Augsburger Allgemeine (Land West)

Neusäß fürchtet Stillstand an seinen Bahnhöfen

Bahnverkeh­r Wie wird die Strecke zwischen Augsburg und Ulm ausgebaut? Bekommt Neusäß einen Tunnel? Diese Fragen treiben die Stadträte um. Der Projektlei­ter für den Ausbau soll demnächst Auskunft geben

- VON REGINE KAHL

Neusäß Das Klagelied über den Neusässer Bahnhof ist alt, aber immer noch aktuell: schmale Bahnsteige, durchrausc­hende Züge, fehlender Aufzug – die Mängel sind seit Jahren ein Ärgernis für Bahnfahrer und auch die örtliche Politik. Jetzt droht der seit langer Zeit avisierte Umbau zu einem barrierefr­eien Bahnhof aufs Abstellgle­is zu geraten. Im Kern geht es um die Frage: Wer ist dafür zuständig?

Maßnahmen wurden bisher mit dem Hinweis darauf vertagt, dass der Umbau in einem Aufwasch mit dem Ausbau der Bestandsst­recke Augsburg-Ulm (Stichwort drittes

Gleis) Sinn mache. Doch jetzt scheinen eben diese Pläne gar nicht mehr Wirklichke­it zu werden, andere Ausbauvari­anten werden favorisier­t. Die Bahn hat Varianten für vier Trassen vorgestell­t und dabei klargemach­t, dass dieses Projekttea­m nicht mehr für die barrierefr­eien Bahnhöfe zuständig sei. Der Stadtrat erwartet Anfang Mai daher den Projektlei­ter Markus Baumann, der mehr Klarheit in dieses Thema bringen soll.

Christian Rindsfüßer von der SPD-Fraktion ist alarmiert, seitdem die vier möglichen Trassen für die Strecke Augsburg-Ulm der Öffentlich­keit präsentier­t wurden. Er erinnerte im Stadtrat an seinen Antrag vom Oktober, dass das Gremium über die Trassenvar­ianten und die Folgen für Neusäß informiert werden müsste. Rindsfüßer nennt den barrierefr­eien Umbau der Bahnhöfe Neusäß und Westheim „dringend notwendig“. Der SPD-Politiker fordert einen Runden Tisch mit Vertretern der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t (BEG), der Deutschen Bahn, dem AVV und Vertretern der Verkehrsmi­nisterien in München und Berlin. Hier sollte ausgelotet werden, wie ein zeitnaher und realistisc­her barrierefr­eier Umbau der Bahnhöfe Neusäß und Westheim gelingen könne.

Rindsfüßer sorgt sich, dass nichts an den Bahnhöfen in Neusäß passie

Barrierefr­eier Umbau der Bahnhöfe wäre notwendig

ren könnte, wenn eine andere Variante als die des Ausbaus auf der Bestandsst­recke den Zuschlag bekommen sollte. „Dann sind Herr Baumann und sein Team davon nicht mehr berührt.“

Das sieht auch Silvia Daßler von den Grünen so, Baumann habe ja bereits mehrfach öffentlich darauf hingewiese­n. Daßler betonte, dass die Stadt ja bereits mit einer Planung für den Umbau zur Barrierefr­eiheit ihre Hausaufgab­en gemacht habe. „Darauf sollten wir aufbauen.“Die Stadträtin warnt davor, dass die Zuständigk­eit für den Umbau zwischen Bund und Land hin- und hergeschob­en werde.

Bürgermeis­ter Richard Greiner (CSU) brachte einen neuen Aspekt in die Diskussion. Der Umbau der Bahnsteige werde dann Thema, wenn die neuen Triebwagen an den Betreiber Go-Ahead vergeben werden. Greiner: „Bis dahin müssen die Steige auf die neuen Fahrzeuge absein.“In dem Zug muss nach Ansicht von Greiner auch diskutiert werden, welche Verbesseru­ngen sonst an den Bahnhöfen möglich seien. Die Verwaltung führe bereits Gespräche mit der Deutschen Bahn und Go-Ahead, die die Netze für den Nahverkehr in Zukunft betreiben wird. Darüber würden die Stadträte bald informiert.

Unabhängig vom Umbau der Bahnhöfe wird der Ausbau der Strecke Augsburg-Ulm in Neusäß in nächster Zeit weiter rege diskutiert werden. Zwar ist weder klar, wann und wo gebaut wird, noch, wie viel Geld das Vorhaben, das im Bundesverk­ehrswegepl­an mit zwei Milliarden Euro veranschla­gt ist, letzten Endes kosten wird. Doch je mehr Überlegung­en öffentlich werden, desto größer wird die Unruhe in den an der Bahnlinie liegenden Kommunen im westlichen Landkreis Augsburg, zum Beispiel auch in Dinkelsche­rben. Es bleibt die Sorge, dass der Nahverkehr hinten durchfalle­n könnte.

Vier bis zu 500 Meter breite Planungsko­rridore gibt es. Einer läuft bis Dinkelsche­rben auf der jetzigen Strecke und dann durch den südlichen Landkreis Günzburg Richtung Ulm. Die anderen drei orientiere­n sich früher oder später Richtung Autobahn. Daraus wollen die Planer vier etwa 20 Meter breite Trassen entwickeln, wobei auch Kombinatio­nen unter den jetzigen Korridoren möglich sind.

Anfang 2023 sollen die Vorschläge auf dem Tisch liegen. Bis Anfang 2024 will sich die Bahn auf ihre Vorzugsvar­iante festlegen und diese dem Bundestag zum Beschluss vorschlage­n. Für den Neusässer Bundestags­abgeordnet­en Hansjörg Durz (CSU) ist aus Landkreiss­icht nach wie vor der Ausbau der Bestandsst­recke bis Dinkelsche­rben die beste Lösung. Sie würde nicht nur mehr Platz auf der Schiene, songestimm­t dern auch einen Ausbau der Bahnhöfe und des Lärmschutz­es dort mit sich bringen. Sie sei „die einzige Variante, mit der beides gelöst ist“, sagte Durz im Kreistag.

Der Neusässer SPD-Stadtrat Rindsfüßer hat sich alle vier Trassenvar­ianten zwischen Augsburg und Ulm genau angeschaut und sieht Probleme auf Neusäß zukommen, etwa durch Eingriffe ins Schmuttert­al oder einen Tunnel auf Neusässer Flur. Damit die Neusässer Kommunalpo­litiker mehr zum Stand der Dinge erfahren, wird der Projektlei­ter Markus Baumann von der Bahn AG am 6. Mai in der Stadtratss­itzung zu Gast sein und die Planungsva­rianten für die neue Streckenfü­hrung von Augsburg nach Ulm vorstellen. Ziel der Bahn bleibt: mit dem ICE in unter 30 Minuten von Augsburg nach Ulm. Ein Thema im Stadtrat wird daher sein, was das für den Nahverkehr bedeutet.

 ?? Foto: Marcus Merk (Archivbild) ?? Die Bahnhöfe Westheim und Neusäß liegen an der Bahnstreck­e Augsburg‰Ulm, die wie hier bei Westheim ausgebaut werden soll.
Foto: Marcus Merk (Archivbild) Die Bahnhöfe Westheim und Neusäß liegen an der Bahnstreck­e Augsburg‰Ulm, die wie hier bei Westheim ausgebaut werden soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany