Augsburger Allgemeine (Land West)
Für ihn hat jedes Holz seinen besonderen Reiz
Handwerk Beim Drechseln kann der gelernte Schreiner Tobias Zaha aus Margertshausen von seinem oft nervenaufreibenden Lehreralltag abschalten. Warum für ihn die Natur der echte Künstler ist
GessertshausenMargertshausen „Kannst du einen Baum brauchen?“Diese Frage wird in Margertshausen, einem Ortsteil von Gessertshausen, immer dann gestellt, wenn auf einem Grundstück ein alter Baum gefällt worden ist. Ganz egal, ob Apfel-, Birn- oder Kirschbaum, Ahorn, Linde oder Eiche. Und die Antwort von Tobias Zaha lautet immer: „Ja!“Zuletzt hat er in Kutzenhausen einen Bergahorn zerlegt und abgeholt.
Schon in seiner Kindheit hat der heute 41-Jährige seine Liebe zum Handwerk entdeckt. „Wahrscheinlich vererbt von meinen Vater, einem Schlossermeister“, schmunzelt Zaha. Noch heute arbeiten sie zusammen an Projekten, wie dem Ausbau seiner Werkstatt. Was lag näher, als nach der Schule eine Ausbildung als Möbelschreiner anzutreten? Das sieht man noch heute im schmucken Eigenheim.
Einen Großteil der Einrichtung hat er selbst gebaut. Im Garten zeugen eine Sauna, ein Whirlpool und ein Pavillon von handwerklichem Geschick. „Es macht mich immer wieder glücklich, dass ich mit meinen Händen so viel erschaffen kann“, sagt der Mann, der sich sogar ein Fahrrad aus Holz gebaut hat. Inzwigibt er sein Wissen weiter. Nach einem Studium am Staatsinstitut in Augsburg arbeitet Tobias Zaha als Fachlehrer für Werken, Technisches Zeichen, Kunst und UT an der Mittelschule in Weil im Landkreis Landsberg. Entspannung und Ausgleich vom oft nervenzehrenden Job findet er bei der Bearbeitung seines Lieblingswerkstoffes Holz. Insbesondere beim Drechseln. „Das ist meditatives Arbeiten. Ich muss mich so konzentrieren, dass ich alles andere um mich herum vergesse. Danach ist mein Kopf wieder frei.“
Tobias Zaha liebt Holz aus der Gegend, die er liebt. Auf exotische Hölzer verzichtet er aus Gründen der Nachhaltigkeit. Der 41-Jährige ist auch froh, mit seiner Frau und zwei
Kindern auf dem Dorf zu leben. Gerade während der Pandemie. Seine Frau hat sich inzwischen mit den vielen Holzspänen im Haus arrangiert. „Wenn auch zähneknirschend“, lacht Zaha.
Auf dem Dorf sind die Leute geradeheraus. „Was verkaufst denn da für ein Glump? Die Schüssel hat ja ein Loch“, hat einmal eine ältere Dame gesagt, als sie auf dem Markt im Kloster Oberschönenfeld die zum Verkauf angebotenen Holzarbeiten von Tobias Zaha in Augenschein genommen hatte. Darüber kann er nur lachen, denn gerade das Ungleichmäßige, das Außergewöhnliche reizt ihn. Während der Schreiner für die langen Bretter die geraden Teile des Baumes bevorschen zugt, schätzt Zaha, der sich selbst als „holzverrückt“bezeichnet, die Stellen, an denen sich Äste vergabeln, Astlöcher abzeichnen und Auswüchse breitmachen.
Werden diese Holzteile bearbeitet, können manchmal wahre Schätze ans Tageslicht kommen. Prunkstück seiner Sammlung im Holz- und Sportzimmer ist eine Vase, in deren Maserung sich ein Insekt abzeichnet. „Die ist unverkäuflich“, grinst Tobias Zaha, der seine kleinen Kunstwerke wie Kugelschreiber, Pfeffermühlen, Flaschenöffner nur auf dem Markt in Oberschönenfeld anbietet. „Das ist für mich ein Heimspiel“, sagt der langjährige Kicker und Abteilungsleiter des SSV Margertshausen, der dort noch immer die kleinsten Fußballer trainiert. Im Angebot hat er auch kunstvoll und aufwendig produzierte Obstschalen oder Brotdosen aus Zirbenholz, in denen durch die ätherischen Öle das Brot nicht schimmelt.
Tobias Zaha geht es nicht um den Verkauf. Viele Dinge verschenkt er sogar zu besonderen Anlässen. „Mein Hobby ist purer Luxus. Ich mache nur das, was ich machen will, arbeite, wann ich will. Wenn ich etwas verkaufe, gönne ich mir was – zum Beispiel ein neues Werkzeug oder eine Maschine“, sagt Zaha und spannt einen Holzblock ein. Den bearbeitet er nun mit verschiedenen Formröhren so lange, bis aus dem Eckigen etwas Rundes wird. „Je länger die Späne sind, desto besser“, erklärt er und dass das Schärfen dieser Werkzeuge genauso wichtig sei wie das Drechseln an sich.
Während sich das Eisen durch das Holz frisst, spritzt Feuchtigkeit durch die Werkstatt. Das Holz ist noch nass und muss nach der ersten Bearbeitung rund ein Jahr trocknen. Dabei verformt es sich, oder es kann reißen. „Trotz aller Erfahrung hat Holz ein Eigenleben. Da kann man nichts machen. Man lernt, demütig zu werden“, sagt er mit dem Blick auf einen Sprung in der Schüssel aus herrlich gemasertem Kirschbaum. Unter dem Namen Holzkunst hat er eine Firma gegründet.
In diesem Begriff spiegeln sich seine Ausbildung und Tätigkeiten, der Schreiner, der Werklehrer und der Kunstlehrer wider. „Aber der wahre Künstler ist für mich die Natur. Ich versuche, diese Einzigartigkeit zur Geltung zu bringen“, hat für Tobias Zaha jedes Holz seinen besonderen Reiz.
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