Augsburger Allgemeine (Land West)
„Wir kennen nur Hockey und Hotel“
Eishockey John Rogl und Simon Sezemsky bereiten sich mit der Nationalmannschaft auf die Weltmeisterschaft vor. Über das Leben in der Blase, die Chance auf eine Turnier-Teilnahme und ein „riesiges“Verteidiger-Paar
Es ist ein Leben zwischen Extremen und nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig, wie sich die deutschen Eishockey-Nationalspieler auf die Weltmeisterschaft in Lettland vorbereiten. „Wir kennen nur Hockey und Hotel. Dazwischen wird noch etwas Bus gefahren“, schildert John Rogl die zweite Vorbereitungsphase in Nürnberg.
Im ersten Teil des Warmlaufprogramms mit den beiden Tests zum Abschluss gegen die Slowakei (4:5 nach Penaltyschießen und 1:2) waren noch vier Panther-Profis im Aufgebot des Deutschen EishockeyBundes gestanden. Neben Rogl und Simon Sezemsky noch die Stürmer Marco Sternheimer und Maximilian Eisenmenger. Danach sortierte der Bundestrainer sein Personal und berief neun neue Spieler, vor allem aus München und Köln. Für die AEVAngreifer kamen nun gestandene Kräfte, Rogl und Sezemsky durften bleiben. „Für mich ist es eine Ehre, auch jetzt noch dabei zu sein. Überhaupt habe ich mich über die Einladung von Bundestrainer Söderholm gefreut. Bis zu dieser Maßnahme habe ich ja ausschließlich für das Topteam Peking gespielt“, sagt Rogl. Das Topteam Peking ist eine Art B-Nationalmannschaft mit jungen Perspektivspielern. Ob die Reise für die beiden Panther bis nach Riga in Lettland führt, ist offen. Der Füssener Sezemsky ist nach der Verletzung von Bernhard Ebner (Düsseldorfer EG) mit seinen Schuss-Qualitäten im Überzahlspiel ein besonders gefragter Spielertyp.
In den Tagen von Nürnberg geht es darum, Söderholms Spielsystem einzustudieren. Die Umstellung zur Taktik im Klub ist groß. „Wir spielen mit mehr Puckbesitz. Wir sollen unter Druck die Scheibe nicht einfach nach vorne wegschlagen, sondern im Zweifel noch mal umdrehen und neu aufbauen“, schildert Rogl die Eishockey-Philosophie des Finund fügt an: „Ständig der Scheibe hinterherzulaufen macht müde.“
Das Unterzahlspiel legt Söderholm aggressiver aus, als es Rogl aus dem Klub kennt. Eine Maxime des Bundestrainers lautet: „Wir wollen mehr spielerisch lösen.“Als nächste Tests folgen am Donnerstag (18 Uhr/live in und Samstag (13.30 Uhr/live und kostenlos bei
die Partien gegen Tschechien. Der dritte Abschnitt der WM-Vorbereitung beginnt am 4. Mai ebenfalls in Franken und gipfelt in zwei Spielen gegen Belarus am 7. und 8. Mai. Zum WM-Auftakt am 21. Mai wartet Italien als erster Gegner auf die Nationalmannschaft. Söderholm betont, dass er auf eine eingespielte Mannschaft setzen wird. Denn zum einen dürften sich die Play-offs in der National Hockey League mit Superstar Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers oder mit dem Augsburger Nico Sturm (Minnesota Wild) noch hinziehen. Außerdem dauert es in Corona-Zeiten viel länger, die NHLProfis aus Übersee in das Nationalteam einzubauen. Der internationanen le Eishockeyverband IIHF hat einen Quarantäne- und Testplan aufgestellt. Demnach vergehen zwischen der Ankunft in Lettland und dem ersten WM-Einsatz sieben Tage. Die Titelkämpfe in der Hauptstadt Riga dauern jedoch insgesamt nur 17 Tage. Die Corona-Pandemie wirft die üblichen Szenarien über den Haufen.
Wie bereits während der Punktrunde in der Deutschen EishockeyLiga bestimmen die Hygiene-Regeln den Sportler-Alltag. In Nürnberg noch mehr als zu Hause in
Augsburg. „Wir dürfen nur zum Training und zurück. Dürfen das Hotel nicht verlassen und auch nicht auf andere Zimmer gehen“, erzählt Rogl, der zumindest einen Zimmerkollegen hat, mit dem er sich prächtig versteht. Torhüter Mirko Pantkowski von der Düsseldorfer EG kennt der AEV-Verteidiger, der am 3. Mai seinen 25. Geburtstag feiert, aus gemeinsamen Zeiten beim Zweitligisten Kassel Huskies.
Die enttäuschende DEL-Runde der Panther mit dem Verpassen der Play-offs fasst der gebürtige Landshuter so in Worte: „Wir hatten eine durchwachsene Saison mit einigen Hochs und Tiefs. Letztendlich waren wir nicht konstant genug und haben uns zu viele Fehler erlaubt.“Zur Trainerfrage will er sich nicht äußern und vertraut auf die große Erfahrung von Hauptgesellschafter Lothar Sigl: „Ich nehme es, wie es kommt.“Heißt das, dass Rogl seinen Vertrag in Augsburg bereits verlängert hat? „Ich fühle mich sehr wohl in Augsburg und würde gerne bleiben. Mein Agent führt die Gespräche.“So kann sich John Rogl ganz auf die Arbeit mit dem Puck konzentrieren. Zuletzt bildete Bundestrainer Söderholm ein im wahrsten Sinne des Wortes „riesiges“Paar. Der 1,95 Meter große AEV-Verteidiger trainierte an der Seite von Oliver Mebus. Der Abwehrspieler der Nürnberg Ice Tigers misst 2,06 Meter. Mebus gilt als Verteidiger mit Offensiv-Qualitäten, Rogl ist Defensivspezialist. Abgesehen von der kompletten Abschottung zur Außenwelt genießt der Niederbayer die Tage im Kreis der Nationalmannschaft. Rogl: „Wir arbeiten hart im Training und haben zumindest in der Halle und auf dem Eis eine megacoole Zeit miteinander.“