Augsburger Allgemeine (Land West)
Der ganz große Sprung in den Profifußball gelang nicht
FC Augsburg Sercan Güvenisik galt als herausragendes Talent. Doch die Karriere des heute 41-Jährigen verlief anders als erwartet
Die Karriere eines Bernd Schuster, Karlheinz Riedle, Christian Hochstätter oder Armin Veh, allesamt aus der Talentschmiede des FC Augsburg hervorgegangen, sind nicht nur den Anhängern des Bundesligisten bekannt. Doch neben diesen populären einstigen Superstars begannen auch weitere junge Spieler ihren Weg an der Donauwörther Straße im Augsburger Stadtteil Oberhausen. Alexander Rosen etwa, schon seit einigen Jahren als Sportdirektor bei der TSG Hoffenheim tätig, oder Michael Mutzel, der die sportlichen Geschicke beim Hamburger SV lenkt.
Mit diesen beiden hat vor mehr als zwei Jahrzehnten auch Sercan Güvenisik in der Nachwuchsabteilung und anschließend in der ersten Mannschaft des FCA gespielt. Heute wohnt der Deutsch-Türke in Hamburg und arbeitet an der Elbe als Spielerberater. Er gründete dort vor einigen Jahren zusammen mit seinem ehemaligen Paderborner Teamkollegen Florian Mohr die Agentur European Soccer Connection GM. Zu den Klienten zählen Kicker aus aller Herren Länder. Zuletzt transferierte Güvenisik Anfang des Jahres den Verteidiger Rolf Feltscher aus den USA von den Los Angeles Galaxy zum Zweitligisten Würzburger Kickers.
Das Fußball-Einmaleins lernte Güvenisik beim VSC Donauwörth. Seine Begabung blieb auch den Spähern des FC Augsburg nicht verborgen, die ihn als C-Jugendlichen in die Fuggerstadt lotsten. Auf der Karriereleiter ging es weiter steil nach oben, der damalige Nachwuchschef des FC Bayern, Heiner Schuhmann („Sercan war sehr talentiert“), holte ihn an die Säbener Straße. Doch in der Landeshauptstadt wurde Güvenisik nicht glücklich, er kehrte in den Augsburger Talentschuppen zurück. „Das war sicher der richtige Schritt“, sagt er heute. Denn der technisch versierte Tempodribbler durfte in seinem letzten Juniorenjahr schon in der ersten Mannschaft in der Regionalliga ran und zeigte an der Seite von ehemaligen Profis wie Dieter Eckstein und Werner Rank seine außerordentlichen Fähigkeiten.
Kein Wunder, dass auch Bundesligisten auf ihn aufmerksam wurden. Der MSV Duisburg, damals in der ersten Bundesliga zu Hause, holte ihn in den Ruhrpott. „Leider sind wir abgestiegen“, erinnert er sich. Dreieinhalb Jahre blieb er an der Wedau, absolvierte sechs Bundesligaund 93 Zweitligabegegnungen. Dann begann für den sympathischen Fußballer die große Fußball-Wanderschaft. Er heuerte in der Türkei bei Denizlispor und Manisaspor an. „Richtig zufrieden war ich in meinem Heimatland allerdings nicht,“bestätigt Güvenisik, der anschließend für den Regionalligisten SC Feucht sowie Rot-Weiß Essen und Preußen Münster die Stiefel schnürte. „Preußen Münster war und ist immer eine Herzensangelegenheit für mich. Die Fans haben mich gefeiert und ich habe sehr gerne für sie gespielt. Es war einfach nur toll. Auch zum SCP werde ich immer ein besonderes Verhältnis haben“, sagt der mittlerweile 41-Jährige, der mit dem SC Paderborn den Aufstieg in die zweite Bundesliga feiern konnte.
Nach einem zweiten Gastspiel beim Bundesliga-Gründungsmitglied Preußen Münster zog es den Türken mit schwäbischen Wurzeln in die USA. Er unterschrieb in der Major League Soccer bei den San Jose Earthquakers, kam dort 2012 allerdings aus Verletzungsgründen nur zu sechs Einsätzen. In den USA beendete er seine Laufbahn. Seinen Wohnsitz behielt er für sechs Jahre in Miami und bekam auch das begehrte Ausweisdokument Greencard. Die Greencard gewährt ihrem Inhaber ein Daueraufenthaltsrecht in den USA sowie die Freiheit, überall in den USA zu wohnen, sich selbstständig zu machen und dort zu arbeiten.
Jetzt wohnt und arbeitet Güvenisik im Norden Deutschlands. Er beobachtet die Entwicklung des FC Augsburg ganz genau. Güvenisik: „Es ist schon erstaunlich, was dort passiert. Der Verein ist zu einem festen Bestandteil der Bundesliga geworden. Das war vor 20 Jahren so nicht zu erwarten.“Irgendwann, wenn die Pandemie beendet ist, will er wieder mal nach Augsburg kommen, „denn im neuen Stadion war ich noch nie“. Und irgendwie würde sich dann für den Spieler, dem der ganz große Sprung ins Profigeschäft nur bedingt gelang, der Kreis schließen.