Augsburger Allgemeine (Land West)
Team Laschet gegen Team Söder
Union Nach dem direkten Duell im Bundestag lassen die Rivalen nun ihre Unterstützer sprechen. Und die Junge Union stellt ein Ultimatum. Entschärfen am Ende frühere Parteigrößen den Konflikt um die Kanzlerkandidatur?
Augsburg Auf den großen Knall folgt eine kurze, verdächtige Ruhe. Nach dem Showdown zwischen den beiden potenziellen Kanzlerkandidaten Armin Laschet und Markus Söder in der Bundestagsfraktion am Montag scheint die Personaldebatte der Union wieder abseits des Scheinwerferlichts geführt zu werden. Doch in Wahrheit nutzen die Kontrahenten die Atempause vor allem, um ihre Truppen zu mobilisieren. Als Erster wagt sich Reiner Haseloff aus der Deckung. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt schlägt sich auf Söders Seite. Doch schon Stunden später startet das Team Laschet die Gegenoffensive – angeführt vom schleswig-holsteinischen Regierungschef Daniel Günther.
Auch an diesem Donnerstag scheint keiner der beiden Rivalen an einen Rückzug zu denken. Noch immer ist unklar, wie CDU und CSU aus der Nummer herauskommen wollen, ohne noch größeren Schaden anzurichten. Doch der Union läuft die Zeit davon. Am Montag werden die Grünen wohl in demonstrativer Einigkeit verkünden, wer für sie im September ins Rennen geht. Umso peinlicher wäre es für Laschet und Söder, würden sie dann noch immer streiten. Selbst der eigene Parteinachwuchs erhöht nun den Druck. Die Junge Union stellt den Rivalen ein Ultimatum, sich spätestens am Samstag zusammenzuraufen. JUChef Tilman Kuban schlägt via Bild vor, die beiden sollten sich notfalls irgendwo einsperren und erst wieder herauskommen, wenn sie sich geeinigt haben. Das war allenfalls halb im Spaß gemeint, denn tatsächlich geht in der Union die Angst um, dass der erbitterte Machtkampf viele Wähler abschrecken könnte.
Sollte das Ultimatum ohne Ergebnis ablaufen, will sich die Junge Union für einen der beiden Kandidaten positionieren. Bei Markus Söder dürfte das durchaus Hoffnungen wecken. In seiner Auseinandersetzung mit dem damaligen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer war es der Parteinachwuchs, der sich offen auf seine Seite geschlagen und geholfen hatte, die Stimmung zu seinen Gunsten zu drehen. Auch jetzt wird der Jungen Union eher eine Präferenz für den Bayern nachgesagt. Am Montag hatte sich JUChef Kuban selbst allerdings noch öffentlich für Laschet ausgesprochen. Haben die turbulenten Tage seine Meinung geändert? Hat er sich anstecken lassen von der Stimmung in der Sitzung der Bundestagsfraktion, in der sich deutlich mehr Abgeordnete für Söder zu Wort gemeldet hatten? Inzwischen kursiert sogar eine Unterschriftenliste mit dem Ziel, die Fraktion über den gemeinsamen Kanzlerkandidaten abstimmen zu lassen. So lief das schon 1980, als sich CDU und CSU nicht entscheiden konnten. Damals gewann der Bayer: Franz Josef Strauß. Wird Söder auf gleichem Wege gekürt? Noch immer ist das Verfahren, wie die Union den Konflikt lösen will, unklar. Immer wieder ist die Rede davon, dass frühere Parteigrößen vermitteln könnten. Im Gespräch ist beispielsweise der CSUEhrenvorsitzende Theo Waigel. Sämtliche Umfragewerte sprechen für Söder, doch längst ist in der Union ein Streit darüber entbrannt, ob man sich an solchen flüchtigen Zahlen orientieren sollte. SchleswigHolsteins Regierungschef Günther hat eine Antwort darauf. „Ein ängstlicher Blick auf aktuelle Umfragewerte ist für eine Entscheidung von dieser Tragweite nicht ausreichend“, sagt der CDU-Politiker am Abend dem Spiegel und betont: „Armin Laschet genießt das volle Vertrauen der CDU und viele Sympathien auch in der CSU. Es wird Zeit, dass wir mit ihm an der Spitze in den Wahlkampf starten.“Hinter den Kulissen brodelt es. Dass Söder das Votum des CDU-Präsidiums für Laschet als eine Art HinterzimmerDeal diskreditiert hat, hat viele in der großen Schwesterpartei verärgert. Sie bezichtigen den Bayern des Wortbruchs. Schließlich hatte er noch am Sonntag beteuert, er werde nur kandidieren, wenn er breite Unterstützung aus der CDU habe. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Wort eines CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten gilt. Langsam wird es aber Zeit, diese klare Zusage auch einzulösen“, erinnert ihn Günther giftig daran. Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier erneuert am Donnerstag seine Unterstützung für Laschet und sagt: „Es ist doch völlig klar, dass die große CDU – das hat Markus auch immer gesagt – das erste Zugriffsrecht hat“, sagte er dem Hessischen Rundfunk.
Das Laschet-Lager argumentiert, ein Kanzlerkandidat müsse für feste Überzeugungen stehen und dürfe nicht seine Positionen dem Geist der Zeit anpassen. Das Söder-Lager hält entgegen, Umfragen stünden für die Stimmung in der Bevölkerung und man müsse den Mann aufstellen, der die größte Akzeptanz bei den Wählern habe. Das findet auch Haseloff. Er hält die Popularität für das entscheidende Kriterium. „Es hilft nichts, wenn jemand nach allgemeiner Überzeugung absolut kanzlerfähig ist, aber dieses Amt nicht erreicht, weil die Wählerinnen und Wähler ihn nicht lassen“, sagt der CDU-Politiker dem Spiegel.
Laschets Unterstützer wiederum starteten eine Unterschriftenaktion „Union für Laschet“, um zu demonstrieren, dass der Rheinländer eben nicht nur an der Parteispitze Rückhalt genieße, wie Söder das angedeutet hatte.