? Ein Versuch

- VON ANDREA WENZEL

Der Sohn bräuchte Socken, die Tochter Leggings, der Mann hätte gerne neue Turnschuhe und Mama eine Jeans. In normalen Zeiten wäre dies ein Fall für einen Stadtbumme­l, doch es sind keine normalen Zeiten. Wer diese Produkte vor Ort kaufen will, muss sich erst mit den geltenden Corona-Vorschrift­en auseinande­rsetzen. Welche Art von Einkauf ist in der Stadt gerade überhaupt möglich? Bis zu einer Inzidenz von 50 sind alle Geschäfte unter Hygieneauf­lagen normal geöffnet. Zwischen 50 und 100 gilt bei den meisten Click & Meet, also das Einkaufen mit Termin. Zwischen 100 und 200 bleibt es dabei, der Kunde braucht aber zusätzlich einen negativen Corona-Test. Bei einem Wert, der drei Tage lang über 200 liegt, werden die Läden wieder geschlosse­n. In Augsburg könnte das bald wieder der Fall sein.

Am Dienstag bewegt sich der Inzidenzwe­rt in Augsburg bei 194,2 und damit knapp zwischen 100 und 200. Shopping im Laden mit Termin und negativem Test ist also möglich. Es gelten PCR- (maximal 48 Stunden alt) oder Schnelltes­ts (maximal 24 Stunden alt). Ich nehme die Herausford­erung an und plane einen Bummel für oben beschriebe­ne Familie durch die Stadt.

Erste Anlaufstel­le ist ein Schnelltes­tzentrum im Stadtteil. Nach 40 Minuten ist klar: Mein Test ist negativ, der Stadtbumme­l kann beginnen. Doch welche Läden haben geöffnet und wie komme ich an die nötigen Termine? Ich setze auf Internet-Recherche, doch schnell stelle ich fest: Während manche Inhaber ihre Öffnungsze­iten und Telefonnum­mern für die Terminrese­rvierung prominent auf der Startseite präsentier­en oder es gar die Möglichkei­t zur Online-Reservieru­ng gibt, ist bei anderen nicht klar, ob für das Einkaufen mit Negativtes­t geöffnet ist. Bei wieder anderen habe ich Zweifel, ob die Angaben im Netz noch aktuell sind. Mein Vorhaben, eine Liste zu erstellen, wo ich hingehen kann, verwerfe ich daher. Stattdesse­n fahre ich direkt los und hoffe darauf, mich vor Ort anmelden zu können.

ersten Treffer lande ich bei Schuh Schmid. Hier ist Platz für bis zu 230 Personen. Spontan einen Termin zu bekommen, ist damit kein Problem. Das Personal am Eingang wirft einen Blick auf mein Testergebn­is, dann kann ich in den Laden. Jeans und Turnschuhe könnte unsere Familie hier bekommen. Ebenso wenig Probleme gäbe es bei H&M gegenüber, wo ich ebenfalls spontan einen Termin bekomme und die Leggings für die Tochter kaufen könnte. Danach probiere ich mein Glück bei Galeria Karstadt Kaufhof – die Socken stehen noch auf der Einkaufsli­ste.

Laut Internetse­ite hat das Haus geschlosse­n, nur die Markthalle sei geöffnet, heißt es. Die Aushänge an der Eingangstü­re lesen sich anders, ich frage deshalb nach. Die Männer an der Einlasskon­trolle sind freundlich, sprechen aber wenig Deutsch. Bei der Frage, ob geöffnet sei, verweisen sie immer wieder auf das notwendige negative Testergebn­is. Ich schließe daraus zwar, dass neben der Markthalle auch die anderen Karstadt-Bereiche geöffnet sind. Weil die Gänge aber gespenstis­ch leer sind, mache ich kehrt.

Auf der Suche nach den Socken komme ich beim Schuhladen Sisento in der Philippine-Welser-Straße vorbei und schaue in die Auslage. Inhaberin Karin Hoschek öffnet mir die Tür und begrüßt mich als ersten Kunden an diesem Tag. Obwohl ich gar nicht in den Laden wollte, komme ich mit ihr ins Gespräch: „Es kommt niemand, die aktuellen Vorgaben halten die Kunden ab“, erzählt Hoschek. Dann fragt sie, ob sie einen Blick auf mein Testergebn­is werfen könne. „Das ist das erste Mal, dass ich so ein Dokument zu Gesicht bekomme.“Wie sie es genau prüfen und dokumentie­ren müsste, weiß sie nicht. Das sei nie abschließe­nd geklärt worden. „Eigentlich müsste ich ja den Ausweis dazu verlangen, um sicherzuge­hen, dass Sie auch die Person zum Test sind“, sagt sie. Click & Meet in Verbindung mit einem Corona-Test ist für Karin Hoschek und ihr Schuhgesch­äft aber ohnehin nicht lohnenswer­t.

In der Innenstadt haben doch einige Geschäfte geöffnet, es halten sich aber tatsächlic­h kaum Kunden darin auf. „Extra einen Test machen, um eine Hose zu kaufen, das macht doch kaum jemand“, glaubt eine Verkäuferi­n, die die Zahl der Kunden an diesem Tag „an einer Hand abzählen“kann. Die meisten hätten aus anderen Gründen zum Testzentru­m gemusst und dann einen Einkauf als Zugabe genutzt, ist sie überzeugt. Shopping-Feeling käme im Laden keins auf.

Das spürt man auch an anderer Stelle nicht. Statt bunter Kleiderstä­nder und fröhlicher Leute vor den Geschäften stechen einem vor allem Hinweissch­ilder zu den Regeln ins Auge. An manchen SchauDen fenstern gleich mehrere, manchmal wild durcheinan­der und nicht mehr alle aktuell. Gemütlich ist der Einkaufsbu­mmel nicht. Wegen der Socken versuche ich es aber doch noch beim Modehaus Rübsamen. Dort sehe ich bestätigt, was auf der Homepage angekündig­t war: Der Laden bleibt trotz der aktuellen Möglichkei­ten des Vor-Ort-Verkaufs geschlosse­n. Geschäftsf­ührer Marcus Vorwohlt erzählt am Telefon, dass sich dieses Modell für ihn nicht lohne, Click & Collect wird aber angeboten. Zu meiner Überraschu­ng hat gegenüber aber Ernsting’s family entgegen den Auskünften im Internet geöffnet. Eine letzte Chance für die Socken. Ich werde fündig.

Steigen die Inzidenzwe­rte weiter so schnell an, werden sich die Regeln in Augsburg wohl noch diese Woche wieder ändern. Dann müssen die Geschäfte wieder in den Click & Collect-Modus umschalten.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Redakteuri­n Andrea Wenzel muss einen negativen Antigen‰Schnelltes­t vorzeigen, damit sie bei Inhaberin Karin Hoschek im Schuhgesch­äft Sisento einkaufen darf. Der Test darf nicht älter als 24 Stunden sein.
Foto: Ulrich Wagner Redakteuri­n Andrea Wenzel muss einen negativen Antigen‰Schnelltes­t vorzeigen, damit sie bei Inhaberin Karin Hoschek im Schuhgesch­äft Sisento einkaufen darf. Der Test darf nicht älter als 24 Stunden sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany