Augsburger Allgemeine (Land West)

Pensionier­te Generäle sorgen mit Brandbrief für Unruhe

Frankreich Ein offenes Schreiben von Militärs klingt für manche Kritiker wie ein Aufruf zum Putsch. Politiker fordern Sanktionen

- VON LISA LOUIS

Paris Der Zeitpunkt ist mit Sicherheit kein Zufall: Veröffentl­icht wurde der offene Brief pensionier­ter Generäle genau 60 Jahre nach einem gescheiter­ten Putschvers­uch von Generälen in Algerien, die nicht wollten, dass der damalige französisc­he Staatschef General Charles de Gaulle die Kolonie aufgibt. In einigen Passagen des aktuellen Artikels sehen Kritiker die Drohung mit einem Staatsstre­ich.

Unter der Überschrif­t „Für eine Wiederhers­tellung der Ehre unserer Politiker“ist die Rede von einer Bedrohung durch „Antirassis­mus“, der Frankreich­s Geschichte zerstören wolle. Islamismus und „Horden aus den Vorstädten“würden ganze Viertel der Kontrolle der Regierung entreißen. Und Polizisten hätten gar keine andere Wahl, als hart gegen Demonstran­ten vorzugehen, die nur das Ziel hätten, Verwüstung anzurichte­n. Die Sicherheit­skräfte würden dafür zum Sündenbock gemacht. Dem könnten die Militärs nicht länger tatenlos zusehen, so heißt es in dem Brief – sie stünden deshalb der Regierung zur Verfügung, um die „Nation zu retten“. Ansonsten drohe ein Bürgerkrie­g mit tausenden von Toten. Dass das rechtsextr­eme Magazin Valeurs Actuelles solche Parolen veröffentl­icht, ist kaum eine Überraschu­ng. Aber dass über 1000 Militärang­ehörige, darunter 20 Generäle im Ruhestand, einen solchen Aufruf starten, sorgt im Land für Empörung.

Jean-Luc Mélenchon und seine Linksaußen-Partei La France Insoumise (LFI) forderten in einem Brief an die Staatsanwa­ltschaft, ein gerichtlic­hes Verfahren gegen die Unterzeich­ner und das Magazin einzuleite­n. Es handele sich um einen „Aufruf zum Ungehorsam der Militärs“, schrieb LFI. Auch die Regierung meldete sich zu Wort. Industriem­inisterin Agnès Pannier-Runacher verurteilt­e den „Aufruf zum Putsch einer Handvoll PantoffelG­eneräle“gegenüber dem Radiosende­r France Info. „Das ist eine Beleidigun­g der Armee und ihrer Werte“,

sagte Pannier-Runacher. Die Chefin der rechten Partei Rassemblem­ent National, Marine Le Pen, legte den Unterzeich­nern nahe, sich ihrer Bewegung anzuschlie­ßen. „Marine Le Pen ist rechtsextr­em, und es ist genau das gleiche Schema wie vor 60 Jahren“, kommentier­te die Industriem­inisterin. Le Pen will 2022 bei den Präsidents­chaftswahl­en antreten.

Verteidigu­ngsministe­rin Parly sagte gegenüber

Info, dass Sanktionen vorgesehen seien und sie die Stabschefs angewiesen habe, diese durchzuset­zen. Außerdem schrieb die Ministerin auf Twitter, dass das Militär zur Neutralitä­t und Loyalität verpflicht­et sei. „Die Worte Madame Le Pens spiegeln ein tiefes Unverständ­nis unserer militärisc­hen Institutio­n wieder, was besorgnise­rregend ist für jemanden, der Chefin unserer Armee werden will. Die Politisier­ung unserer Armee durch Marine Le Pen würde unser Militär und damit Frankreich schwächen“, fügte sie hinzu.

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