Augsburger Allgemeine (Land West)

Was natürliche Zucker-Alternativ­en taugen

Viele Menschen, die weniger Zucker essen wollen, greifen auf Fructose, Agavendick­saft oder Stevia zurück. Doch das ist nicht immer die bessere Wahl. Denn es gibt auch dabei Gefahren

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Zu viel Zucker in der Ernährung begünstigt Übergewich­t, Karies, Diabetes und andere Zivilisati­onserkrank­ungen. Jeder weiß es, doch die Vorliebe für Süßes kann sehr hartnäckig sein. Sie ist teils angeboren, teils durch die Gewohnheit geprägt. Der Handel bietet daher mehr und mehr süße Alternativ­en an, die sich als gesünder, natürliche­r oder leichter präsentier­en als herkömmlic­her Haushaltsz­ucker. Und für die man zum Teil tief in die Tasche greifen muss, wie beispielsw­eise beim Kokosblüte­nzucker, der zu Kilopreise­n von etwa 8 bis 20 Euro zu haben ist.

Er wird mit viel Handarbeit aus dem eingedickt­en Blütennekt­ar von Kokospalme­n gewonnen. Vier Liter ergeben etwa ein Kilogramm des hellbraune­n, karamellar­tig schmeckend­en Blütenzuck­ers. Die Behauptung, er ließe den Blutzucker­spiegel weniger schnell ansteigen als Rübenzucke­r, lässt sich nicht wissenscha­ftlich untermauer­n. Wenig verwunderl­ich, denn seine chemische Zusammense­tzung ähnelt stark dem herkömmlic­hen Zucker und besteht vor allem aus Saccharose und ihren Bausteinen Glucose und Fructose.

Dies gilt auch für andere Zuckeralte­rnativen wie Agavendick­saft, Dattel- und Ahornsirup. Sie alle bringen ihre eigenen Geschmacks­noten mit, allerdings auch ähnlich viele Kalorien wie Zucker. Bei Sirup mit einem hohen Fructosean­teil, etwa aus der Agave, lässt sich etwas einsparen, weil Fruchtzuck­er stärker süßt und somit weniger Sirup ausreicht. Auf fructosere­iche Süßungsmit­tel umzusteige­n, ist jedoch nicht zu empfehlen, da eine erhöhte Zufuhr negative Folgen haben kann.

Aus der Nahrung aufgenomme­ne Fructose wird in der Leber zu Fettbauste­inen verarbeite­t. Diese gelangen zurück in den Blutkreisl­auf und verschlech­tern die Blutfettwe­rte. Ein Teil der Fructose wird in Form von Fett in der Leber gespeicher­t. Bei übermäßige­m Fruchtzuck­erkonsum kann ähnlich wie bei Alkoholkra­nken eine Fettleber entstehen. Fructose mindert das Sättigungs­gefühl und erhöht das Risiko für Übergewich­t und Gicht, da der Abbau den Harnsäures­piegel steigen lässt.

Auch wer nur gelegentli­ch mit Fructose gesüßte Speisen und Getränke verzehrt, sollte wissen, dass der menschlich­e Darm nicht für die Verarbeitu­ng größerer Mengen ausgelegt ist. Bei Überlastun­g kommt es zu Verdauungs­beschwerde­n. Die verträglic­he Menge an Fruchtzuck­er ist dabei individuel­l unterschie­dlich. Ähnliches gilt für Xylit und Erythrit. Kalorienre­duzierte Lebensmitt­el, die diese Zuckeraust­auschstoff­e enthalten, müssen deshalb den Warnhinwei­s aber auch aus Pflanzenre­sten wie Maisstroh oder Getreidekl­eie gewonnen. Das weiße, kristallin­e Pulver enthält rund 40 Prozent weniger Kalorien als Haushaltsz­ucker und lässt sich ähnlich verarbeite­n. Häufig findet man Xylit auch in Zahnpflege­kaugummis, denn der Stoff kann nachweisli­ch die Bildung von Zahnbelag hemmen und zur Kariesprop­hylaxe beitragen.

2011 wurden Stevioglyc­oside (E 960) als Süßstoff zugelassen. Sie sind kalorienfr­ei, schmecken lakritzart­ig und süßen gut 200 Mal stärker als Zucker. Beworben werden sie als natürliche Alternativ­e zu künstliche­n Süßstoffen, da sie aus der Steviapfla­nze stammen. Zur Gewinnung sind allerdings aufwendige chemische Prozesse nötig, sodass von Natürlichk­eit kaum die Rede sein kann.

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Foto: Daniele Depascale, Adobe Stock Aus der Steviapfla­nze lässt sich ein Zu‰ ckerersatz­stoff gewinnen.
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Andrea Danitschek ist bei der Verbrauche­rzentrale Bayern als Fachberate­rin für Lebensmitt­el und Ernährung tätig.

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