Augsburger Allgemeine (Land West)

So geriet der FCA in den Abstiegska­mpf

Analyse Trotz des besten Starts seiner zehnjährig­en Bundesliga­geschichte muss der FC Augsburg zittern. Das hat Gründe

- VON JOHANNES GRAF

Die mahnenden Worte von Heiko Herrlich hatten nicht den Weg in die Köpfe der Spieler gefunden. Vor dem bedeutungs­vollen Heimspiel gegen den 1. FC Köln hatte der Trainer des FC Augsburg sich zuversicht­lich gegeben. Hatte davon gesprochen, dass jeder um die Situation wisse. Dass man einen großen Schritt machen könne. Zu sehen war davon während der 2:3-Niederlage gegen Köln in der ersten Hälfte überhaupt nichts, selten hat sich eine Mannschaft des FC Augsburg derart leidenscha­ftslos in ihr Schicksal ergeben.

Gegen Köln verpasste der Fußball-Bundesligi­st nicht nur eine weitere Chance, sich dem Klassenerh­alt zu nähern. Mehr noch, er geriet endgültig mitten hinein in den Kampf gegen den Abstieg, der in den letzten Spieltagen mitunter verrückte Züge annehmen kann. Den FCA trennen vor den finalen Begegnunge­n mit Stuttgart, Bremen und München vier Punkte vom Relegation­splatz, auf dem Köln steht (29 Punkte). Hinzu kommt mit Hertha BSC eine schwer einzukalku­lierende

Variable. Wegen der Corona-Quarantäne mussten Spiele der Berliner verlegt werden, erst vor den letzten beiden Spieltagen wird die Tabelle ein bereinigte­s Bild abgeben.

Fest steht: Gewinnen die Berliner eines ihrer drei Nachholspi­ele, trennen den FCA noch vier Punkte von einem direkten Abstiegspl­atz. Wahr ist aber auch: Zuvor könnte dem FCA in Stuttgart ein Befreiungs­schlag im Abstiegska­mpf gelingen. Aber warum befindet sich der FCA jetzt in der Abstiegszo­ne, obwohl der Vorsprung lange Zeit so komfortabe­l schien?

Vor der Saison drohte der Mannschaft von Trainer Herrlich ein schwierige­r Start in die Runde. Stattdesse­n überrascht­e der FCA positiv, Siegen gegen Union Berlin und Dortmund folgte ein Punktgewin­n gegen Wolfsburg. Als der FCA am sechsten Spieltag gegen Mainz 3:1 gewann und den besten Start seiner zehnjährig­en Bundesliga­geschichte hingelegt hatte, blickten die Augsburger einer entspannte­n Saison entgegen. Auch wenn die Mannschaft spielerisc­h etliches schuldig blieb, so dienten doch Zähler und Tabellenst­and als schlagkräf­tige Argumente. Über Wochen hinweg zehrte der FCA von seinem guten Start, außerdem schwächelt­en mit Schalke, Mainz, Köln oder Bielefeld andere Mannschaft­en.

Augsburg konnte sich eine kleinere Schwächeph­ase mit zwei Punkten aus fünf Spielen leisten, weil es Mitte Dezember gegen Bielefeld und Anfang Januar gegen Köln immens wichtige 1:0-Erfolge feierte. Nach 14 Spieltagen betrug der Abstand zum Relegation­splatz neun Punkte. Kritik an seiner Taktik perlte an Herrlich ab, schließlic­h verbuchte er mit seiner defensiven Herangehen­sweise Erfolge und landete just in dem Moment Siege, wenn seine Arbeit vehement infrage gestellt wurde.

Doch: In den folgenden sieben Partien holte der FCA nur mehr drei Punkte, und so schmolz der Vorsprung auf vier Zähler zusammen. Trainer Herrlich musste zusehends um seinen Job bangen, als Fehler gegnerisch­er Torhüter zu vier Punkten verhalfen (1:1 gegen Leverkusen, 1:0 gegen Mainz).

Bedrohlich war die Situation deshalb immer noch nicht, doch ab dieser Phase der Saison kamen zwei Dinge zusammen, die sich negativ für Augsburg auswirkten: Einerseits punkteten vermeintli­ch abgeschlag­ene Teams wie Mainz, Bielefeld oder Köln beständig, anderersei­ts unterlag der FCA in den direkten Duellen.

In den sogenannte­n „SechsPunkt­e-Spielen“verpasste der FCA nicht nur große Schritte Richtung Klassenerh­alt, er ließ sich durch Niederlage­n in den Abstiegska­mpf hineinzieh­en. Die Erfolge gegen Mönchengla­dbach und Hoffenheim waren weit weniger wert, weil gegen Bielefeld ein Sieg ausblieb und die Begegnunge­n mit Hertha BSC, Schalke und Köln verloren gingen.

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Foto: Matthias Balk, dpa Trainer Heiko Herrlich und Ruben Vargas befinden sich mit dem FC Augsburg mitten im Abstiegska­mpf.

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