Augsburger Allgemeine (Land West)
Höhere Gebühren allein reichen Diedorf nicht
Finanznot Im Haushalt der Gemeinde klaffen große Lücken. Die Kommunalaufsicht mahnt zum Sparen. Die Gebühren für Kinderbetreuung wurden seit Jahren nicht erhöht – reicht das?
Diedorf Der Finanzausschuss der Gemeinde Diedorf musste sich mit unangenehmen Themen beschäftigen. Diedorf fehlt das Geld. In einem Schreiben der Kommunalaufsicht, das den Gemeinderäten und unserer Zeitung in der Sitzung vorgelegt wurde, steht: Statt einer Zuführung zum Vermögenshaushalt ist eine „Zuführung an den Verwaltungshaushalt prognostiziert, was eine Ausnahme darstellen sollte“. Das bedeutet: Um seine laufenden Kosten zu decken, könnte Diedorf auf das Kapital zurückgreifen müssen, das normalerweise für Investitionen vorgesehen ist.
Die Kommunalaufsicht gesteht in dem Schreiben zwar zu, dass die Gemeinde sich im Jahr 2021 auch in einer Ausnahmesituation befinde. Obwohl die Einnahmen stagnieren oder fallen, sei eine „Rekordkreisumlage“zu entrichten, da diese sich auf Basis der Daten aus dem Jahr 2019 berechnet. Trotzdem macht die Behörde einige Vorschläge, wo Diedorf einsparen könnte: Bei Grundsteuer, Kinderbetreuung und Gebühren könnte die Marktgemeinde nachbessern.
In der Sitzung wurde deshalb vor allem über diese Themen diskutiert. Kämmerer Herbert May skizzierte zum Beispiel eine Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 350 auf 400 Punkte. Das würde der Gemeinde Mehreinnahmen von etwa 150.000 Euro bringen. Der Hebesatz sei in Diedorf seit 1978 nicht mehr angepasst worden, erklärte der Kämmerer. Allerdings präsentierte er auch Vergleichszahlen, die zeigen, dass Diedorf seine Bürger schon jetzt mehr belastet als Beispiel Neusäß oder Stadtbergen: Hier gilt ein Hebesatz von 310 Punkten.
In der Ausschusssitzung wurde deshalb die Gewerbesteuer als mögliche Stellschraube angesprochen. In den kommenden Klausursitzungen wollen die Gemeinderäte auch darüber beraten und eine Möglichkeit skizzieren, mehr Kleingewerbe in den Ort zu holen. Viele Handwerksbetriebe seien auf der Suche nach neuen Standorten, erklärte zum Beispiel Anita Rosas Wolf (WfD). Horst Heinrich (CSU) nennt „stilles
Gewerbe“wie zum Beispiel Architekturbüros.
Auch über eine Anhebung der Gebühren für die Kinderbetreuung diskutierte der Ausschuss lebhaft. Aktuell fährt Diedorf hier ein Defizit von 2,5 Millionen Euro ein, das auch die Kommunalaufsicht ankreidet. Die zuständige Sachbearbeiterin in Diedorf, Nicole Gebele, hatte in der Vorbereitung für die Ausschusssitzung beispielhaft berechnet, was eine Anhebung der Gebühren um 50 und um 100 Prozent für die Gemeinde und für die Eltern bezum deuten würde. Der Ausschuss stellte allerdings schnell fest: Auch bei einer Verdopplung der Gebühren würden nur etwa 14 Prozent des hohen Defizits verschwinden.
Eine Erhöhung der Gebühren schien im Ausschuss trotzdem außer Frage zu stehen. „Wir haben über all die Jahre versucht, die Kinderbetreuung so günstig wie möglich anzubieten, aber jetzt ist es so, wir haben kein Geld mehr“, sagte Frank Wasser (BU). Er plädierte tatsächlich für eine „kräftige“Anhebung der Gebühren, verbunden mit der
Einrichtung eines Härtefallfonds und großflächiger Information über die Gründe.
Daniel Fendt sprach sich für eine schrittweise Erhöhung der Gebühren über die nächsten Jahre aus: „Ansonsten bestrafen wir Familien dafür, dass wir jahrzehntelang nicht erhöht haben.“Außerdem forderte er Differenzierung und nicht eine pauschale Anhebung über alle Sparten. Man müsse genau hinschauen: „Wo trifft es die Eltern oder Alleinerziehende übermäßig?“
Besonders heftig würden die Erhöhungen sicherlich Familien mit Kindern im Hort oder in der Krippe betreffen. In diesen Bereichen würden berufstätige Elternteile einen Teil ihres Einkommens schnell wieder einbüßen. „Da überlegt man sich dann schon, ob man tatsächlich halbtags arbeiten geht“, gab Daniela Hüttel zu bedenken. Beim Kindergarten würde eine Erhöhung weniger ins Gewicht fallen. Der bayerische Staat zahlt seit April 2019 für jedes Kind pauschal 100 Euro. „Wenn ich daran denke, was zum Beispiel Fußballtraining mittlerweile kostet, sollte auch diese Betreuung etwas wert sein“, kommentierte Johanna Jiresch-Spengler (CSU).
Bürgermeister Peter Högg war es wichtig, zu betonen, dass die Beispielrechnungen kein Beschlussvorschlag der Verwaltung seien, sondern nur zur Veranschaulichung dienen sollten. Er bemerkte außerdem: „Nur mit dem Kindergartenbereich können wir den Haushalt nicht sanieren.“Auch Frank Wasser betonte: „Wir dürfen niemand einseitig belasten.“Die Gemeinderäte nehmen die Überlegungen jetzt mit in ihre Fraktionen und anschließend in die Klausur.