Augsburger Allgemeine (Land West)
Westendorf wird zum „Brennpunkt“
Polizei Junge Leute treffen sich hier in größeren Gruppen. Warum es jetzt Ärger deswegen gibt
Westendorf Die Jugendlichen sitzen zusammen, lachen, tauschen sich aus und verbringen ihre Zeit im Freien. Eigentlich wären dafür Orte, wie der Dorfplatz in Westendorf, der neue Spielplatz in der Meitinger Straße und der Multifunktionsplatz in der Riedstraße perfekt geeignet. Doch es gibt Probleme: Zum einen haben nicht alle Jugendlichen das Alter, um Bier zu trinken oder Zigaretten zu rauchen, und zum anderen gilt auch ab 14 Jahren: Treffen sind nur mit einem weiteren Haushalt erlaubt. Zudem gelten Abstandsund Maskenregeln.
Was Westendorfs Bürgermeister Steffen Richter beobachtet, sind es deutlich größere Gruppen von Jugendlichen, die sich zusammenfinden. Erst trafen sie sich am Dorfplatz
in Westendorf und damit direkt vor dem Bürofenster des Rathauschefs. Nachdem Ermahnungen laut Richter nicht fruchteten, sperrte die Gemeinde die Sitzmöglichkeiten. Dann besiedelten die Jugendlichen den neuen Spielplatz an der Meitinger Straße, bis auch hier das rot-weiße Absperrband dafür sorgte, dass sich nicht mehr 20 Jugendliche auf einer Bank tummeln.
Anschließend waren die Jugendlichen am Multifunktionsplatz in der Riedstraße anzutreffen, den Richter am Donnerstag sperren musste. Dort waren die Jugendlichen mitunter auf der Flucht zu beobachten, denn wenn sich jemand nähert, der vielleicht auf Abstandsregelungen, Kontaktverbote und Hygieneregeln hinweisen könnte oder gar mitbekommt, was die Jugendlichen anstellen, flüchteten sie auf Fahrrädern.
Auch die, die nicht etwa selbstständig nach Westendorf radeln, sondern von den Eltern dorthin chauffiert werden, suchten dann das Weite. Richter weiß: Die Jugendlichen sind nicht alle aus Westendorf. Unter „normalen“Umständen hätte Richter, der jahrelang selbst in der Jugendarbeit tätig war, auch gar kein Problem mit Jugendlichen, die sich treffen. Doch der Rathauschef schildert Vorgänge, für die er kein Verständnis hat. Größere Gruppen treffen sich ohne Masken, ohne Abstand und mit Getränken, die nicht altersgerecht sind, Verkehrsschilder
würden als Unterlage für ein Lagerfeuer genutzt und Müllsäcke angezündet. „Ich verstehe den Wunsch, sich zu treffen, aber es ist aktuell nicht rechtens, und was sie tun, fällt in die Kategorie Vandalismus“, beschreibt Richter die Lage, die er der Polizei gemeldet hat. Polizeihauptkommissar Horst Westermann sieht sich und seine Kollegen im selben Dilemma. Einerseits habe er vollstes Verständnis dafür, dass es den Jugendlichen fehlt, sich in Schule und Vereinen zu begegnen, doch andererseits weiß er um die Rolle der Polizei. Letztlich sind es seine Kollegen und er selbst, der durchsetzen muss, dass die Verbote auch eingehalten werden.
Westendorf ist aufgrund der Meldungen von Bürgermeister Richter auf die Liste der Streifenpolizisten gerückt. Die Polizei nennt sie
„Brennpunktliste“. An alle Orte, die auf dieser Liste stehen und die Westermann nicht einzeln benennt, fährt die Polizei regelmäßig, um zu kontrollieren. Kommt es zu Verstößen, versuchten die Beamten den Menschen „mit Augenmaß“zu begegnen, so die Polizei. Eine deutliche Ermahnung und ein Platzverweis reichten meist aus. Bei uneinsichtigen Personen ergeht eine Meldung ans Landratsamt, und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren startet.
Jugendliche, die sich nicht an die Corona-Regeln halten, seien kein Massenphänomen, erklärt Jens Reitlinger, der Pressesprecher des Landratsamtes Augsburg. Zwar berichteten Kollegen aus den Fachbereichen von Verstößen und Ordnungswidrigkeitsverfahren in Gemeinden des Landkreises, einen Hotspot gebe es jedoch nicht.