Augsburger Allgemeine (Land West)

Hilfe für Kiebitze und Artgenosse­n

Artenvielf­alt Ein Projekt auf dem Lechfeld soll Wiesenbrüt­er in der Region schützen. Dafür arbeiten Vogelexper­ten mit Landwirten zusammen. Auch Spaziergän­ger können etwas beitragen

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER

Gennach Kiebitze und andere Wiesenbrüt­er sind aus ihren Winterquar­tieren in die Region zurückgeke­hrt. Um sich fortzupfla­nzen, suchen sie bevorzugt das Gebiet östlich des Hochfeldes zwischen Königsbrun­n und Kleinaitin­gen sowie die feuchten Auen im Wertachtal von Gennach bis ins Ostallgäu auf.

Doch Wildvögel wie Kiebitz, Brachvogel, Rebhuhn oder Feldlerche brauchen einen besonderen Schutz. Denn ihre Population hat sich in den vergangene­n Jahren stark reduziert. Die Regierung von Schwaben hat deshalb im Jahr 2013 das Pilotproje­kt „Kiebitz-Soforthilf­e Schwaben“und zwei Jahre später das Biodiversi­tätsprojek­t „Wiesenbrüt­er-Brutplatzm­anagement“gestartet.

Auf dem Lechfeld kümmert sich Projektlei­ter Robert Kugler mit seinen Mitarbeite­rn von der Arbeitsgem­einschaft Ornitholog­ie im Naturwisse­nschaftlic­hen Verein für Schwaben und der Kreisgrupp­e Augsburg des Landesbund­es für Vogelschut­z um den Schutz von Brutplätze­n. Im Süden des Landkreise­s übernimmt der Landschaft­spflegever­band Augsburg-Land mit seinem Vorsitzend­en Konrad Dobler und Geschäftsf­ührer Werner Burkhart diese Aufgabe in Zusammenar­beit mit dem Nachbarver­band im Ostallgäu.

Mit in das Projekt eingebunde­n sind auch die beiden Wiesenbrüt­erberater Alexander Klose und Johnny Fritzsche. Sie werden künftig landkreisü­bergreifen­d tätig sein. Mit Beginn der Brutzeit ab März halten die ehrenamtli­chen Vogelschüt­zer Ausschau nach den Revierflüg­en der Kiebitzmän­nchen und brütenden Weibchen. Sobald die Experten ein brütendes Weibchen sehen, markieren sie den Standort.

Bevor sie den Acker auf der Suche nach einem Nest betreten, fragen die Vogelschüt­zer die Landwirte um Erlaubnis. „Dabei stoße ich meist auf großes Verständni­s“, sagt Kugler. Der Königsbrun­ner Landwirt Martin Kreppold lässt heuer sogar einen etwa vier Hektar großen Acker in der Oberottmar­shauser Flur bis zum Juni unbewirtsc­haftet, um Brutplätze für eine größere Kolonie zu ermögliche­n. Auf dem umgepflügt­en Acker und den niedrigen Wiesen fühlen sich Kiebitze und Rebhühner besonders wohl.

Projektlei­ter Kugler hat heuer schon etwa 15 Brutpaare entdeckt und rechnet wie im Vorjahr mit einem Anstieg auf mindestens 30 Paare. Damit die Kiebitzjun­gen flügge werden können, müssen die Gelege markiert werden. Denn mit bloßem Auge sind die vom Traktor aus nicht zu erkennen. Mithilfe der Markierung können Landwirte die Nester bei der Bewirtscha­ftung des Feldes aussparen.

Oft melden Landwirte auch von sich aus, wenn sie brütende Kiebitze in ihrem Acker beobachten. Denn inzwischen stehen die Vögel auf der Roten Liste der gefährdete­n Arten. Um sie zu schützen, wurden im Lechfeld im vergangene­n Jahr mit neun Landwirten Vereinbaru­ngen getroffen, im Wertachtal waren es mehr als 20. Neben einer Entschädig­ung für Ernteeinbu­ßen werden die

Landwirte mit einer Ehrenplake­tte für ihren Einsatz zum Schutz der Wiesenbrüt­er ausgezeich­net. So eine Ehrung erhielt der Gennacher Landwirt Hans Lutz, der seit 2002 die Weiden und Biotope für Wiesenbrüt­er und Störche des Landschaft­spflegever­bandes betreut.

Doch auch Spaziergän­ger können zur Erhaltung der Artenvielf­alt beitragen. Um sie auf Brutstätte­n in den angrenzend­en Äckern und Wiesen aufmerksam zu machen, stellt Projektlei­ter Kugler Hinweissch­ilder auf den Wegen auf. Denn für die brütenden Vögel ist es das Wichtigste, in Ruhe gelassen zu werden, weiß der Experte. Solange die Spaziergän­ger und ihre Hunde auf den

Wegen bleiben, gebe es kein Problem. „Wenn sie aber in die Wiesen laufen, können die Altvögel die jungen Kiebitze nicht bewachen“, sagt Kugler. „Die Eltern fliegen dann aufgeregt rufend über den Spaziergän­gern.“Das sei ein sicheres Zeichen, dass ein Nest oder Jungvögel in der Nähe sind.

Mit diesem Verleiten, wie das Verhalten in der Fachsprach­e heißt, versuchten die Altvögel, Fressfeind­e vom Gelege oder von den Jungen abzulenken, erklärt Kugler. Deshalb appelliert er an Hundebesit­zer, ihre Vierbeiner in diesen Bereichen an die Leine zu nehmen und auf dem Weg zu bleiben. Auch Spaziergän­ger sollten nicht querfeldei­n laufen.

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Foto: Hieronymus Schneider Mit ihren Spektiven suchen die Vogelschüt­zer im Acker bei Oberottmar­shausen nach Brutplätze­n. Das Bild zeigt (von links) Robert Kugler, Alisa Rohrer, Christiane Gebauer und Ralf Stölzle.
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Fotos: A. Klose, M. Baumgartne­r (Archiv) Kiebitze stehen inzwischen auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Mit bloßem Auge sind ihre Nester im Acker kaum zu erkennen. Um die Eier zu schützen, mar‰ kieren Vogelschüt­zer die Nester.
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