Augsburger Allgemeine (Land West)
CoronaKranker missachtet Quarantäne
Justiz Ein mit Covid-19 infizierter Mann hat eine Klinik und eine Arztpraxis aufgesucht und dabei seine Erkrankung verheimlicht. Nun stand er vor Gericht. Der Richter fällte im Prozess ein klares Urteil
Obwohl er an Corona erkrankt war, hatte sich ein 38 Jahre alter Mann nicht an die häusliche Quarantäne gehalten. Stattdessen suchte der Infizierte wegen eines weiteren gesundheitlichen Problems die Augsburger Hessingklinik und einen Arzt in Schwabmünchen auf. Dabei verschwieg er gegenüber den Menschen im Krankenhaus und in der Praxis seine ansteckende Covid19-Erkrankung. Dafür wurde er unlängst am Augsburger Amtsgericht verurteilt. Denn für Richter Dominik Wagner war klar: Hier handelte es sich um eine versuchte gefährliche Körperverletzung.
Der Angeklagte habe die Ansteckung anderer Menschen billigend in Kauf genommen, betonte der Richter. Der Verteidiger des gebürtigen Nigerianers, Alexander Wilhelm, bewertete den Fall freilich anders. Er versuchte sogar, eine Einstellung
des Verfahrens auszuhandeln. Sein Mandant, derzeit Mitarbeiter eines Logistikunternehmens, war im November vergangenen Jahres positiv auf Corona getestet worden. Das Gesundheitsamt des Landratsamtes Augsburg ordnete für ihn eine zweiwöchige häusliche Quarantäne an. Doch der Mann, der während des Prozesses eine Dolmetscherin zur Seite gestellt bekam, hielt sich nicht an die Auflagen. Er ging ins Krankenhaus und zum Arzt. Auf einem Parkplatz vor einem Einkaufszentrum mit einer Apotheke wurde der QuarantäneIgnorant erwischt.
Der Hausmeister einer Asylunterkunft, in der der 38-Jährige lebt, hatte ihn dort erkannt und die Polizei gerufen. Gegen den Mann wurde ein Strafbefehl wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Höhe von 1350 Euro erlassen. Doch er legte dagegen Einspruch ein, weshalb es zum Prozess kam. In der
Verhandlung bat Verteidiger Alexander Wilhelm das Gericht um eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage.
Schließlich habe sein Mandant nur aufgrund seiner schweren Erkrankung falsch gehandelt. Wie der Anwalt später erklärte, leide der Mann unter chronischen Schmerzen und trage einen Neurostimulator, eine Art Schmerzschrittmacher, im
Körper. „Er war in seiner Heimat angeschossen worden und nach Lampedusa geflüchtet.“Sein Mandant sei in Italien knapp an einer Beinamputation vorbeigeschrammt. Am eigentlichen Tattag des Quarantäne-Verstoßes sei der Stimulator ausgefallen, der Mann habe unerträgliche Schmerzen gehabt. Ein Notarzt habe ihm geraten, in ein Krankenhaus zu gehen, berichtete Wilhelm. Das Handeln seines Mandanten sei menschlich nachvollziehbar gewesen. „Sein Fehler aber war, dass er weder Notarzt noch Klinikund Praxispersonal über seine Corona-Erkrankung informierte“, räumte der Verteidiger ein.
Für Richter Dominik Wagner kam eine Einstellung des Verfahrens nicht in Frage. „Das wird es bei mir nicht geben. Da müssten sie schon erklären können, dass sich ihr Mandant in einer lebensbedrohlichen Situation befand“, sagte er an den Verteidiger gerichtet. Seit über zwölf Monaten gebe es nun Corona und jeder wisse davon, so der Richter, der auch keinerlei Verständnis zeigte, dass der Angeklagte seine Covid-19-Infektion verschwiegen hatte. Allein in Zeiten von Corona und im Interesse der Öffentlichkeit sehe er keinen Grund für eine Einstellung des Verfahrens. Dem Angeklagten blieb nichts anderes übrig, als den Einspruch zurückzunehmen und den Strafbefehl über 1350 Euro zu akzeptieren.
Dabei hätte Verteidiger Alexander Wilhelm eine Geldauflage aus einem bestimmten Grund lieber für seinen Mandanten gesehen. Damit wäre dieser auch nicht unbescholten davongekommen und hätte einen Schuss vor den Bug erhalten, aber man hätte etwaige Probleme mit der Ausländerbehörde vermeiden können. Nun aber könnten dem Geflüchteten aus Nigeria eventuell ausländerrechtliche Konsequenzen drohen, so der Anwalt.