Augsburger Allgemeine (Land West)
Einkauf mit Termin, Test und Hindernissen
Einzelhandel Noch ist in Augsburg shoppen gehen mit Termin und Corona-Test erlaubt, weil die Inzidenz knapp unter der 200er-Marke liegt. Doch was heißt das für Kunden und Geschäfte? Ein Versuch
Der Sohn bräuchte Socken, die Tochter Leggings, der Mann hätte gerne neue Turnschuhe und Mama eine Jeans. In normalen Zeiten wäre dies ein Fall für einen Stadtbummel, doch es sind keine normalen Zeiten. Wer diese Produkte vor Ort kaufen will, muss sich erst mit den geltenden Corona-Vorschriften auseinandersetzen. Welche Art von Einkauf ist in der Stadt gerade überhaupt möglich? Bis zu einer Inzidenz von 50 sind alle Geschäfte unter Hygieneauflagen normal geöffnet. Zwischen 50 und 100 gilt bei den meisten Click & Meet, also das Einkaufen mit Termin. Zwischen 100 und 200 bleibt es dabei, der Kunde braucht aber zusätzlich einen negativen Corona-Test. Bei einem Wert, der drei Tage lang über 200 liegt, werden die Läden wieder geschlossen. In Augsburg könnte das bald wieder der Fall sein.
Am Dienstag bewegt sich der Inzidenzwert in Augsburg bei 194,2 und damit knapp zwischen 100 und 200. Shopping im Laden mit Termin und negativem Test ist also möglich. Es gelten PCR- (maximal 48 Stunden alt) oder Schnelltests (maximal 24 Stunden alt). Ich nehme die Herausforderung an und plane einen Bummel für oben beschriebene Familie durch die Stadt.
Erste Anlaufstelle ist ein Schnelltestzentrum im Stadtteil. Nach 40 Minuten ist klar: Mein Test ist negativ, der Stadtbummel kann beginnen. Doch welche Läden haben geöffnet und wie komme ich an die nötigen Termine? Ich setze auf Internet-Recherche, doch schnell stelle ich fest: Während manche Inhaber ihre Öffnungszeiten und Telefonnummern für die Terminreservierung prominent auf der Startseite präsentieren oder es gar die Möglichkeit zur Online-Reservierung gibt, ist bei anderen nicht klar, ob für das Einkaufen mit Negativtest geöffnet ist. Bei wieder anderen habe ich Zweifel, ob die Angaben im Netz noch aktuell sind. Mein Vorhaben, eine Liste zu erstellen, wo ich hingehen kann, verwerfe ich daher. Stattdessen fahre ich direkt los und hoffe darauf, mich vor Ort anmelden zu können.
ersten Treffer lande ich bei Schuh Schmid. Hier ist Platz für bis zu 230 Personen. Spontan einen Termin zu bekommen, ist damit kein Problem. Das Personal am Eingang wirft einen Blick auf mein Testergebnis, dann kann ich in den Laden. Jeans und Turnschuhe könnte unsere Familie hier bekommen. Ebenso wenig Probleme gäbe es bei H&M gegenüber, wo ich ebenfalls spontan einen Termin bekomme und die Leggings für die Tochter kaufen könnte. Danach probiere ich mein Glück bei Galeria Karstadt Kaufhof – die Socken stehen noch auf der Einkaufsliste.
Laut Internetseite hat das Haus geschlossen, nur die Markthalle sei geöffnet, heißt es. Die Aushänge an der Eingangstüre lesen sich anders, ich frage deshalb nach. Die Männer an der Einlasskontrolle sind freundlich, sprechen aber wenig Deutsch. Bei der Frage, ob geöffnet sei, verweisen sie immer wieder auf das notwendige negative Testergebnis. Ich schließe daraus zwar, dass neben der Markthalle auch die anderen Karstadt-Bereiche geöffnet sind. Weil die Gänge aber gespenstisch leer sind, mache ich kehrt.
Auf der Suche nach den Socken komme ich beim Schuhladen Sisento in der Philippine-Welser-Straße vorbei und schaue in die Auslage. Inhaberin Karin Hoschek öffnet mir die Tür und begrüßt mich als ersten Kunden an diesem Tag. Obwohl ich gar nicht in den Laden wollte, komme ich mit ihr ins Gespräch: „Es kommt niemand, die aktuellen Vorgaben halten die Kunden ab“, erzählt Hoschek. Dann fragt sie, ob sie einen Blick auf mein Testergebnis werfen könne. „Das ist das erste Mal, dass ich so ein Dokument zu Gesicht bekomme.“Wie sie es genau prüfen und dokumentieren müsste, weiß sie nicht. Das sei nie abschließend geklärt worden. „Eigentlich müsste ich ja den Ausweis dazu verlangen, um sicherzugehen, dass Sie auch die Person zum Test sind“, sagt sie. Click & Meet in Verbindung mit einem Corona-Test ist für Karin Hoschek und ihr Schuhgeschäft aber ohnehin nicht lohnenswert.
In der Innenstadt haben doch einige Geschäfte geöffnet, es halten sich aber tatsächlich kaum Kunden darin auf. „Extra einen Test machen, um eine Hose zu kaufen, das macht doch kaum jemand“, glaubt eine Verkäuferin, die die Zahl der Kunden an diesem Tag „an einer Hand abzählen“kann. Die meisten hätten aus anderen Gründen zum Testzentrum gemusst und dann einen Einkauf als Zugabe genutzt, ist sie überzeugt. Shopping-Feeling käme im Laden keins auf.
Das spürt man auch an anderer Stelle nicht. Statt bunter Kleiderständer und fröhlicher Leute vor den Geschäften stechen einem vor allem Hinweisschilder zu den Regeln ins Auge. An manchen SchauDen fenstern gleich mehrere, manchmal wild durcheinander und nicht mehr alle aktuell. Gemütlich ist der Einkaufsbummel nicht. Wegen der Socken versuche ich es aber doch noch beim Modehaus Rübsamen. Dort sehe ich bestätigt, was auf der Homepage angekündigt war: Der Laden bleibt trotz der aktuellen Möglichkeiten des Vor-Ort-Verkaufs geschlossen. Geschäftsführer Marcus Vorwohlt erzählt am Telefon, dass sich dieses Modell für ihn nicht lohne, Click & Collect wird aber angeboten. Zu meiner Überraschung hat gegenüber aber Ernsting’s family entgegen den Auskünften im Internet geöffnet. Eine letzte Chance für die Socken. Ich werde fündig.
Steigen die Inzidenzwerte weiter so schnell an, werden sich die Regeln in Augsburg wohl noch diese Woche wieder ändern. Dann müssen die Geschäfte wieder in den Click & Collect-Modus umschalten.