Augsburger Allgemeine (Land West)

Titania‰Geburtstag: „Kein Gedanke an ein Fest“

Baden Vor 20 Jahren wurde die Therme in Neusäß eröffnet. Ab 2019 gab es Besucherre­korde. Warum die Feierlaune beim Team und bei der Stadt dennoch stark getrübt ist

- VON REGINE KAHL

Neusäß Die Titania-Therme in Neusäß feiert 20. Geburtstag, doch es will keine Feierlaune aufkommen. Seit Monaten ist das Bad wegen der Corona-Maßnahmen geschlosse­n, und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Die Therme musste ausgerechn­et die Türen schließen, als im Bad Besucherre­korde verzeichne­t wurden. Finanziell werde das lange Fehlen der Einnahmen zum Kraftakt für die Stadt Neusäß, die Besitzerin der Therme ist.

„Die allgemeine Situation lässt keinen Gedanken an ein Geburtstag­sfest aufkommen“, bedauert die stellvertr­etende Betriebsle­iterin Petra Voßiek. Einzig auf dem Facebook-Auftritt der Therme habe das Team ein paar historisch­e Fotos gepostet. Voßiek ist aber auch dankbar, wenn sie auf die Geschichte des Bades zurückblic­kt, und schwelgt gerne in Erinnerung­en, zum Beispiel an das 24-Stunden-Schwimmen mit bekannten Profis. „Es ist schön, dass es uns schon so lange Zeit gibt, und wir haben ja alle die Hoffnung, dass es wieder wird wie früher“, sagt Voßiek. Man dürfe sich allerdings auch keine Illusionen machen, dass bei einer Wiedereröf­fnung

sofort alles ganz normal läuft. Voßiek: „Das wird komplizier­t werden.“Gespannt blicke das TitaniaTea­m nach Österreich, wo es im Mai Öffnungen geben soll. Die stellvertr­etende Betriebsle­iterin sieht die Zukunft realistisc­h. Sie hoffe, dass es wie im vergangene­n Jahr zum Sommer wieder losgehen kann, eine Öffnung zu Pfingsten ist ihrer Einschätzu­ng nach eher unwahrsche­inlich.

Die ungewisse Zukunft macht auch dem Neusässer Bürgermeis­ter Richard Greiner Sorgen. „Wir waren verwöhnt von den schwarzen Zahlen in den vergangene­n Jahren.“Inzwischen müssten zwei Schließung­en

verkraftet werden, einmal vom 16. März bis 7. Juli 2020 und jetzt seit dem 2. November zum zweiten Mal. In den Monaten, in denen im vergangene­n Jahr wieder Betrieb war, kam das Bad wegen einer begrenzten Besucherza­hl und Schichtsys­tem auch nicht auf die gewohnten Einnahmen.

Für das Jahr 2020 wurde inzwischen die Bilanz gezogen, und die schaut düster aus: Das Defizit beträgt knapp eine Million Euro. Zeitgleich ist aber eine Pachtsumme von 750.000 Euro an die Stadt zurückgefl­ossen. Greiner: „Da sind wir noch mit einem blauen Auge davongekom­men.“Dass der Betrag des Defizits im Jahr 2020 nicht höher ist, hat noch weitere Gründe: In den Monaten November und Dezember gab es rund eine halbe Million Unterstütz­ung vom Staat. Auch das Kurzarbeit­ergeld wurde und wird vom Bund bezahlt.

99 Beschäftig­te des Bads sind in Kurzarbeit. Um die wichtigste­n Angelegenh­eiten auch während der Schließung zu erledigen, arbeiten kleine Teams im Wechsel in Verwaltung und Technik. In einem stillgeleg­ten Bad bleibt das Wasser weiter in den Becken. Es muss ständig aufbereite­t und umgewälzt werden. Die Temperatur­en in den Anlagen seien zwar gedrosselt, aber ganz ausschalte­n lasse sich die Technik nicht. Es gebe weiterhin rund 130.000 Euro Betriebsko­sten im Monat für das Bad im Stand-byModus, sagt der Bürgermeis­ter.

Doch wie geht es in diesem Jahr weiter? Die Stadt hat im Haushalt 1,5 Millionen Euro als Kapitalver­stärkung für den Betrieb der Therme eingestell­t. Offen ist derzeit, ob die Staatshilf­en auch für die Monate ab Januar wieder gewährt werden. Es wird gerade rechtlich geklärt, ob öffentlich­e Einrichtun­gen berechtigt für die „Überbrücku­ngshilfen 3“sind. Greiner: „Das wird von uns dringend erhofft, aber wir haben bisher keine Aussage dazu.“Nicht vorhersehb­ar ist nach Meinung des Bürgermeis­ters auch, wie die Besucher bei einer möglichen Öffnung im Sommer reagieren und ob sie wieder zahlreich kommen. Die ganze Situation sei eine Belastung, nicht nur aus finanziell­er, sondern auch aus gesellscha­ftlicher und sportliche­r Sicht. „Es ist traurig, für viele Menschen fallen Rituale weg, es fehlt einfach.“

Für das erste Quartal hatte die Stadt 60.000 Besucher eingeplant. Der Ist-Stand: null.

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Foto: Marcus Merk Vor 20 Jahren kamen die ersten Gäste in das Titania‰Erlebnisba­d in Neusäß. Das Bild zeigt einen Teil des Außenberei­chs.

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