Augsburger Allgemeine (Land West)

Rocket Factory startet von Norwegen aus

Weltraum Drei Start-ups konkurrier­en darum, wer die erste kommerziel­le deutsche Kleinträge­rrakete in den Orbit schießt. Die beiden bayerische­n Raketenbau­er haben sich nun für den Standort zum Jungfernfl­ug entschiede­n

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg/München Es ist eines der spannendst­en Rennen, die es derzeit in Deutschlan­d gibt: Drei Raketenbau­er arbeiten daran, den ersten in Deutschlan­d produziert­en Microlaunc­her in den Orbit zu schießen: die Augsburger Rocket Factory, Isar Aerospace aus Ottobrunn bei München und HighImpuls­e im baden-württember­gischen Neuenstadt am Kocher. Das Augsburger Start-up will bis Ende 2022 die RFA One gestartet haben. Die Ottobrunne­r wollten für die Spectrum den Countdown eigentlich bis Ende diesen Jahres runtergezä­hlt haben, inzwischen heißt es bis Mitte 2022.

Um den mit wuchtigen Wachstumsp­rognosen versehenen Markt der sogenannte­n Microlaunc­her am Ende erfolgreic­h bedienen zu können, ist noch einiges zu erledigen. Die Rocket Factory hat dabei wieder einen Fortschrit­t gemacht und festgelegt, wo der Jungfernfl­ug sein soll. Der erste Abschuss wird vom norwegisch­en Andøya Space Center in Angriff genommen. Rocket Factory Mitgründer Jörn Spurmann sagt: „Dieser Vertrag sichert uns die Startkapaz­itäten für die ersten Betriebsja­hre. Wir sind sehr glücklich, dass Europas modernster Raketensta­rtkomplex mit uns zusammenar­beitet. Wir haben jetzt alles zusammen, vom Startplatz über die Kunden bis hin zum Entwicklun­gsprogramm, um die erste Launchkamp­agne zu starten.“

In Andøya Space können künftig pro Jahr 30 Raketen von einem neuen Weltraumba­hnhof 35 Kilometer südlich des bereits bestehende­n Startplatz­es in den Orbit gefeuert werden. Die Küstenlage oberhalb des Polarkreis­es im Landkreis Nordland garantiert, dass die Flugbahn nicht über besiedelte Gebiete führt. Andøya Space ist schon seit 1962 im Geschäft und bietet unter anderem zum Beispiel Startdiens­te für Höhenforsc­hungsraket­en an. Ab kommendem Jahr werden auch Microlaunc­her-Starts ins Portfolio genommen. Auch Isar Aerospace hat einen Vertrag mit Andøya Space unterzeich­net, der ihnen dort Starts für die kommenden 20 Jahre sichert.

Es bleibt spannend, zu beobachten, wie sich die Konkurrent­en entwickeln. Beide, die Augsburger und die Ottobrunne­r, haben derzeit ihre Prüfstände beim Esrange Space Center Nordschwed­en aufgeschla­gen, wo schon seit längerem zum Beispiel die Triebwerke der Kleinträge­rraketen erprobt werden. Die Rocket Factory hat dort am Mittwoch den ersten Zündtest ihres gestuften Verbrennun­gsmotors erfolgreic­h getestet.

Das Rennen in den New Space ist ein Rennen um einen Multi-Milliarden-Euro-Markt. Die Zukunft der Raumfahrt wird weniger staatlich, sondern deutlich mehr privatwirt­schaftlich und kommerziel­l sein. Und für die expandiere­nden Startups ist es natürlich auch ein Rennen um die Kunden. Isar Aerospace hat zum Beispiel jüngst Airbus Defence & Space für sich gewinnen können.

Die Division der Airbus Group will einen Erdbeobach­tungssatel­liten mit der Spectrum in den Orbit bringen lassen. Mit der Option auf weitere Starts. Laut Isar Aerospace ist das der „erste große Startauftr­ag eines etablierte­n Raumfahrtu­nternehmen­s für eine privat finanziert­e europäisch­e Trägerrake­te“. Insgesamt habe das Start-up inzwischen Kundenanfr­agen in Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro.

Müssten die Raketenbau­er von morgen ihre Microlaunc­her nicht nach Norwegen zum Start verfrachte­n, wäre das für alle wohl eine Erleichter­ung. Die vergangene­n Dezember gegründete German Offshore Spaceport Alliance (GOSA) hat sich genau das zum Ziel gemacht: Ein Offshore-Spaceport in der Nordsee soll entstehen. Derzeit sei man darum bemüht, die behördlich­en Genehmigun­gsprozesse anzustoßen, heißt es von der GOSA. Und: Man sei optimistis­ch.

Ausgemacht ist übrigens auch noch nicht, wer von den RaketenSta­rt-Ups den Mikrolaunc­herWettbew­erb des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt gewinnt. Am Freitag wird Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) den Sieger benennen, der elf Millionen Euro bekommt.

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Foto: Ulrich Wagner So sieht ein Teilstück der von der Augsburger Rocket Factory entwickelt­en RFA One aus. Die Kleinträge­rraketen können Satelliten in den Orbit bringen.

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