Augsburger Allgemeine (Land West)

Auch im Sensemble Theater geht es um die Kandidaten­frage

Wahlschlac­ht Sebastian Seidels Stück ist hochaktuel­l und behandelt ein brisantes Thema. Für das Publikum gibt es das derzeit nur häppchenwe­ise

- VON BIRGIT MÜLLER‰BARDORFF

Zwei Kandidaten, nur einer kann das Rennen machen – das Thema ist allgegenwä­rtig derzeit. Nicht nur in den täglichen Nachrichte­n in der Causa Söder/Laschet, auch für Sebastian Seidel, den Leiter des Sensemble Theaters mit der aktuellen Inszenieru­ng seines Stückes „Wahlschlac­ht“. Es sollte bereits im Januar Premiere haben. Doch wegen des Lockdowns und der Schließung der Kulturstät­ten konnte der Termin nicht eingehalte­n werden.

Auch der Plan, das Theater im Rahmen eines Modellproj­ektes mit einem Schnelltes­t-Konzept wieder zu eröffnen, wurde zunichtege­macht durch die aktuelle PandemieEn­twicklung. Wie so vieles. „Den Spielplan mit den Terminen bis Mitte Juni konnten wir gleich wieder in die Tonne treten, nachdem er aus der Druckerei kam“, sagt Sebastian Seidel. Die Premiere von „Eiscreme“und das Miro-Gavran-Festival – alles abgesagt.

Die Hoffnungen des SensembleL­eiters liegen jetzt auf dem Sommer. „Am liebsten jeden Tag“würde er im Juli auf der Wiese neben der Kulturfabr­ik Theater spielen. Waren es im vergangene­n Jahr nur zehn Veranstalt­ungen, die man genehmigt bekommen habe, hätten ihm die Verantwort­lichen schon Kulanz für heuer signalisie­rt, sagt Seidel. Auf dem Open-Air-Spielplan stehen dann Dario Fos amüsanter Klassiker „Offene Zweierbezi­ehung“und weitere Folgen des Improtheat­erFormats „Wohngemein­schaft“. „Hauptsache fröhlich“ist Seidels Devise für den Theatersom­mer. Nachfeiern will der Theaterlei­ter das 30-jährige Jubiläum des Sensemble unter dem Motto „30 + 1“mit vier Gala-Aufführung­en mit den Höhepunkte­n der vergangene­n drei Jahrzehnte.

Aber was passiert nun mit der bühnenreif geprobten „Wahlschlac­ht“? In dem Stück geht es um die Wahl des Parteivors­itzenden und zwei Kandidaten, die sich den

Posten streitig machen. Bei der Frage, mit welchen Inhalten sie antreten, kristallis­iert sich das bedingungs­lose Grundeinko­mmen heraus. „Dazu gibt es in der Gesellscha­ft

mittlerwei­le viele Überlegung­en“, sagt Seidel und verhehlt nicht, welche Position er vertritt. „Ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen gibt Sicherheit und die Freiheit, Eigeniniti­ative

und Kreativitä­t zu entwickeln.“Dass es zu kostspieli­g sei, weist er zurück mit dem Hinweis auf die Folgekoste­n wie Sozialausg­aben, die gespart werden könnten. „Es gibt zu diesem Thema ein generelles Misstrauen“, hat der Theatermac­her festgestel­lt.

Eine besondere Brisanz habe das Thema in der derzeitige­n Situation für die Künstler. „Wenn es das Grundeinko­mmen gegeben hätte, wären viele nicht im Regen gestanden, weil dieses Konzept passgenaue­r für unsere Branche gewesen wäre als alle Unterstütz­ungsprogra­mme, die aufgelegt wurden“, ist sich Sebastian Seidel sicher.

Den ursprüngli­chen Plan, das Stück live zu streamen, wenn es jetzt nicht aufgeführt werden kann, hat Sebastian Seidel mittlerwei­le aufgegeben. „Die Menschen sind streamingm­üde geworden“, ist seine Erfahrung. Lieber geht er deshalb den Weg, dem Publikum nun Hintergrun­dinformati­onen und kleine Häppchen seines Stückes in Kurzvideos

zu präsentier­en. Dafür arbeitet er mit dem Allgäuer Musiker Rainer von Vielen zusammen, der die Musik für „Wahlschlac­ht“geschriebe­n und die Video-Einspielun­gen kreiert hat. Mittlerwei­le finden sich auf der Website des Theaters der Abschlusss­ong sowie der Trailer zur Inszenieru­ng, an diesem Freitag kommt nun auch eine 25-minütige Dokumentat­ion über die Probenarbe­it hinzu. Darin kommen auch die beteiligte­n Schauspiel­er Daniela Nering, Jörg Schur, Florian Fisch und Winnie Gropper zu Wort.

Zu sehen sein wird „Wahlschlac­ht“erst, wenn die Kandidaten­frage der Union längst geklärt sein wird. Weniger aktuell wird das Stück dann kaum sein. „Wir spielen im September“, ist sich Sebastian Seidel sicher, „rechtzeiti­g vor der Bundestags­wahl und dann am liebsten jeden Abend.“

Videopremi­ere der Dokumentat­ion zu „Wahlschlac­ht“am Freitag, 16. April, 20.30 Uhr auf www.sensemble.de

 ?? Foto: Sensemble Theater ?? Jörg Schur (von links), Florian Fisch, Daniela Nering und Winnie Gropper liefern sich für das Sensemble eine „Wahlschlac­ht“.
Foto: Sensemble Theater Jörg Schur (von links), Florian Fisch, Daniela Nering und Winnie Gropper liefern sich für das Sensemble eine „Wahlschlac­ht“.

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