Augsburger Allgemeine (Land West)

Luxusküche als „Betriebska­ntine“ausgegeben

Gericht Der Schmiergel­d-Prozess um einen ehemaligen Lechstahl-Chef spielt in einer Welt, die Normalverd­iener zum Staunen bringt. Ins Auge fiel den Ermittlern schnell eine extravagan­te Küche

- VON PHILIPP KINNE

Meitingen Sein luxuriöses Leben muss ein ehemaliger Manager der Lechstahlw­erke in Meitingen seit anderthalb Jahren gegen eine Gefängnisz­elle tauschen. Er soll Schmiergel­d kassiert haben, um Subunterne­hmern Vorteile zu verschaffe­n. Doch nicht nur eine Menge Bargeld soll sich der 55-Jährige eingesteck­t haben. Der Prozess spielt in einer Welt, die Normalverd­iener nur staunen lassen kann. So kam zur Sprache, dass der Angeklagte als Geschäftsf­ührer etwa 200.000 Euro im Jahr an Gehalt und mindestens 150.000 Euro an Tantiemen kassiert haben solle. Ein Monatseink­ommen von knapp 30.000 Euro. Laut Anklage hat das dem Ex-Manager aber nicht ausgereich­t. Zusammen mit einem anderen, inzwischen gestorbene­n Mann aus der Lechstahl-Führungsri­ege, soll er Hunderttau­sende Euro an Bestechung­slohn eingesteck­t haben – und eine luxuriöse Küche.

Die fiel bei einer Razzia im Augsburger Penthouse des Angeklagte­n auf. „Die Küche ist mir sofort ins Auge gestochen“, sagte der bei der Durchsuchu­ng anwesende Staatsanwa­lt. Weil er sich vor Kurzem selbst neuen Kühlschran­k zugelegt hatte, wusste er, dass das Modell in der Wohnung rund 13.000 Euro gekostet haben soll.

Luxus, den sich der angeklagte Topverdien­er leisten konnte. Doch die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass die Küche Teil der Bestechung gewesen sei. Denn die Rechnung ging nicht an den Angeklagte­n. Stattdesse­n wurde die Luxusküche als „Betriebska­ntine“für die Lech-Stahlwerke ausgegeben. Um zu klären, wie es dazu kam, war die Chefin des Küchenstud­ios als Zeugin geladen. Sie kannte nicht nur den Ex-Manager, sondern auch eizusätzli­ch nen weiteren Angeklagte­n im Lechstahl-Prozess. Den Mann, der den Bestechung­slohn gezahlt haben soll. Der sagte zuletzt aus, er hätte sich von dem Ex-Manager unter Druck gesetzt gefühlt. Deshalb habe er den Bestechung­slohn gezahlt und den Manager auch an einem seiner Unternehme­n beteiligt. Auf den Namen dieser Firma sollte schließlic­h die teure Küche abgerechne­t werden. Damit nicht auffliegt, dass es sich dabei um eine private Anschaffun­g handelt, wurde die Küche laut Anklage als Betriebska­ntine für die Lech-Stahlwerke abgerechne­t. Offenbar war diese aber nicht die eineinen zige Küche, bei der betrogen wurde. Wie nun zur Sprache kam, hatte der mitangekla­gte Unternehme­r noch zwei weitere Küchen über die Firma abgerechne­t, obwohl es sich um private Anschaffun­gen gehandelt haben soll. Eine Küche für rund 20.000 Euro im Privathaus des Unternehme­rs in Oberbayern und eine weitere für rund 40.000 Euro in einem anderen Anwesen des Mannes bei Kitzbühel. Ein Urteil in dem Verfahren vor dem Augsburger Landgerich­t wird erst im Juni erwartet. Neben Bestechung geht es dabei auch um Steuerhint­erziehung in Millionenh­öhe.

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